Tour 103: Malé - Dschidda (808 km) 2020
Saudi-Arabien 2020
Chris Tour 109: Istanbul - Bodrum (1263 km) 2021
Türkei 2021
on the Tour 114: Mongolei: Ulaanbaatar - Charchorin (582 km) 2022
Mongolei 2022
Bike Tour 117: Buenos Aires - Tacna (4005 km) 2023
Anden 2023

Home: Touren Bikes Karte Suche & Kontakt

VG WORTTour 83: Mainz - Denkendorf (341 km)


Chris on the Bike: 100.000 Kilometer auf dem Fahrrad: Ziellinie bei Ungstein in den Weinbergen von Bad Dürkheim auf dem Radweg Deutsche Weinstraße [Bad Dürkheim-Ungstein: Kreuzung Erpolzheimer Str. / L 455 (Wormser Str.): 49°28'46.4
Auf dem Radweg Deutsche Weinstraße vor dem nächsten Zwischenziel:
die ersten 100.000 Kilometer sind fast vollendet

Bike-Blog & Routen-Karte & Etappen-Übersicht
Mainz - Denkendorf (19.-22.1.2017)
Die eiskalte 100.000-KM-Tour

Eine 100.000-Kilometer-Marke werde ich in meinem Leben vermutlich nicht allzu oft überqueren bei meinen Fahrradtouren. Bei der Karibik-Tour im November hat es nicht ganz geklappt. Nur noch 94 Kilometer sind es zu Beginn der Tour bis zur runden Marke. Die beginnt spontan. Gestern habe ich mich noch gequält mit der Frage, ob ich mich dieser Kälte aussetzen soll. Heute Morgen dagegen entschieden. Und über Mittag die Entscheidung umgeworfen. Der Plan: von Mainz aus zur Deutschen Weinstraße, durchs Rheintal via Karlsruhe rüber nach Pforzheim zur Enz, die hinab zum Neckar und dem folgen bis Esslingen zur Familienfeier in Miris Heimat Denkendorf. So geht es denn raus in den sonnigen, eiskalten Winter 2017 in Deutschlands Südwesten. Alle vier Tage sind mit Abstand die kältesten in fast drei Jahren on the road. Das Thermometer am Rad sinkt auf minus elf Grad. Auch die Höchsttemperaturen sind die niedrigsten: Bisher wurde es an jedem Tour-Tag immer mindestens sechs Grad warm. Auf dieser Tour komme ich nicht über drei Grad hinaus. Und es ist grandios.

Windräder bei Mainz-Ebersheim mit Neubau eines weiteren Windrads Radeln an der Null-Grad-Grenze
Donnerstag, 19. Januar 2017: Mainz - Oppenheim - Worms (60 km)

Pre- und Post-Work-Radeln heute. Bei Minusgraden. Ein sonniges Winterhoch mit Ostwind liegt über Mitteleuropa. Ideale Bedingungen für eine winterliche Radtour durch Süddeutschland.
Zugegeben, ein bisschen Überwindung gehört dazu. So kann ich mich erst im Laufe des Tages zur Tour entscheiden. Hole in der Mittagspause das nötige Gepäck zusammen. Und kann so nach getaner Arbeit starten. Über die Höhen Rheinhessens vom Lerchenberg entlang den Windrädern, die gerade wieder erweitert werden (Foto links), über Ebersheim und den Rheinterrassenweg am Königstuhl und dem Wartturm (Foto rechts) vorbei.
Trotz strahlender Sonne will das Thermometer nicht so recht über die Nullgrad-Grenze ansteigen. Aber es ist angenehm. Der Wind ist schwach und wenn, dann kommt er von hinten. An den Füßen wärmen die dicken Regenüberschuhe. Endlich erfüllen sie einen guten Zweck. An den Händen sind die kombinierten Finger-Faust-Handschuhe von The Heat Company ideal. Alle Finger bleiben warm und können jederzeit ruckzuck für das Finetuning der Foto- und Karten-App des Smartphones herhalten.
Nur die Abfahrt nach Nierstein erwischt mich kalt am Kopf. Binnen Sekunden erfasst ihn die Eiseskälte. Trotz Mütze und Helm. Den Gesichtsschutz setze ich erst in der Dunkelheit auf. Bis dahin habe ich mich in Oppenheim bei Susanne und Co. bei heißem Pfefferminztee, Kuchen und Kinderglück gewärmt.

