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VG WORTTour 41: Irland & Nordirland (1025 km)


Irland: Ring of Kerry am Abend
Abendliches Sonnenloch am Ring of Kerry (Foto: Mirjam Müller)

May the road rise to meet you.
May the wind be always at your back.
May the sun shine warm upon your face.
The rains fall soft upon your fields.
And until we meet again,
May God hold you in the palm of his hand.
(Irischer Reisesegen)

Reisebericht des Monats April 2009: reiseberichte.com - globetrotter.de

Möge die Straße dir entgegeneilen.
Möge der Wind immer in deinem Rücken sein.
Möge die Sonne warm auf dein Gesicht scheinen.
Und der Regen sanft auf deine Felder fallen.
Und bis wir uns wiedersehen,
halte Gott dich im Frieden seiner Hand.
(Irischer Reisesegen - zum Lied hier)

Bike-Blog & Routen-Karte & Etappen-Übersicht
Irland & Nordirland: Kerry - Newry (30.6.-13.7.2008)
Sommer-Tour im grünen Paradies bei täglichem Regen

Ausrüstung: Bike & More
Ausrüstung:
Bike & More
"It's summer - what did you expect?" hieß es schon 2004, als wir Großbritannien im Sommer End to End durchquerten und von Regen und kühlen Temperaturen begleitet wurden. Warum soll es auf der kleineren Nachbarinsel anders zugehen? Irische Sonnenfans fahren im Sommer nach Zypern...


Gap of Dunloe, IrlandProlog: Verregneter Start am Gap of Dunloe
Montag, 30. Juni 2008: (Flug Frankfurt-Hahn - Kerry) Kerry Airport - Killarney - Gap of Dunloe - Black Valley (36 km)

Flug: der erste Start von Hahn. Alles problemlos. Auch mit dem Fahrrad. Unkompliziert, schnell. In Kerry kriegen wir die Räder noch vor dem Betreten des Flughafengebäudes auf einem Gepäckfahrzeug separat geliefert. Nur der irische Regen war schneller: Er begrüßt uns schon auf der Gangway. Bis wir die Fahrräder wieder flott haben, fallen kaum noch Tropfen.
Wir fahren - zunächst gegen unsere Hauptrichtung und damit gegen den Wind. Ein paar Kilometer nach Süden. Killarney, Irlands touristischsten Ort, lassen wir links liegen. Am Ortsrand decken wir uns in einem Lidl ein und preschen gleich zum Gap of Dunloe (Foto links). Entgegen allen Ankündigungen eine durchgehend asphaltierte Straße.
Irgendwo dürfen Autos nicht mehr fahren, sie tun es trotzdem. Kutschen fahren. Darin bleiben die Leute trockener als wir, die wir auf der Höhe des Bergspalts so richtig vom Regen erwischt werden. Welcome to Ireland! Das Black Valley Hostel hat ein Zimmerchen für uns. Und in dem läuft die Heizung. Na klar, es ist ja der 30. Juni.


Mirjam Müller am Windy Gap, Ring of Kerry, Irland
Vor dem Windy Gap kommt die Durchquerung eines kleinen Baches...


Christoph Gocke am Windy Gap, Ring of Kerry, IrlandAtlantic Traum-View am Ring of Kerry
Dienstag, 1. Juli 2008: Black Valley - Windy Gap - Kenmare - Staigue Fort - Waterville (82 km)

Vom einsam gelegenen Hostel aus geraten wir auf noch einsamere Pfade des Kerry Way, der Wanderweg-Variante des Ring of Kerry. Als wir endlich wieder auf der Straße sind, stellt die uns bald vor eine Alternative: weiter dem scheinbar asphaltierten Wanderweg nach oder der Nationalstraße?
Wir entscheiden uns für das Abenteuer. Denn asphaltiert sind nur die ersten Meter des Wanderwegs. Nach rund einem Kilometer Feldweg liegen fünfzig Meter Wasserdurchquerung vor uns. Der quer verlaufende Bach ist durch den gestrigen und nächtlichen Regen angeschwollen zu einem breiten Fluss mit zwei teils reißenden Wasserarmen. An der tiefsten Stelle reicht das Wasser weit den Oberschenkel hinauf (Foto rechts und oben). Es lebe Ortlieb. Ein wenig mit der Strömung gehen, hilft ans andere Ufer. Wo der Weg nicht besser wird. Über sumpfige Stellen führen gelegentlich Bretter.
Obwohl es nicht mehr regnet, fühlen wir uns durch die Wasserdurchquerung endlos nass. Prämie: das Windy Gap. Wie gestern das Gap of Dunloe ein Sattel zwischen zwei Anhöhen. Etwa 300 Meter hoch kommen wir. Mit kleinen Zwischensteigungen und schließlich wieder asphaltiert führt der Weg runter nach Kenmare. Unser erstes irisches Örtchen. Mit vielen kleinen bunten Häuschen. Hat Atmosphäre. Wir versuchen unter ein paar Sonnenstrahlen zu trocknen.

