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VG WORTTour 79: Westerwald - Hunsrück (383 km)


Schnecke auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück
Schneckenrennen auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück

Bike-Blog & Routen-Karte & Etappen-Übersicht
Westerwald - Hunsrück (10.-14.6.2016)
Lahn, Wied, Rhein und Bahntrassen-Wege der Mittelgebirge

An der Lahn will ich seit unserer Lahn-Tour vor fünf Jahren sehen, ob die Strecke zwischen Laurenburg und Balduinstein nicht doch mit dem Rad zu befahren ist - statt des beschilderten Umwegs mit mehreren hundert Höhenmetern. Von dort bietet es sich an, über die Höhen des Westerwalds in das nördliche Paralleltal, die Wied, zu fahren. Dessen unteren Teil habe ich im vergangenen Jahr im Rahmen der Reha nach meinem Fahrrad-Unfall kennengelernt. Nach dem Wochenende ergibt sich die Möglichkeit, noch zwei Etappen von Simmern im Hunsrück anzuschließen: einmal über den Schinderhannes-Radweg nach Ellmenhausen und von dort ins Rheintal nach Koblenz. Beim zweiten Mal durch Guldenbachtal zur Nahe-Mündung bei Bingen und von dort im Rheintal nach Mainz. Mal wieder eine Heimattour.

Die Tour bei YouTube


Lahn-Radverkehr zwischen
Schleuse Scheidt und Geilnau


Trampelpfad an der Lahn
bei der Schleuse Scheidt


Trampelpfad an der Lahn
bei der Schleuse Scheidt


Äsendes Reh am Schinder-
hannes-Bahntrassen-Radweg


Lahn-Mündung vor Schloss Stolzenfels Lauer Abend im Unwetter-Sommer
Freitag, 10. Juni 2016: Lahnstein - Bad Ems - Laurenburg (39 km)

Am Wiesbadener Hauptbahnhof vereinigen sich Miris und meine After-Work-Radelaktivitäten zunächst. In der gut gefüllten Via-Bahn geht's rheinabwärts bis zum Bahnhof Niederlahnstein. Die Fußball-Europameisterschaft in Frankreich beginnt heute Abend, aber von einer Sommermärchen-Stimmung ist Deutschland weit entfernt. Dafür war das Wetter der letzten Wochen zu sehr von Unwettern und Tornados bestimmt. Die größten Katastrophen gab es in Braunsbach, das ich im Mai auf meiner Jagst-Kocher-Tour durchfuhr, und in Simbach, wo wir auf unserer Inn-Tour im April übernachtet haben.
Der Rhein ist immer noch gut gefüllt, doch die Lahn lässt sich hier im Mündungsbereich nichts anmerken. Vor der Kulisse der Burg Stolzenfels liegen zwei Mädchen bei 23 Grad im Gras (Foto links). Aber die Biergärten sind verwaist. Hier und da ist ein bisschen Leben auf den Campingplätzen im Flusstal. Da lässt sich in diesem Streckenteil wunderbar fahren. Mein neunminütiger YouTube-Film, den ich vor fünf Jahren hier gedreht habe, als ich Lahn-abwärts gefahren bin, gehört zu meinen meist gesehenen: derzeit haben ihn schon mehr als 6.000 User geklickt. Ein schönes Stückchen Flusslandschaft.
Ein paar Pollen verfolgen mich noch. Bad Ems wirkt auch merkwürdig leer am Abend. Die russische Kapelle und das Grand Hotel verbreiten noch den Glanz einer verflossenen Epoche. An der Heilquelle füllt sich Miri ein bisschen Schwefelwasser ab, das hier mit 55 Grad aus dem Boden schießt (Foto rechts). Bekommt ihr allerdings in der Nacht nicht übermäßig gesundheitsfördernd.

Miri an der Schwefelquelle von Bad Ems Nassau wirkt trotz seines verheißungsvollen Namens recht unscheinbar. Am Ortsausgang ist es mit dem Talradweg dann auch vorerst vorbei. Ein breiter Bürgersteig führt als Radweg bergauf. Eine weitere kräftige Steigung wartet beim Kloster Arnstein. Vor der Jugendbegegnungsstätte sitzen zwei Mädchen aus Hochheim auf der Bank. Sie bereiten sich hier mit ihrer Gruppe auf die Firmung vor. Zu einer Unterkunft können sie uns nicht verhelfen. Auch ein paar Meter weiter im Talgrund können wir nicht von Freizeitheim und (evangelikaler) Bibelschule Klostermühle der "Fackelträger" profitieren.
Aber das Lahn-Tal wird immer ruhiger und einsamer. Obernhof ist schon richtig verschlafen. Und nach ein paar weiteren ruhigen Flussschleifen erreichen wir das Tagesziel Laurenburg. Im Haus am Fluss sind wird nicht angemeldet. Finden aber trotz recht später Stunde noch eine wundervolle Gastgeberin. Sie hat auch die gute Nachricht, dass wir morgen nicht den großen Anstieg hinter Laurenburg nehmen müssen, sondern sicher auch auf dem kleinen Treidelpfad am Ufer weiterkommen.
Wir lassen den Tag ein paar Meter weiter im Gasthof zum Lahntal auf der Ufer-Terrasse ausklingen. Hier sind einige Holländer, die die Europameisterschaft diesmal ja mit großer Distanz verfolgen können. Einer schwimmt sogar im Fluss. Es hat also doch etwas von Sommer.