Wartturm in den Weinbergen auf den Höhen des Rheintals bei Nierstein Die dunkle Hälfte der Etappe führt mich in Oppenheim zunächst zum Rhein-Radweg. Der ist größtenteils verschneit. Und in den Spuren links und rechts zu Eis mutiert. Mein neuer LED-Fahrrad-Scheinwerfer mit seinen 30 Lux erleuchtet alle potentiellen Gleitflächen. Es lässt sich erstaunlich gut fahren. Holprig ist der Weg natürlich trotzdem. Eigentlich auch gesperrt wegen Bauarbeiten. Die behindern aber gar nicht. Die Sperrgitter sind von anderen schon beiseite geschoben.
Trotzdem drehe ich beim (noch geschlossenen) Gasthaus Zum Rheinhof ab Richtung B 9. Auf der lässt es sich naturgemäß am besten fahren. Mit Rückenwind. Auf dem meist breiten Seitenstreifen fühle ich mich sicher. Und diese Strecke ist auch die kürzeste Variante. Durch die Industriegebiete Worms Nord II und I nähere ich mich schneller als erwartet der Stadt.
Die Fußgängerzone wirkt mal wieder ein bisschen abgegraded. In der Jugendherberge bin ich der erste Fahrradgast des Jahres. Mein Zimmer bietet freien Blick auf den Dom. Und die 16 Grad lassen sich durch die Heizung noch ein bisschen hochfahren. Bei einem Glas Wein erzählt die Leiterin eines FSJ-Seminars, was aus dem Zivi-Nachfolgedienst so über die Jahre geworden ist. Sie schildert es so, dass inzwischen überwiegend junge Menschen ohne oder mit schwachem Schulabschluss das FSJ nutzen, um sich beruflich zu orientieren. Entsprechend schwer fällt ihr die Leitung des Seminars.


Radschatten auf zugefrorenem Acker in der tief stehenden Wintersonne in Rheinhessen
Radschatten auf zugefrorenem Acker in der tief stehenden Wintersonne


Winterlandschaft am Zellertal-Radweg in Rheinhessen Das Glück der extrem runden Zahl
Freitag, 20. Januar 2017: Worms - Touren-KM 100.000 - Bad Dürkheim - Neustadt/Weinstraße - Landau (79 km)

Ich sehe auf dem Fahrradcomputer Tageskilometer 33,9. Statistisch gesehen, wird es für lange Zeit eine einmalige Konstellation bleiben. Ich denke, wie ich heute Abend schreiben könnte: "Eigentlich ist es nur ein Kilometer wie viele andere zuvor auch. Aber gewissermaßen dreht sich gerade mein Touren-Kilometerzähler von 99.999,9 auf 100.000,0." Und mir kommt das Bild in den Sinn, wie so etwas bei einem klassischen Kilometerzähler aussieht. Wie sich plötzlich alle Zahlen in Bewegung setzen, um zu einem völlig neuen Bild zu werden.
In diesem Moment geht etwas durch meinen Körper hindurch, was ich unter den gegebenen Umständen nur der Eiseskälte zugetraut hätte: ein freudiger Schauer erfasst mich und katapultiert mich in eine Stimmung, die mich heute nicht mehr loslassen wird: pures Glück. Ausgelöst durch eine extrem runde Zahl, und das dazu passende Bild, das ich mir selbst vor Augen geführt habe. Radfahren ist auch nicht mehr als Wort und Bild. Ich singe, juble, jubiliere, fliege über die Hügel der Deutschen Weinstraße. Die Glückshormone sind gar nicht mehr zu stoppen.
Mit einer Packung Mehl, die ich gerade noch gekauft habe, male ich die runde Zahl auch noch auf den Asphalt: 100.000 mit der dazugehörigen Ziellinie. Ich platziere mein Smartphone auf der Rückseite eines Verkehrsschildes. Mit der Selfie-Funktion mache ich verschiedene Fotos und radle dann vier Minuten in allen Richtungen durchs Bild (Foto ganz oben; Best of Video unten).



Es gibt Momente, die kann man nicht oft genug genießen...