Staigue Fort, Ring of Kerry, IrlandVon nun an folgen wir der Autostraße, dem famous Rind of Kerry. Vereinzelt versuchen Schilder uns auf einen Kerry-Radweg zu locken. Was aber selten verlockend ist.
Die Touri-Straße mit dem Uhrzeigersinn zu fahren, erweist sich als good choice, weil alle Touri-Busse gegen den Uhrzeigersinn (und damit nie an der Wasserseite) fahren. Busse gibt es reichlich. Das Örtchen Sneem ist davon so voll, dass wir erst gar nicht halten. Dafür nehmen wir uns die Zeit für die vier Extra-Kilometer bergauf zum Staigue Fort. Eine Rund-Ruine, die rund 2000 Jahre alt sein soll (Foto links). Aber wer was wann wie warum weiß man nicht so genau.
Zurück runter auf die Uferstraße, die dann noch mal auf 208 m führt, was man hier schon Pass nennt: Coomakesta Pass. Jetzt scheint auch noch die Sonne, zumindest aufs Meer (Foto ganz oben). Der Regen bricht heute erst so richtig aus, als wir grad, kurz vor Waterville, im B&B Atlantic View eingecheckt haben. Genau das, was sich Miri am Morgen erträumte: Meeresblick aus dem terrassenartig angelegten Zimmer mit ein paar Palmen vor der Tür. Und ein paar vorgelagerte Inseln, die bald wieder in der Abendsonne liegen.


Bei Waterville, Ring of Kerry, Irland
An der Süd-Ost-Spitze des Ring of Kerry (Foto: Mirjam Müller)


Chris on the Bike bei Waterville, Ring of Kerry, IrlandMit 100-km-Frühstück bis zum Shannon
Mittwoch, 2. Juli 2008: Waterville - Tralee - Tarbert (132 km)

Göttliches Frühstück. Was sie hier "Full Irish Breakfast" nennen. Was für rund hundert Rad-Kilometer reicht. Dazu der gleiche Blick wie aus unserm Zimmer auf die nun in der Morgensonne liegenden Felsbrocken im Meer.
Mit der Fahrt über den Pass gestern Abend und die damit verbundene Weg-Drehung nach Norden haben wir nun auch den erwarteten Rückenwind. Auf und nieder. Den ganzen Tag. Die ganze Tour.
Bei Killorgin mit einem phantastischen neu designten Platz vor der Touri-Info endet für uns der Ring of Kerry. Ich fand ihn nicht so sensationell, wie er allenthalben gepriesen wird. Er ist mir zu zersiedelt und zu befahren.
Hinter Castlemaine nehmen wir eine Abkürzung, die schmale Direttissima über einen 308 m hohen "Pass". Fast verkehrsfrei. Und großartig (Foto rechts: Miri kämpft sich Pass-aufwärts, wo ich längst abgestiegen bin; Foto unten: fast obenauf).

Miri am Pass zwischen Castlemaine und TraleeIn Tralee schon wieder Regen. Wir warten ihn traditionell englisch ab in einem Fish & Chips Imbiss. Und geben uns danach noch einmal 45 km auf der vergleichsweise flachen Straße nach Tarbert. Bis Listowel ist viel Verkehr. Danach wird's ruhiger und schöner. Für die Fähre über den Shannon reicht's irgendwie nicht mehr.
Immerhin nehmen wir Quartier im Ferry-Hostel, zu dem man die Rezeptionistin herbeitelefonieren muss. Das Hostel ist groß, manches sehr schön restauriert, aber nicht übermäßig gemütlich, weil alles ein bisschen schepp.


