Drei, vier Kilometer weiter in der Altstadt von Bad Dürkheim wärme ich mich in einem Café auf und schreibe auf Facebook ein paar Zeilen: "Die ersten 100.000 Touren-KM heute um 1 Uhr mittags bei -1 Grad in den Weinbergen von Bad Dürkheim vollendet. 95 Länder. Since 1981. So many people. So many friends. So many roads. So many ways. So much sun. So much luck. So much happiness. So much Miri. So much. Thanx." Ich könnte sehr viel hinzufügen. All die Qualen, die Erschöpfung wirken wie Petitessen. Was bleibt sind wahnsinnige Freude und Dankbarkeit. Vor allem den Menschen gegenüber, die mir das möglich gemacht haben. Die mich unterstützt, inspiriert, kritisiert, angefeuert haben. In der Heimat wie überall an der Strecke. Ganz besonders Georg Menke, der mich im Sommer 1981, kurz nach meinem 18. Geburtstag, gefragt hat, ob wir nicht im Jahr darauf, nach dem Abi, nach Rom radeln sollten. Das erschien mir zu groß, zu gewagt, zu wahnsinnig. In den Herbst-Schulferien 1981 fuhr ich dann aber (allein) den ersten Kilometer der jetzt 100.000 Kilometer direkt von meinem Elternhaus in Essen aus nach Luxemburg. Es war auch kalt. Und es war toll.
Schon die zweite Tour ging dann mit Georg (auf dem Foto rechts) über die Alpen nach Rom. Wobei mich die Hitze südlich der Alpen fast zur Aufgabe gebracht hätte, und die letzte Etappe nach durchkotzter Nacht auch nicht ganz einfach war. Georg dagegen mit seinem Torpedo-Dreigang-Rad kam locker über die Alpen, zeigte keine Schwächen und verfolgte unerschütterlich das Ziel.
Noch heute vertrage ich Kälte besser als Hitze. Die Ausrüstung ist besser geworden. Gegenüber gestern habe ich zusätzlich ein Stirnband aufgelegt. Das tausche ich aber schon beim Beginn der Deutschen Weinstraße in Bockenheim aus gegen ein Dreieckstuch, das den Kopf gleichmäßiger vor Kälte schützt. Außerdem ist unter der Winterjacke noch ein Windstopper, nachdem gestern das langärmelige Trikot doch die Nieren nicht perfekt geschützt hat.
Für Statistiker: 66 Prozent meiner bisherigen Touren-Kilometer bin ich in Europa geradelt, je 16 Prozent in Afrika und Asien, 2 Prozent in Amerika. Das Land mit dem mit Abstand größten Anteil unter den 95 Ländern: Deutschland mit 17 Prozent. 910 Tage saß ich insgesamt im Sattel. D.h. immer noch ein Durchschnitt von 110 Kilometern am Tag. Ohne Ruhetage. Miri ist seit ihrem "Einstieg" bei Touren-Kilometer 37.000 fast die Hälfte mitgefahren: rund 30.000 Kilometer.
[Erst nach Ende der Tour realisiere ich: die Stelle meiner 100.000-KM-Marke liegt nur 1.500 Meter vom Großelternhaus jenes Mannes entfernt, der heute als 45. US-Präsident vereidigt wird: Donald Trump. Frederick (1869–1918) und Elizabeth Christ Trump (1880–1966) wuchsen in Kallstadt in der Pfalz auf.]
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