Meilensteine: von 90.000 bis 100.000 Touren-KM


Drei, vier Kilometer weiter in der Altstadt von Bad Dürkheim wärme ich mich in einem Café auf und schreibe auf Facebook ein paar Zeilen: "Die ersten 100.000 Touren-KM heute um 1 Uhr mittags bei -1 Grad in den Weinbergen von Bad Dürkheim vollendet. 95 Länder. Since 1981. So many people. So many friends. So many roads. So many ways. So much sun. So much luck. So much happiness. So much Miri. So much. Thanx."
Ich könnte sehr viel hinzufügen. All die Qualen, die Erschöpfung wirken wie Petitessen. Was bleibt sind wahnsinnige Freude und Dankbarkeit. Vor allem den Menschen gegenüber, die mir das möglich gemacht haben. Die mich unterstützt, inspiriert, kritisiert, angefeuert haben. In der Heimat wie überall an der Strecke. Ganz besonders Georg Menke, der mich im Sommer 1981, kurz nach meinem 18. Geburtstag, gefragt hat, ob wir nicht im Jahr darauf, nach dem Abi, nach Rom radeln sollten. Das erschien mir zu groß, zu gewagt, zu wahnsinnig. In den Herbst-Schulferien 1981 fuhr ich dann aber (allein) den ersten Kilometer der jetzt 100.000 Kilometer direkt von meinem Elternhaus in Essen aus nach Luxemburg. Es war auch kalt. Und es war toll.
Christoph und Georg in Rom Schon die zweite Tour ging dann mit Georg (auf dem Foto rechts) über die Alpen nach Rom. Wobei mich die Hitze südlich der Alpen fast zur Aufgabe gebracht hätte, und die letzte Etappe nach durchkotzter Nacht auch nicht ganz einfach war. Georg dagegen mit seinem Torpedo-Dreigang-Rad kam locker über die Alpen, zeigte keine Schwächen und verfolgte unerschütterlich das Ziel.
Noch heute vertrage ich Kälte besser als Hitze. Die Ausrüstung ist besser geworden. Gegenüber gestern habe ich zusätzlich ein Stirnband aufgelegt. Das tausche ich aber schon beim Beginn der Deutschen Weinstraße in Bockenheim aus gegen ein Dreieckstuch, das den Kopf gleichmäßiger vor Kälte schützt. Außerdem ist unter der Winterjacke noch ein Windstopper, nachdem gestern das langärmelige Trikot doch die Nieren nicht perfekt geschützt hat.
Für Statistiker: 66 Prozent meiner bisherigen Touren-Kilometer bin ich in Europa geradelt, je 16 Prozent in Afrika und Asien, 2 Prozent in Amerika. Das Land mit dem mit Abstand größten Anteil unter den 95 Ländern: Deutschland mit 17 Prozent. 910 Tage saß ich insgesamt im Sattel. D.h. immer noch ein Durchschnitt von 110 Kilometern am Tag. Ohne Ruhetage. Miri ist seit ihrem "Einstieg" bei Touren-Kilometer 37.000 fast die Hälfte mitgefahren: rund 30.000 Kilometer.
[Erst nach Ende der Tour realisiere ich: die Stelle meiner 100.000-KM-Marke liegt nur 1.500 Meter vom Großelternhaus jenes Mannes entfernt, der heute als 45. US-Präsident vereidigt wird: Donald Trump. Frederick (1869–1918) und Elizabeth Christ Trump (1880–1966) wuchsen in Kallstadt in der Pfalz auf.]


Gut gegen die Kälte: Vaude Überschuhe Shoecover Pallas black, Größe 47-49. Firmenbeschreibung: 'Hält trocken und warm. Der wärmeisolierende Überschuh aus wasserdicht verabeitetem Neoprenmaterial schmiegt sich eng an Deinen Radschuh an. Mit Klettverschluss und Kevlar®-Verstärkung an der Sohle.'
Überschuhe

Chris in Columbia Sportswear Ultimate Incline Jacket Supernova - einst in Andorra gekauft
Winterjacke

Halten warm: The Heat Company Handschuh Heat2 Outdoor Pro Nordic black. Firmenbeschreibung: 'Volle Bewegungsfreiheit und superwarme Hände – hohe Qualität und bequeme Passform in einem Modell vereint. Bei Eiseskälte werden die Handwärmer in die Extratasche der Fäustlingsstulpe gesteckt. Aus Softshell Nordic.'
Handschuhe

Fahrradweg-Beschilderung der pfälzischen Radwege 'Deutsche Weinstraße' sowie 'Kraut und Rüben' 9,9 KM vor Bad Dürkheim und 3 KM vor Freinsheim
Noch 9,9 KM bis Bad Dürkheim: Die pfälzischen Radwege
"Deutsche Weinstraße" sowie "Kraut und Rüben" vereinigt