Miri am Morgen auf dem Lahn-Radweg
Morgen auf dem Lahn-Radweg


Kampf mit Radspuren im Schlamm auf dem Trampelpfad im Naturschutzgebiet Gabelstein-Hölloch an der Lahn zwischen Laurenburg und Balduinstein Miris Bad in Lahn und Wied
Samstag, 11. Juni 2016: Laurenburg - Diez - Wallmerod - Westerburg - Wied-Quelle - Winkelbach (81 km)

Wenn irgendjemand irgendwo in den Fluss springt, so wie gestern Abend am Gasthaus, wird Miri ja nun erst recht schwimmen gehen. Das tut sie zunächst mal am Morgen in der Lahn direkt hinter unserm "Haus am Fluss". Während ich mich in der Morgenstunde am Fluss sitzend nach Berlin entführen lasse aus Westerwälder Perspektive: Hanns-Josef Ortheil beschreibt in "Die Berlinreise" als zwölfjähriger Sohn eines Westerwälder Paars seine Eindrücke von West- und Ost-Berlin im Jahr 1964.
Es ist dann aber nicht der holprige, Beton-gepflasterte Ufer-Pfad hinterm Haus, der uns am Fluss entlang führt. Die Route führt als Weg für landwirtschaftliche Fahrzeuge zunächst ganz bequem weiter etwas oberhalb der Lahn. Auch wenn Schilder davor warnen. Schon mehrfach habe ich hier den mühsamen Weg über die Höhen genommen. Mit rund 250 Höhenmetern. Das ist der offizielle Lahn-Radweg. Einzige offizielle Alternative: Transport mit der Bahn, so wie es zwei Gäste in unserer Unterkunft gestern Abend gemacht haben. Nachdem sie zuvor für zwölf Kilometer ihre Räder gegen Kanus getauscht hatten. Und entsprechend erschöpft ihre Räder wieder bestiegen, die der Kanu-Vermieter an den Zielpunkt gekarrt hatte.
Der Weg im Naturschutzgebiet Gabelstein-Hölloch wird schmaler und schmaler. Und immer sumpfiger. An einigen Stellen können wir uns nur mühsam durch den dank der vielen Regenfälle aufgeweichten Schlamm kämpfen (Foto links). Bis der Weg in einen Treidelpfad übergeht. Über Stock, Stein und Wurzel katapultieren wir unsere Räder. Der vermeintlich schwierigste Streckenabschnitt erweist sich mal wieder als der schönste. Ganz nah am Fluss. Weitab von allem motorisierten Verkehr (Fotos unten; Videos ganz oben Mitte). Erst hinter der Schleuse Scheid, wo wir wieder Asphalt unter die Reifen bekommen, begegnen uns andere Lahn-Radler (Video ganz oben links). Alles in allem eine völlig unkomplizierte und wunderschöne Strecke bis Geilnau, von der leider offiziell abgeraten wird. Wobei auch der Naturschutz eine Rolle spielt.
Bei Balduinstein blockieren einige Bootsbesitzer demonstrativ mit einer Schubkarre den schmalen Radweg. Gelebte Willkommenskultur. Bei Diez werden wir auf die südliche Lahnseite geführt. Und dann einen Berg hinauf, der nicht unbedingt nötig erscheint. Doch bald darauf am Stadtrand von Limburg drehen wir wieder nach Norden, um über den Westerwald zur Wied-Quelle zu kommen. Einige Kilometer fahren wir an der ICE-Strecke entlang, um dann unter ihr und der Autobahn hindurch ins Erbach-Tal durchzustoßen. Das ist wieder ganz wunderbar. Bringt uns nach Niedererbach und von dort ins wesentlich höher gelegene Obererbach. Mit einer interessanten Kirche aus Basaltstein (Foto unten).