Miri vor Wolken am Pass zwischen Castlemaine und Tralee
Wolkenberge am Pass vor Tralee


Spanisches Seebad und Reiseradler an den Cliffs of Moher
Donnerstag, 3. Juli 2008: Tarbert - Fähre - Killimer - Cliffs of Moher - Doolin (79 km)

Self-catering breakfast mit free-food aus dem Hostel-Fridge. Die Fähr-Fahrt über den hier riesig breiten Shannon, mit der wir uns den Weg über Limerick ersparen, hält uns länger auf als gedacht. Die eine Fähre ist gerade weg. Halbstündig verkehren sie erst, als wir schon fast drüben sind. Und auf der andern Seite ist meine Sattel-Befestigung dank Übereifer beim Festschrauben hinüber. Auch ein B&B steht dort, das uns sicher auch gestern Abend gern aufgenommen hätte. In einem Sammelsurium-Laden von Kilrush mit Mini-Cycle-Abteilung bekommen wir neue Schrauben für den Sattel.
Cliffs of Moher, IrlandKurz nach einer Pause in Quilty biegen wir glücklicher Weise zum "spanish point" ab. Dort liegt unser heute mehr oder weniger einzige Sandstrand. Miri badet. Mir ist es zu kühl.
Auf noch mehr Menschen als am Strand stoßen wir an den Cliffs of Moher (Irisch: Aillte an Mhothair = Klippen der Ruine), die über 200 m aus dem Meer ragen (Foto links) und damit zu den höchsten Steilklippen Europas zählen. So unterhalten wir uns auch kurz mit einem irischen Radler-Paar. Insgesamt begegnen wir nur sehr wenigen Reiseradlern auf der Insel.
Heute versuchen wir es mal mit der Abend-Fähre. Aber von Doolin geht's nur morgens und mittags auf die Aran Islands. Landen wir also in einem Dooliner B&B. Die Hostels sind uns zu gefüllt in dem "alternativen" Touri-Ort.


Felder auf Inishmore, Aran Islands, Irland
Felder auf Inishmore, Aran Islands


Tristesse auf den Aran Islands
Freitag, 4. Juli 2008: Doolin - Fähre - Inishmore (Aran Islands) - Fähre - Rossaveel (24 km)

Die morgendliche kleine Fährfahrt ist mit 25 Euro p.P. ein echter Luxus. Die etwa gleiche Strecke vom Nordufer bei Rossaveel kostet weniger als die Hälfte. Auf dem schnuckeligen Bötchen gerät auch der Magen kräftig in Bewegung.
Dun Aengus Fort, Inishmore, Aran Islands, IrlandDas Wetter ist wieder schlechter geworden. Kälter. Regnerischer. Das passt zu der Tristesse der Aran Islands: nahezu leergefegter Fels. Mühsam hat man hier jahrhundertelang mit Sand und Seetang versucht Felder anzulegen. Hungersnöte waren Alltag, Schiffbrüchige eine willkommene Einnahmequelle. Ein Wrack aus den 60er Jahren liegt vor der kleinsten Insel auf einer Sandbank.
Wir landen in Inishmore, der Hauptinsel. Hier gibt es mehrere Ruinen wie das Staigue Fort. Vor allem das Dun Aengus Fort. Ein zum Meer hin offener Halbkreis auf Fels, 87 m über dem Meer. Ohne Absperrung (Foto links). Jeder kann, so weit er will. Nach außen war das Fort durch mehrere Mauern und die "spanischen Reiter" gesichert: eine Ansammlung von aufrechten Felsbrocken, durch die Angreifer nur schwer drangen.
Miri trotzt Regen und Kälte mit einem Meeresbad, während ich versuche, mich in einem Pub zu wärmen.
In Rossaveel gelandet, wird der Regen stetig heftiger. Wir nehmen das zweitbeste B&B. Schlechter als unsere ersten beiden, aber genauso teuer. Auch das hebt die Stimmung nicht fundamental.