Mit dem Rad in den Weinbergen bei Deidesheim auf dem Radweg Deutsche Weinstraße Bei der Weinstraßen-Touriinfo in Bockenheim hab ich mich nicht nur aufgewärmt, sondern auch eine Radkarte bekommen. Verbunden mit der (pfälzisch formulierten) Information, dass parallel zum Weinstraßen-Radweg auch der Kraut-und-Rüben-Radweg verlaufe, allerdings eben durch die pfälzischen Äcker (Foto oben Fahrradschilder mit beiden Logos). Ich halte mich eher an den Weinstraßen-Radweg, den ich aber hier und da zugunsten der Weinstraßen-Straße verlasse.
Die Sonne ist einfach großartig. Verbunden mit dem Nordost-Wind fühle ich mich von der Natur belohnt und unterstützt. Bei Deidesheim kaufe ich eine Flasche Edel-Sekt zum Feiern am Abend. Auf einen Probetrunk verzichte ich genauso wie auf Glühwein in Neustadt an der Weinstraße. Meine Euphorie ist so schon groß genug.
Wonnegau hieß schon die Landschaft, durch die heute Morgen von Worms nach Monsheim im Zellertal gebraust bin. Nicht ganz so wonnig: der Selfie-Stick, Miris Weihnachtsgeschenk, zerfällt in seine Einzelteile, als ich ihn am Ende der 100.000-Kilometer-Foto-Orgie auch noch einsetzen möchte. Womöglich wegen der Kälte.
Ich passiere das Hambacher Schloss, das etwas zu weit oben in den Berg hinein gebaut ist, und erreiche in der einsetzenden Dämmerung Landau in der Südpfalz. Bei Birgit, Hans-Peter und ihren Töchtern werde ich mit aller Wärme und Herzlichkeit aufgenommen. Mit Chiara kann ich noch ein bisschen Gitarre üben, und Rebekka bläst auf ihrer Trompete "Hoch soll er leben." What a day!


Mit dem Selfi-Stick von oben auf dem Radweg bei Bockenheim an der Deutschen Weinstraße</FO
Mit dem Selfi-Stick von oben
bei Bockenheim an der Deutschen Weinstraße


Hans-Peter & Chris in Landau Great Day
Samstag, 21. Januar 2017: Landau - Karlsruhe - Pforzheim - Bietigheim (122 km)

Das Landauer Frühstück wird mich 65 Kilometer weit über den Rhein hinweg bis kurz vor Pforzheim tragen. Mit dem von (Ex-?)Touren-Radler Hans-Peter (Foto links) liebevoll zubereiteten Latte Macchiato und Birgits frisch geschnibbeltem Obst. Und wieder starte ich in permanentem Sonnenschein. Das Weintor am Ende der Deutschen Weinstraße und den schönen Weg von Wissembourg zum Rhein habe ich zuletzt 2011 beradelt. Von daher spare ich mir den Umweg heute und steuere direkt Richtung Rheinbrücke bei Wörth. Über sanfte Hügel geht es bei freier Sicht nach Südwesten. Das ist mit ein bisschen Gegenwind verbunden.
Nach der neuen Umgehungsstraße von Jockgrim zieht es mich vor Wörth an den Mercedes-Industrieanlagen direkt zum Rhein. Das Betreten des Industrie-Rhein-Hafens (Foto unten) ist verboten, und dennoch führt der Radweg hindurch und am südlichen Ende der Hafenanlagen wieder brav am Deich entlang. Und bald hinauf zur Rheinbrücke (Foto unten) nach Karlsruhe. Der Radweg bleibt dann zunächst entlang der Schnellstraße in die Stadt. Was an den Ein- und Ausfahrten kein übermäßig angenehmes Gefühl vermittelt. Sogar ein "Radfernweg Karlsruhe Pforzheim" - genau das, was ich suche - wird mit einem Schild älterer Machart angekündigt. Was sich nur noch im Schlosspark (Foto unten) von Karlsruhe wiederholt.