Auf dem Trampelpfad an der Lahn zwischen Laurenburg und Balduinstein
Trampelpfad an der Lahn zwischen Laurenburg und Balduinstein

Lahn-Radweg bei Balduinstein
Lahn-Radweg bei Balduinstein

Katholische Kirche in Obererbach/Westerwald
Katholische Kirche in Obererbach/Westerwald

Auf dem Bahntrassen-Radweg zwischen Wallmerod und Westerburg
Bahntrassen-Radweg zwischen Wallmerod und Westerburg


Quelle der Wied bei Linden an der Westerwälder Seenplatte mit Miri Rund um Hundsangen haben wir unsere ersten Berührungspunkte heute mit der B 8. Sie war einst prägend für meine Radtouren, als ich 1983 bei der Tour Essen - Zagreb die Etappen von Aschaffenburg bis Passau mit mehr als 400 Kilometern praktisch nur auf dieser Bundesstraße hinter mich gebracht habe. Radwege gab es seinerzeit sowieso kaum, und ich brauchte auch keine Karten: Stand doch auf meinem kleinen Routenzettel einfach: "Aschaffenburg - Passau B8". Hier und heute im Westerwald ist sie allerdings kaum befahren. Und somit für uns sehr angenehm zu fahren. Hier und da gibt es auch Radwege an der Seite.
Trotz des bedeckten Himmels bewegen sich einige Pollen durch die Gegend. Am höchsten Punkt, wo die Natur noch am weitesten zurück ist, quälen sie mich bei der Pause auf einer Bank kurz vor Molsberg am heftigsten. Ich entscheide mich für mein Antihistaminikum. Erste Wirkung: Nießen. Dann wird's besser.
Wir sind Richtung Wallmerod gefahren, weil hinter dem Ort ein Bahntrassen-Radweg beginnt. Bis Westerburg auf 13 Kilometern (Foto oben). In die Höhen wurde die Bahnstrecke gesprengt, in den Tälern aufgeschüttet. So lässt sich's Radeln. Und am Ende führt die Strecke vom Bahnhof Westerburg hinunter in die etwas enttäuschende Altstadt, wo wir uns am Straßenrand im Eiscafé Venezia niederlassen. Einer der beiden Männer am Nebentisch hätte nach eigener Darstellung ein Mädchen in Rio heiraten können, die aber vom Aussehen her nicht das Ideale gewesen sei. Sei's drum. Wir müssen wieder bergauf. Schließlich wollen wir zur Quelle. Da bleibt für knapp zehn Kilometer über Langenhahn nach Rotenhain nur das, was sie hier "Schnellstraße" nennen. Immerhin finde ich eine davongeflogene Deutschland-Fahne. Nachdem ich zuvor schon eine dringend benötigte Packung Taschentücher zur Bekämpfung meines Heuschnupfens auf dem Wege fand.
Danach wird's wieder waldig und schön. Am Rand von Linden stoßen wir auf die Quelle der Wied (Foto rechts). Hier sind wir 464 Meter über dem Meeresspiegel. Viel macht die Quelle nicht her. Immerhin entdecke ich auf der Informationstafel mit einer Karte der Wied die "Krambergsmühle". Das könnte ja auch ein Quartier abgeben. Davon gibt es hier nicht so viele. Eine Hochzeit im Golf Club am Rande der Dreifelder Weiher bewirkt ihr Übriges. Kurz darauf führt die Wied als großer Bach (Foto unten) durch den Ort Wied. Hat aber wohl nichts mit Neuwied an der Mündung zu tun, denn kurz davor gibt's ja auch Altwied.
Ein rauchendes Mädel weist uns auf die Übernachtungsmöglichkeiten der Krambergsmühle hin, durch die der Radweg mitten hindurch führt. Genauer gesagt zwischen Krambergs- und Knochen-Mühle. Hier bleiben wir. Miri kann auch am Abend ein Bad nehmen: diesmal in der Wied.


Am Oberlauf der Wied bei Wied
Am Oberlauf der Wied bei Wied


Kloster Ehrenstein Jesus und Maria
Sonntag, 12. Juni 2016: Winkelbach - Altenkirchen - Neustadt/Wied - Neuwied - Koblenz (105 km)