Fluss und Wald in Connemara, Irland
Noch grüneres Connemara


Connemara ohne Bergspitzen und die Pubs des keltischen Tigers
Samstag, 5. Juli 2008: Rossaveel - Maam Cross - Aghagower - Pontoon - Enniscrone (142 km)

Weiter Regen. Und Gegenwind. Mühsam kämpfen wir uns nach Maam Cross. Vor 24 Jahren habe ich ein Sommersemester lang in einer irischen Band gleichen Namens gespielt. Der Bandgründer veranstaltete hier seine Sommer-Camps. Für uns ist es eine verregnete Kreuzung.
Die Landschaft rundherum muss toll sein. Connemara. Die Wolken hängen so tief, dass wir die Bergspitzen nur erahnen können. Auch so strotzt die Gegend vor grellem Grün (Foto oben).
Der Nachmittag ist trockener und flacher. Wir ersparen uns einige Kilometer Nationalstraße und Westport mit secondary roads über Aghagower. Im Mittelalter Metropole mit Bischofssitz, heute Dorf mit einer alten Kirchen- und Turmruine inmitten eines Friedhofs (Foto ganz unten).
Lough Cullin bei Pontoon, IrlandCastelbar bietet ebenfalls einen großen Friedhof und daneben ein nagelneues Einkaufszentrum samt Aldi. Immer noch sieht der "celtic tiger" nach Boom aus, auch wenn die Nachrichten voller schlechter irischer Wirtschaftsdaten sind. Verdoppelung der Arbeitslosenzahlen innerhalb von Monaten. Die publizierte Baisse wird verstärkt durch das Nein bei der Volksabstimmung zum Lissabonner Grundlagenvertrag der Europäischen Union vor wenigen Wochen. Irland ratlos. Arm sieht es nirgendwo mehr aus.
Die nächste Abkürzung: über Pontoon, einer Landbrücke zwischen zwei traumhaften Seen (Foto rechts und unten).
Ballina können wir dann nicht mehr richtig würdigen. Miri wünscht sich den Sonntag als Ruhetag. Am liebsten an der See. Deshalb radeln wir noch 16 hügelige abendliche km stadtauswärts nach Norden (Foto unten links beim Sonntag).
Bis Enniscrone (Gälisch: Inis Eascair Abhainn; auch Inniscrone geschrieben; offiziell Inishcrone, Gälisch: Inis Crabhann). Irish Saturday Night fever - nachdem uns ein Geldautomat ("ATM"), die sich hier in kleinen Supermärkten verstecken, wieder flüssig gemacht hat - in den Pubs des Seebads. Wetttrinken von Jugendlichen, irische Musiker. Die irische Kneipen-Kultur hat das seit 2004 geltende Rauchverbot offenbar mit Leichtigkeit überlebt. Nur vielleicht einige junge Mädchen nicht, die kaumst bekleidet vor den Kneipentüren ihre Zigaretten smirten (smoken und flirten). Bei 13, 14 Grad und kräftigem Wind.


Lough Conn bei Pontoon, Irland
Lough Conn bei Pontoon (Foto: Mirjam Müller)


Miri vor abendlichen Sonnenstrahlen bei EnniscroneSchiet-Wetter-Ruhetag mit fliegendem Berg
Sonntag, 6. Juli 2008: Enniscrone

Die neue riesige Kirche ist bestens gefüllt. Die zweite Kollekte, nach der Kommunion, fällt gut aus: sie dient dem Abschluss der Bauarbeiten rund um die Kirche. Überhaupt, der Euro, in Irland und wo auch immer: immer ein Stück Heimat in der Hand.
Das Wetter ist zwar alles andere als toll. Was Miri nicht vom obligatorischen Meeresbad abhalten kann. Mich lässt "Der fliegende Berg" abheben, meine Reiselektüre, die von den Küsten Irlands auf die höchsten Gipfel des Himalaya führt. Und inspiriert, noch ganz andere Gipfel anzustreben. Dazu reichlich Sonntagszeitung. Ein Shit-Wetter-Ruhetag.


Euroland Irland: Ohne Moos nix los
Euroland Irland: Ohne Moos nix los


Die Beton-Wand von Donegal
Montag, 7. Juli 2008: Enniscrone - Sligo - Donegal (127 km)