Der Rhein-Industriehafen bei Wörth
Der Rhein-Industriehafen bei Wörth

Eisenbahnbrücke über den Rhein zwischen Wörth und Karlsruhe im Winter
Blick von der Rheinbrücke bei Karlsruhe nach Süden

Panther Dominance Trekking am Schloss in Karlsruhe
Am Schloss in Karlsruhe


Radweg an der Pfinz Nach dem Karlsruher Schloss bin ich eine Weile auf mein Smartphone angewiesen. Bis aktuelle Pforzheim-Schilder starten und der "Stromberg-Murrtal-Radweg" einsetzt. Der führt durchs Pfinztal (Foto rechts), das gerade in kleinen Teilen renaturiert wird. Und es wird bald höher und höher. Der "Stromberg-Murrtal-Radweg" dreht ab Richtung Maulbronn und der Radweg nach Pforzheim erreicht kurz vor der Stadt mit 400 Metern seinen höchsten Punkt.
Früher als gedacht hab ich mein ursprüngliches Tagesziel Pforzheim erreicht. Erst jetzt mache ich trotz der Kälte die erste Aufwärmpause des Tages. In der Eisblume... Ein Imbiss am Rande der Eisbahn im Elztal. Der Elztal-Radweg führt hier direkt vorbei.
Ich will noch ein paar Kilometer weiter kommen, auch wenn ich feststelle, dass es im Tal nicht allzu viele Unterkünfte gibt. Insbesondere in Vaihingen an der Enz gibt's bei booking.com überhaupt nichts. Na ja, es muss dort doch irgendwas geben. Denke ich.
Pforzheim liegt etwa auf halber Strecke des gesamten Enztal-Radwegs. Ich folge ihm stromabwärts Richtung Neckar. Schon wieder ein ganz toller, ganz schöner, sehr gut zu fahrender Flussradweg. Es wird allerdings dunkler (Sonnenuntergangs-Foto unten). Und kälter. Minus vier, minus fünf Grad. Trotzdem sehr angenehm zu fahren. In den abgelegenen Flussschleifen treibe ich ganz allein vor mich hin. Jetzt ist um mich herum auch eine richtige Schneedecke (Foto unten). Nur das Durchdrehen der Kette am Hinterrad nervt etwas. Ist das eine Folge der Kälte? Ich kann dadurch nicht mehr im Stehen fahren. Sonst rutscht alles nur noch durch.
Beim letzten Tageslicht bin ich in Roßwag. Das einzige Hotel im Ort ist geschlossen. Ich klingel. Daraufhin startet ein Anrufbeantworter seine Litanei aus dem Lautsprecher. Betriebsferien. Also noch vier, fünf Kilometer bis Vaihingen. Unten am Fluss ist in der Stadt keine Unterkunft zu entdecken. Also rauf zum Marktplatz. Die Ratsstuben haben heute Ruhetag, die Krone hat Betriebsferien und beim Hotel Post werde ich über die Fernsprechanlage abgewimmelt. Ich wende mich wieder booking.com auf meinem Smartphone zu.
Zwanzig Kilometer weiter flussabwärts in Bietigheim gibt es noch Zimmer. Ich buche eins. Stärke mich im Burger King. Verfahre mich ein paar Mal, weil ich in der Dunkelheit nicht alle Schilder sehe. Als mal wieder Licht ist, sehe ich die aktuelle Temperatur auf meinem Radcomputer: minus sieben Grad. Aber ich friere nicht. Ich trage allerdings seit Vaihingen meinen Gesichtsschutz. Der schützt nicht nur vor Kälte und Wind. Sondern wärmt mit dem Atem auch einen Großteil des Gesichts. Kurz nach 20 Uhr habe ich mein Quartier erreicht. Es hat länger gedauert als geplant, aber es war auch auf den letzten Metern immer noch ein großartiger Tag.


Schneedecke im Enztal zwischen Mühlacker und Roßwag
Die Schneedecke wird dichter zwischen Mühlacker und Roßwag

Winterlicher Sonnenuntergang mit Schafen im Enztal zwischen Pforzheim und Mühlacker
Sonnenuntergang im Enztal zwischen Pforzheim und Mühlacker


Kälte-Rekord auf dem Fahrrad-Computer-Display: minus elf Grad am Morgen des 22. Januar 2017 im Enztal bei Bietigheim Kälterekord
Sonntag, 22. Januar 2017: Bietigheim - Besigheim - Stuttgart - Esslingen - Denkendorf (80 km)