Es ist kälter und regnerisch. Auch das kann Miri nicht vom morgendlichen Bad in der Wied abhalten. Der mittlere Teil des Wied-Radwegs, der uns am Morgen bevorsteht, ist ziemlich hügelig. Selten kann man direkt im Tal am Fluss entlang fahren. Und gelegentlich macht der so große Schleifen, dass die Abkürzung über die Berge naheliegt. Viele hundert Höhenmeter gehören zur heutigen Etappe. Obwohl wir flussabwärts fahren.
Gerade noch pünktlich erreichen wir den Gottesdienst in Altenkirchen um halb elf. Relativ leer. Mit dem "Hochgebet der Versöhnung" versucht der Priester, das Evangelium von der Sündenvergebung einer "Hure" durch Jesus fortzuführen. Trotz seiner Ratschläge finden wir im Tal nur mit Verzögerung zurück auf unseren Weg. An kleinen, ausgewählten Teilstücken kann man auf einer alten Bahntrasse durch das Wied-Tal radeln. Ich habe den Eindruck, diese Teilstücke sind ausbaubar. Einmal werden wir hinauf in einen Ort geführt, wo es unten doch viel bequemer sein könnte. Auf dem Kreuzbruderweg biegen wir kurz ab, um nach 300 Metern einen Blick auf Kloster Ehrenstein zu werfen (Foto links).


Wied-Radweg zwischen Neustadt/Wied und Neuwied
Wied-Radweg zwischen Neustadt/Wied und Neuwied


Brücke über die Wied auf dem Wied-Radweg zwischen Neustadt/Wied und Neuwied Pause im Eiscafé von Neustadt/Wied neben "Pizza-Works". Zu Waldbreitbach hin lassen die Steigungen langsam nach. Nicht aber die Schwingungen der Wied (Foto oben und rechts). Nach einer guten Stunde dort dann die nächste Pause im Café. Die Wolken haben sich vorübergehend verzogen, in der Sonne ist es schon fast zu heiß. Im Gasthaus gegenüber wollte man uns den plakatierten Mandarinenkäsekuchen um 15.30 Uhr nicht servieren. Die Küche sei momentan geschlossen.
Jetzt sind wir ganz in der Nähe der Westerwaldklinik. Dort habe ich vor einem Jahr drei Reha-Wochen verbracht - zur Regeneration von meinem Fahrrad-Unfall in der Nähe von Canterbury 2014. Hinter Hausen sehen wir die riesige Klinik am Berg. Nun kenne ich den Weg wie meine Westentasche, weil ich ihn seinerzeit mehrfach gefahren bin. Noch vor der Laubachsmühle geraten wir allerdings auf die Nordseite mit ihrem Feldweg. Vor einem Jahr waren mir die Erschütterungen hier noch zu heftig. Jetzt lässt es sich ganz gut fahren.
Am Bahnhof von Neuwied haben wir eigentlich mit der Mündung der Wied unser Tagesziel erreicht. Die Zugverbindungen sind allerdings so, dass wir mit einer kleinen Weiterfahrt am Rhein entlang nach Koblenz kaum Zeit verlieren. Gedacht, getan. Die Eisenbahn-Rheinbrücke Engers-Urmitz verschafft uns einen schönen Blick auf den Hochwasser führenden Fluss und bringt uns auf die andere Rheinseite. Wo wir dann direkt am Rhein weiter fahren können.
Die Wolken verdichten sich immer mehr (Foto unten). Und münden schließlich in einen kräftigen Regenguss. Für den wir uns auf eine Treppe retten, die halbwegs überdacht ist. Hier und da schießt auch ein Blitz übers Wasser. Langsam müssen wir weiter, damit wir unseren Zug noch bekommen. Hinter dem obligatorischen Umweg um den Rheinhafen herum wollen wir wieder zurück an den Fluss. Aber Hochwasserbarrieren verbauen nicht nur dem Hochwasser sondern auch uns den Weg (Foto unten). Schließlich rollen wir über die Moselbrücke zum Hauptbahnhof von Koblenz. Die Wochenendfahrt ist zu Ende, aber vielleicht noch nicht die Tour.
Epilog: In der Straßenbahn-Linie 50 Richtung Römerquelle lasse ich mich und mein Rad vom Mainzer Hauptbahnhof rauf nach Gonsenheim kutschieren. Ganz hinten, denn da ist die einzige halbwegs legale und praktikable Stelle in der Tram. Und wie vor fünf Wochen am Ende meiner Jagst-Kocher-Tour ist Maria zur Stelle. Die Tochter eines italienisch-polnischen Paares schiebt ihr lila-mint-farbenes Studentinnen-Fahrrad neben meins. Ihre anspruchsvolle Studienkombination Italienisch, Französisch, Mathematik und Chemie bekomme ich noch halbwegs zusammen. Maria wirkt aber nicht nur sehr clever sondern auch sehr sympathisch. Und mutig. Anders als vor fünf Wochen ist sie diesmal so wie ich zwei Stunden früher auf dem Heimweg. Um in der WG ihres Freundes das erste deutsche EM-Spiel zu sehen: Deutschland gegen die Ukraine.