Es fühlt sich am Morgen nicht so kalt an wie gestern Abend in der Dunkelheit. Ich fahre auch erst kurz vor neun Uhr los. Als nach wenigen Minuten das Display meines Fahrrad-Computers minus sechs Grad anzeigt, halte ich an für ein Foto. Noch während ich ein paar Bilder mache, springt die Anzeige um auf minus sieben Grad. Der Mann, der mit seinem Hund vorbeikommt, spricht von minus zehn Grad. Das halte ich nun für übertrieben gerundet.
Die nächsten Fotos entstehen bei minus neun und minus zehn Grad. Und um viertel nach neun sind es schließlich für ein paar Minuten minus elf Grad (Foto links). Vor dem Start habe ich noch in die Statistik geschaut: die bisher gemessenen kältesten Temperaturen auf meinen Touren waren vor fünf Jahren auf dem Weg zum und auf dem Brocken minus zwei und minus ein Grad. Das habe ich nun auf dieser Tour an jedem Tag unterboten. Und gerade jetzt beim absoluten Kälterekord fühlt es sich gar nicht so wahnsinnig kalt an.
Allein die Sonne verbessert die gefühlte Temperatur. Und ab Besigheim an der Enz-Mündung in den Neckar (Foto unten) entfaltet sie langsam ihre Kraft. Das Licht taucht die Schneelandschaft des Neckartals mit seinen Weinstöcken in ein weißes Meer (Fotos unten). Eisschollen treiben auf dem Fluss. Einen einzigen Lastkahn sehe ich heute, der sich langsam durch das Eis einen Weg bahnt.


Eiskristalle an Zweigen im Neckartal
Cold as Ice

Zufahrt auf dem Enztal-Weg auf Besigheim
Besigheim an Enz und Neckar

Eisbildung auf dem Neckar
Eisbildung auf dem Neckar

Blick auf die Winterlandschaft der Weinberge in der Neckarschleife zwischen Hessigheim und Mundelsheim vom Schreyerhof
Neckarschleife zwischen Hessigheim und Mundelsheim

Eisplatten auf dem Neckar zwischen Stuttgart und Esslingen
Der Neckar zwischen Stuttgart und Esslingen


Vereiste Radbrücke über die Rems in Remseck Bei Remseck sind die glasigen Radler-Brücken zugefroren (Foto rechts). Über eine der Brücken geht es jetzt auf die (in Fahrtrichtung) rechte Neckarseite. Um kurz vor Stuttgart wieder - wohl überflüssiger Weise - auf das linke Ufer zu wechseln. In Stuttgart wiederum geht es schließlich auf die rechte Neckarseite. Kurz davor mache ich an einer Tankstelle eine Aufwärmpause. Es ging nicht so schnell voran heute Morgen. Erst die Foto-Orgie mit den Minustemperaturen, dann ein übersehenes Schild in Hessigheim, das mich eine Viertelstunde Ehrenrunde kostet, der Eisschnee auf vielen Streckenabschnitten macht mich auch nicht schneller. Die Brötchen, die ich in Besigheim für ein mögliches - aber dann nicht realisierbares - Frühstück bei Bastijoe in Benningen gekauft hatte, habe ich gelegentlich trocken gegessen. Jetzt gibt es in der Tanke einen Latte Macchiato. Der bringt den nötigen Schub für das nun etwas schnellere Tempo.
Die Umleitung am Benz-Werk, die im vergangenen Jahr alles andere als perfekt war, gibt es nicht mehr. Dennoch muss man gelegentlich aufpassen, um zwischen den Industrieblöcken den Anschluss nicht zu verlieren. Von Esslingen aus wähle ich den großen Bogen, um an der Rettichbar vorbei, den flachsten Anstieg nach Denkendorf zu nehmen. Noch einmal rund hundert Höhenmeter. Meistens durch den Wald. Mein iPhone gibt ob der Kälte mal wieder frühzeitig auf. Obwohl eigentlich noch einiges an Akkuleistung vorhanden ist. Ich finde den Weg auch so. Nur das Zielfoto bei Miris Elternhaus in Denkendorf (ganz unten) kann ich erst machen, nachdem das Smartphone wieder ge-laden, das Fahrrad aber schon ent-laden ist.

Diese eiskalte Wintertour ist aus einem zwangsverordneten freien Freitag heraus entstanden. Das sonnige Wetter lud zum Fahrradfahren ein. Die eisigen Temperaturen erschienen mir eher abschreckend - und wurden - bei allerdings sehr schwachem Wind - von Tag zu Tag extremer. Waren dem Fahrspaß aber alles andere als abträglich, als die passende Kleidung gefunden war. So fuhr es sich prächtig durch die klare, kalte Luft. Touren-Kilometer 100.000, auf den ich schon in der Karibik gehofft hatte, fiel so ins winterliche Deutschland an der Deutschen Weinstraße. In diesem Land habe ich auch fast ein Fünftel meiner Touren-Kilometer hinter mich gebracht. Und es gibt immer noch soooo viele Strecken zu entdecken. Happy Chris.


Chris on the Bike: Sonne und Schnee im Neckartal
Sonne und Schnee im Neckartal


Route Mainz - Denkendorf



Blaue Linie = Touren-Route
Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Mainz - Denkendorf (19.-22.1.2017)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 19.1.2017 Mainz Oppenheim Worms 60
2. 20.1.2017 Worms Bad Dürkheim - Neustadt/Weinstr. Landau 79
3. 21.1.2017 Landau Karlsruhe - Pforzheim Bietigheim 122
4. 22.1.2017 Bietigheim Besigheim - Stuttgart - Esslingen Denkendorf 80
Summe 341

Fahrrad vor Holz für den Winter in Denkendorf
Holz für den Winter in Denkendorf


Anschluss Tour 122: Heidelberg - Donaueschingen (248 km) Juli 2023

Anschluss Tour 120: Appelbach - Mainz - Aar (440 km) Mai 2023

Anschluss Tour 119: Stuttgart - Neckarsulm (313 km) April/Mai 2023

Anschluss Tour 118: Mainz - Idar-Oberstein (292 km) April 2023

Anschluss Tour 113: Alsenborn - Heidelberg (356 km) Juli 2022

Anschluss Tour 112: Essen - Sieg - Worms (716 km) Dez. 2021/Juli 2022

Anschluss Tour 111: Mainz - Kaiserslautern - Mainz (253 km) Juni 2022

Anschluss Tour 105: Marktredwitz - Mainz (599 km) Aug. 2020

Anschluss Tour 94: Esslingen - Friedrichshafen (253 km) Mai 2018

Anschluss Tour 93: Mainz - Bad Hersfeld - Fulda (334 km) April/Mai 2018

Anschluss Tour 87: Mainz - Münster (400 km) Juni 2017

Anschluss Tour 79: Westerwald - Hunsrück (383 km) Juni 2016

Anschluss Tour 78: Mainz - Jagst - Kocher (528 km) Mai 2016

Anschluss Tour 76: Genfer See - Stuttgart (792 km) März 2016

Anschluss Tour 74: Rheinhessen - Donnersberg (300 km) Aug./Sept. 2015

Anschluss Tour 72: Mainz - Emmerich (416 km) Mai 2015

Anschluss Tour 69: Mainz - Plettenberg (444 km) Juni 2014

Anschluss Tour 66: Bamberg - Neckarelz (856 km) Sept./Okt. 2013

Anschluss Tour 60: Mainz - Brocken (455 km) April 2012

Anschluss Tour 56: Dillenburg - Idstein (423 km) Juni 2011

Anschluss Tour 55: Mainz - Wissembourg (361 km) April 2011

Anschluss Tour 25: Nordsee: Brest - End to End - Mainz (4455 km) Aug./Sept. 2004

Anschluss Tour 24: Mittelrhein und Nebenflüsse (795 km) März/April 2004

Anschluss Tour 14: Mainz - Nordkap - Lofoten (4144 km) Juni/Juli 2001

Anschluss Tour 10: Mainz - Vilnius (2070 km) Aug. 2000

Anschluss Tour 9: Mainz - Dresden (675 km) Juni 2000

Anschluss Tour 7: Mainz - Ravensburg (370 km) April 1999

Anschluss Tour 6: Mainz - Strasbourg (428 km) Sept. 1998


Nächste Tour: Bodensee-Umrundung (280 km) April 2017

Vorherige Tour: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) Nov. 2016


Home: Touren Bikes Karte Suche & Kontakt

Tour 82: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) 2016
Karibik 2016
Chris Tour 91: Jerusalem - Dan - Eilat (1165 km) 2017
Negev 2017
on the Tour 96: Karibik II: Havanna - Miami (1560 km) 2018
Kuba 2018
Bike Tour 97: Kigali - Kampala - Nairobi (1136 km) 2019
Uganda 2019
© Copyright 2000-2024 Christoph Gocke. Alle Rechte vorbehalten.