Chris on the Bike vor dunklen Wolken am Rhein
Drohendes Unwetter am Rhein

Hochwasserschutz am Rhein-Ufer im nördlichen Koblenz
Hochwasserschutz am Rhein-Ufer im nördlichen Koblenz

Blick von der Moselbrücke aufs Deutsche Eck und die Festung Ehrenbreitstein
Blick von der Moselbrücke aufs Deutsche Eck und die Festung Ehrenbreitstein


Selfie: Chris on the Bike auf dem Schinderhannes-Radweg bei Simmern/Hunsrück Auf dem Schinderhannes-Bahntrassen-Radweg über die Hunsrück-Höhen
Montag, 13. Juni 2016: Simmern - Emmelshausen - Boppard - Koblenz (73 km)

Irgendwie sind drei Tage zu kurz für eine Radtour auf meiner Homepage. Aber es wäre schade, das Ganze nicht zu dokumentieren. Also: einfach weiterfahren. Es soll allerdings nicht wieder das Rheintal sein, durch das ich von Koblenz nach Mainz fahren könnte. Der Hunsrück ist eine Alternative. Schon lange liebäugle ich mit dem Schinderhannes-Bahntrassen-Radweg. Eigentlich als Marathon-Strecke. Der "Hunsrück-Marathon" führt hier seit 2001 immer im August auf dem Radweg von Emmelshausen nach Simmern. Jahrelang hat es leider nicht geklappt. Jetzt bin ich nicht mehr in Marathon-Verfassung. Also: das Rad. Aber: wie komme ich nach Simmern. Ganz einfach: der Flughafen-Bus nach Hahn macht einen Stopp an der Klinik von Simmern. Obwohl ich mit dem Shuttle-Direkt-Bus von Mainz schon vielfach gefahren bin, ist mir das neu. Eine kleine Recherche zeigt: seit Dezember 2013 ist der Halt an der Hunsrück-Klinik in den Fahrplan genommen worden. So kommt man in 50 Minuten von Mainz nach Simmern auf die Höhe des Hunsrück.
Heute allerdings mit zehn Minuten Verspätung. Beim Einstieg vor dem Mainzer Hauptbahnhof ist alles ein bisschen chaotisch. Der Fahrer kassiert und notiert die Fahrtziele per Hand. Dann läuft er zum Bus-Büro, um die Fahrkarten zu holen und anschließend im Bus zu verteilen. So bekommt er gar nicht mit, dass ich mein Rad in die Gepäckfächer unterm Bus geschoben und jemand anders die Klappe geschlossen hat. Obwohl ich mit Fahrradhelm in der Hand und Fahrradtaschen ein- und aussteige, ist er überrascht, dass ich noch ein Rad aus dem Bus holen möchte. Ich kann seine sofortige Abfahrt gerade noch verhindern.
Die Haltestelle liegt idealerweise direkt am Einstieg zum Schinderhannes-Radweg. Von der Schinderhannes-Stadt Simmern bekomme ich auf diese Weise so gut wie nichts zu sehen. Der vielfache Räuber Johannes "Schinderhannes" Bückler, war im hiesigen Gefängnisturm inhaftiert, aus dem er spektakulär mit einem halsbrecherischen Sprung floh. Gleichwohl benannte man den Turm später nach ihm, dem "Robin Hood vom Hunsrück". Das Logo des Radwegs zeigt jedenfalls einen Ganoven mit Knarre (Foto unten).


Sonne und dunkle Wolken am Schinderhannes-Radweg im Hunsrück
Noch bricht die Sonne durch

Radwegweiser mit Logo des Schinderhannes-Radwegs
Furchteinflößendes Logo des Schinderhannes-Radwegs

Sonne vor düsteren Wolken auf dem Schinderhannes-Radweg
Sonne vor düsteren Wolken

Windräder am Schinderhannes-Radweg über den Höhen des Hunsrück
Windräder über den Höhen des Hunsrück

Dunstwolken steigen aus dem Moseltal auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück
Dunstwolken steigen aus dem Moseltal


Panther Dominance Trekking auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück Dunkle Wolken drohen, aber es hat eigentlich schon genug geregnet heute. So steht denn auch das Bord-Thermometer bei 16 Grad. Um 18 Uhr bin ich also am Start meines After-Work-Radelns. Der durchgehend perfekt asphaltierte Schinderhannes-Bahntrassen-Radweg steigt flach an (Fotos oben links, oben, rechts). Obwohl ein paar hundert Höhenmeter zu bewältigen sind, bleibt die durchschnittliche Steigung bei einem Prozent. Von rund 350 Metern geht es rauf auf 500. Ein paar Jogger und Hundebesitzer sind auf der Strecke. Kurz blitzt die Sonne auf. Dann ziehen die Wolken zu. In Neuerkirch ereilt mich dann der Schauer. Ich kann mich in einer offenen Betriebshalle unterstellen. Als ich weiter will, springt erst mal die Kette ab. Zurück unters Dach. Dann weiter im grünen Tunnel. Von Kastellaun bekomme ich kaum was zu sehen. Ab und zu kann ich einen Blick über die Hunsrück-Höhen werfen. Durch den Regen sind jetzt noch mehr Schnecken auf der Strecke. Wunderschöne Exemplare (Fotos ganz oben und ganz unten). Mehrere Rehe bekomme ich zu sehen. Eins äst seelenruhig (Video ganz oben rechts). Auch nachdem es mich gesehen hat. Kurz darauf ein Lama hinter Gittern. Und ein leerer Biergarten. Viele Pensionen und Gasthäuser. Am Bahnhof Pfalzfeld kann man auf 466 Metern in Eisenbahn-Waggons übernachten. Alles scheint leer. Ich bin allein hier oben. Es ist wunderschön. Die Luft prächtig feucht.
Es geht allerdings langsamer voran als gedacht. Mein Zeitplan mit seinem Fixpunkt, dem letzten Zug von Koblenz nach Mainz um 22.48 Uhr gerät ein bisschen ins Wanken. So bleibt nach dem unspektakulären Ende des Schinderhannes-Radwegs in Emmelshausen nicht die Möglichkeit dem neuen (?) Radweg nach Boppard zu folgen. Der macht ein paar Schlenker zu viel. Es bleibt nur die sehr, sehr leere Bundesstraße. Bis zur Abfahrt unter der Autobahn hindurch hinab ins Rheintal. In vielen schönen Windungen führt die Straße zum Fluss. Die Radweg-Direttissima auf der Karte erscheint mir etwas zu direkt.
In Boppard decke ich mich sicherheitshalber mit zwei Radlern für die Rückfahrt ein. Die letzten zwanzig Kilometer stehen an. Der schöne, weite Bogen mit breitem Radweg an der B9 nördlich von Boppard (Foto unten). Der Rhein ist randvoll. Hier und da mehr als das. So wie gestern. Treibgut. Es wird dunkel und dunkler. Vor allem durch die düsteren Wolken. Noch ein Regenschauer. Jetzt ist keine Zeit mehr zum Unterstellen. Als ich die Lahn-Mündung auf der gegenüberliegenden Rheinseite sehe, rufe ich bei laufender Fahrt Miri an. Da drüben sind wir vor drei Tagen gemeinsam gestartet. Jetzt ist es fast ganz dunkel. Mein Radlicht funktioniert zum Glück.
Um halb elf bin ich am Koblenzer Hauptbahnhof (Foto unten). Dank seiner Verspätung erreicht ich noch den 22.13-Uhr-Zug. So komme ich etwas früher nach Hause als erhofft. Jetzt hat die Tour ihre obligatorischen vier Tage. Ich sinniere über noch eine weitere Fortsetzung.


Rhein-Radweg am Rheinbogen nördlich von Boppard
Rheinbogen nördlich von Boppard

Panther Dominance Trekking-Rad auf dem Bahnsteig im Koblenzer Hauptbahnhof 90 Minuten vor Mitternacht
Koblenz Hauptbahnhof 90 Minuten vor Mitternacht


Abfahrt vom Hunsrück am Guldenbach nach Stromberg Pralles Leben am Guldenbach
Dienstag, 14. Juni 2016: Simmern - Stromberg - Bingen - Mainz (85 km)

Die Idee kam mir gestern auf dem Schinderhannes-Radweg schon kurz hinter Simmern: warum nicht heute auch nach Simmern fahren und von dort heim nach Mainz? Ein schöner Abschluss der Tour. Die Wettervorhersage heute ähnlich wie gestern: Schauer und Gewitter. Ich schau also auf den Regen-Radar. Am Abend sieht es gar nicht so schlecht aus. Im Grunde sogar einen Tick besser als gestern. Dummerweise fängt es auf dem Mainzer Lerchenberg an zu regnen, als ich runter in die Stadt muss. Ich kann gerade noch die kurze Hose anziehen. So wird wenigstens die lange Hose nicht nass. Ansonsten wird alles durch und durch nass. Bei kurzen Stopps zwischendurch bringe ich wenigstens so was wie das Portemonnaie in der Lenkertasche in Sicherheit. Immerhin steht der Bus schon da. Der Busfahrer mürrisch. Warnt mich, dass ich fürs Fahrrad extra zahlen müsse. Mit dem Unterton, dass ich es mir so hoffentlich noch anders überlegen werde. Tu ich aber nicht. Erstaunlicher Weise kostet es heute auch 11,80 statt wie gestern 8,80. Gleiche Verbindung. Außerdem muss ich diesmal fürs Fahrrad zahlen: 7,05 Euro kostet die "Kinderfahrkarte".
Ich versuche, die 50minütige Busfahrt zu nutzen, um alles ein wenig trockener zu bekommen. Bei Strümpfen und Schuhen nützt das wenig. Bei der Jacke einiges. Für das T-Shirt hab ich Ersatz. Und dann regnet es wieder kräftig. Genau bis zu dem Augenblick, in dem der Bus vor der Klinik in Simmern wendet und mich samt Fahrrad absetzt. Nach genau 24 Stunden bin ich wieder hier, was mir gestern um diese Zeit nicht im Traum eingefallen wäre. Diesmal geht's in die andere Richtung. Wesentlich steiler geht's bergauf als gestern auf dem Schinderhannes-Bahntrassen-Radweg. Schinderhannesturm und Hunsrück-Museum lasse ich in Simmern links liegen. Der Hunsrück-Radweg ist die große West-Ost-Verbindung, dessen Teil "Vorderer Hunsrück" mir hier sehr gelegen kommt. Er führt parallel zur Schnellstraße - aber meist in angenehmem Abstand. Und das mit milden Steigungen.
Beim neuen Norma-Logistikzentrum Mittelrhein versuchen mich die Schilder, auf eine Fahrrad-Umleitung zu locken. Die Bauarbeiten sind aber längst soweit abgeschlossen, dass man wunderbar durch den Rest der Baustelle fahren kann. Just in diesem Moment holen mich dunkle Wolken ein. Den fünfminütigen Schauer warte ich unter dem Dach der Raiffeisen-Tankstelle ab. Und schon führt die Straße kurz vor Rheinböllen durch die Continental-Produktion hindurch hinab ins Guldenbachtal nach Stromberg (Foto links). Der Bach stürzt randvoll bergab. Die Luft ist so feucht wie es eben nur geht. Alles grün. Pralles Leben.

Hochwasser auf dem Rhein-Radweg zwischen Bingen und Ingelheim/Frei-Weinheim Das Bild wandelt sich in Stromberg. Die verwaisten Gleise der Hunsrückquerbahn (ehemals "Hunsrück-Bahn") weiten sich zu den Industrieanlagen. Die Ruine des großen Kalkwerk wird abgerissen. Trostlosigkeit. Der Kern von Stromberg glänzt mit Fachwerk. Doch der "Heimat des Deutschen Michels" kann ich mich nicht angemessen widmen. Wenn ich nicht stundenlang durch nächtliche Dunkelheit fahren will. Mein Licht funktioniert heute im Gegensatz zu gestern nicht. Vielleicht lag es am Bustransport.
Einige Höhenmeter erklimme ich rauf zur Binger Straße unnötiger Weise. Der "Warmsrother Grund" ist der güldene Weg, um mit dem Fahrrad nach Bingen zu kommen. Als ich das erkenne, rolle ich wieder zurück ins Tal. Der Pfad auf dem Grund ist nur sehr, sehr rudimentär beschildert. Und wenn, dann mehr als Wander- denn als Radweg. Dafür bietet er auch Schönheiten, die man eher auf einem Wanderweg geboten bekommt. Schmal und steil führt er aus dem Tal heraus. Kurz vor der Autobahnbrücke lässt sich ein Mann mit schwarz-rot-goldener Halbliter-Bierdose nieder. Es ist Fußball-Zeit.
Ein kleines, schönes Sträßchen führt nun nach Waldalgesheim. Wo der Beton-Turm der Dionysius-Kirche aus den Häusern herausragt. Moosbehangen, wie es scheint. Am Ortsausgang bringt mir Edeka die nötigen Flüssig-Kalorien. Und ein Radler für das Après-Radln daheim. Die Fahrt hinunter nach Bingen bringt eine ungewöhnliche Perspektive auf den Rhein bei Rüdesheim. Unten auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau bespaßt das Eurpameisterschaftsspiel auf einer Riesen-Leinwand das nicht vorhandene public viewing. So wie alle Biergärten gestern und heute an der Strecke verwaist.
Für den Rest der Strecke bis Mainz bleibe ich heute auf dem Asphalt des offiziellen Radwegs. Die schönen Passagen direkt am Rhein dürften zu aufgeweicht sein. Selbst hier, in scheinbar sicherer Entfernung zum Fluss, steht der Radweg durch das aufsteigende Grundwasser streckenweise unter Wasser (Fotos rechts und unten). Beide Schuhe kommen noch mal komplett unter Wasser. Die Tiefe habe ich etwas unterschätzt. Zum Glück kann ich das Rad stabil halten. Es ist heute nicht ganz so dicht bewölkt wie gestern um diese Zeit. So habe ich länger Rest-Tageslicht. Obwohl ich genau wie gestern bis 22.30 Uhr fahre. Diesmal allerdings bleibt mir die Zugfahrt erspart, endet die Tour doch direkt vor der eigenen Haustür. (Wo nach knapp fünf Jahren Bauzeit gerade die Bebauung des Nachbargrundstücks und die Gestaltung des Platzes dazwischen vollendet wird, die ich in einer Langzeit-Beobachtung als Video festgehalten habe.)
Zum dritten Mal in fünf Tagen bin ich heute zuvor die Strecke von Gonsenheim zur Arbeit und von dort zum Hauptbahnhof zusätzlich zu den Etappen gefahren. Diesmal zählt sie zur Gesamtstrecke dazu. Schließt sie doch nahtlos an den Rest der Etappe an.


Hochwasser auf dem Rhein-Radweg zwischen Bingen und Ingelheim/Frei-Weinheim
Das letzte Bad für die Rad und Schuhe

Windräder und Wolken über Simmern im Hunsrück
Windräder und Wolken beim Start über Simmern im Hunsrück


Route Westerwald - Hunsrück



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Westerwald - Hunsrück (10.-14.6.2016)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 10.6.2016 Lahnstein Bad Ems Laurenburg 39
2. 11.6.2016 Laurenburg Diez - Wallmerod - Westerburg - Wied-Quelle Winkelbach 81
3. 12.6.2016 Winkelbach Altenkirchen - Neustadt/Wied - Neuwied Koblenz 105
4. 13.6.2016 Simmern Emmelshausen - Boppard Koblenz 73
5. 14.6.2016 Simmern Stromberg - Bingen Mainz 85
Summe 383

Schnecke im Gras bei Simmern im Hunsrück
Schnecke bei Simmern

Schnecke auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück
Schnecke auf dem Schinderhannes-Radweg im Hunsrück


Anschluss Tour 120: Appelbach - Mainz - Aar (440 km) Mai 2023

Anschluss Tour 118: Mainz - Idar-Oberstein (292 km) April 2023

Anschluss Tour 112: Essen - Sieg - Worms (716 km) Dez. 2021/Juli 2022

Anschluss Tour 111: Mainz - Kaiserslautern - Mainz (253 km) Juni 2022

Anschluss Tour 105: Marktredwitz - Mainz (599 km) Aug. 2020

Anschluss Tour 93: Mainz - Bad Hersfeld - Fulda (334 km) April/Mai 2018

Anschluss Tour 87: Mainz - Münster (400 km) Juni 2017

Anschluss Tour 83: Mainz - Denkendorf (341 km) Jan. 2017

Anschluss Tour 78: Mainz - Jagst - Kocher (528 km) Mai 2016

Anschluss Tour 74: Rheinhessen - Donnersberg (300 km) Aug./Sept. 2015

Anschluss Tour 72: Mainz - Emmerich (416 km) Mai 2015

Anschluss Tour 69: Mainz - Plettenberg (444 km) Juni 2014

Anschluss Tour 60: Mainz - Brocken (455 km) April 2012

Anschluss Tour 56: Dillenburg - Idstein (423 km) Juni 2011

Anschluss Tour 55: Mainz - Wissembourg (361 km) April 2011

Anschluss Tour 25: Nordsee: Brest - End to End - Mainz (4455 km) Aug./Sept. 2004

Anschluss Tour 24: Mittelrhein und Nebenflüsse (795 km) März/April 2004

Anschluss Tour 14: Mainz - Nordkap - Lofoten (4144 km) Juni/Juli 2001

Anschluss Tour 10: Mainz - Vilnius (2070 km) Aug. 2000

Anschluss Tour 9: Mainz - Dresden (675 km) Juni 2000

Anschluss Tour 7: Mainz - Ravensburg (370 km) April 1999

Anschluss Tour 6: Mainz - Strasbourg (428 km) Sept. 1998

Anschluss Tour 2: Düsseldorf - Rom (1719 km) Sept. 1982


Nächste Tour: Berlin - Greifswald (500 km) Juli 2016

Vorherige Tour: Mainz - Jagst - Kocher (528 km) Mai 2016


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Tour 82: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) 2016
Karibik 2016
Chris Tour 91: Jerusalem - Dan - Eilat (1165 km) 2017
Negev 2017
on the Tour 96: Karibik II: Havanna - Miami (1560 km) 2018
Kuba 2018
Bike Tour 97: Kigali - Kampala - Nairobi (1136 km) 2019
Uganda 2019
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