Noch einmal Frühstück bei der leider fast allzeit alkoholisierten B&B-Mutter. Wir folgen weiter der Küstenstraße. Die ab Easky nicht nur noch schöner wird, sondern uns auch noch Rückenwind bereitet: May the wind be always at your back..."
Dartry Mountains: Tafelberge bei Moneylahan, IrlandIn Sligo flüchten wir zur Mittagspause vor dem Wind in ein kühnes Einkaufszentrum. Wo wir mit den Fahrrädern erst rausgeworfen werden, als unser Aldi-Lidl-self-catering Lunch beendet ist.
Auch 15 Kilometer nach Sligo können wir wieder, wie am Morgen, auf der Küstenstraße einer schönen, hügeligen Nebenstrecke folgen. Vorbei an Tafelbergen (Foto rechts).
Zum täglichen Regenschauer flüchten wir hier in eine offen stehende Haustür. Ein alte, gebeugte Frau begrüßt uns. Geht fast wortlos wieder in ihre Wohnung. Der Nachbar sieht uns vom Trecker aus und begibt sich wohl zur Unterstützung der alten Dame in ihre gute Stube. Als wir uns kurze Zeit später verabschieden, ist sie schon dabei Tee zu kochen.
Hinter Ballyshannon bleibt dann nur die Nationalstraße. Und einige Höhenmeter. Mühsam erreichen wir Ort und County Donegal. Auch hier ist der irische Boom angekommen. Eine schicke neue Touri-Info ist harmonisch in die Bucht gebaut. Das alte Touri-Gebäude gegenüber steht zum Kauf. Auf den neuen Bänken, auf denen wir unser fast food Abendessen einnehmen, schaut man leider nicht aufs Wasser sondern auf die neue Beton-Wand. Wir schleppen uns zurück zum Independant Hostel am Stadtrand, wo Leiterin Linda eine äußerst angenehme, freundliche, relaxte Atmosphäre verbreitet.


Radfahrn auf Irland: Immer gegen Wind und den nächsten Regenschauer gewappnet
Immer gegen Wind und den nächsten Regenschauer gewappnet: Miri


Gelebter Kolonialismus: Derry oder Londonderry?
Dienstag, 8. Juli 2008: Donegal - Raphoe - Grenze Irland/Nordirland - Derry - Portstewart (130 km)

Dank des Hostels ist das Breakfast self-gecatert und fällt dadurch mal nicht so üppig aus wie in den B&Bs. Dafür bereiten wir den ein oder anderen Imbiss für zwischendurch vor.
Am Anfang steht der lange Anstieg zum Gap Barnesmore. Bergab treibt uns der Regen unter die Büsche. Auch bei der Pause vor dem neuen Balor Arts Centre in Ballybofey (Foto ganz oben auf der Ausrüstungsseite) flüchten wir uns in eine Bushaltestelle.
Der Nachmittag wird dann immer schöner, immer sonniger, nur nicht warm. Eine sehr schöne Nebenstrecke führt uns via Raphoe schließlich über die nicht markierte Grenze nach Nordirland. Nur ein Schild weist darauf hin, dass im Unterschied zu Irland, das seit einiger Zeit auf das metrische Dezimalsystem umgestellt hat, in Nordirland Geschwindigkeits-Beschränkungen immer noch in Meilen angegeben werden.
Hauswand-Gemälde in Nordirland: YOU ARE NOW ENTERING FREE DERRY So friedlich wie an der Grenze geht es nicht weiter. An der ersten Kreuzung ist auf dem Straßenschild Richtung Londonderry "London" weiß überstrichen. Derry oder Londonderry? Ein Stück aktuelle Kolonialgeschichte. Für Großbritannien ist es Londonderry, für die Iren Derry. Schon Derry ist ein Anglizismus des alt-irischen "Daire" (= Eichen-Waldung), das im modernen Gälisch heute "Doire" geschrieben wird. So irren die Iren stets ein bisschen zwischen der längst verinnerlichten Übernahme der Sprache und Kultur ihrer Unterdrücker und Kolonialherren, den Briten, und dem umso stärkeren Stolz auf ihre Eigenständigkeit.
Geschrieben heißt der Ort fast überall Londonderry, genannt wird er überwiegend Derry. So auch in der Touri-Info. Zwei Drittel der Bevölkerung sind katholisch, irisch, ein Drittel protestantisch, britisch.
Am Fuß der Stadtmauer liegt ein katholischer Stadtteil, die Kern-Zelle des Widerstands. Eines zunächst friedlichen Widerstands, der durch die brutale Tötung von 13 bzw. 14 unbewaffneten Bürgerrechtlern durch britische Ordnungskräfte am "Bloody Sunday", dem 30. Januar 1972, zum Jahrzehnte-langen Bürgerkrieg wird. Riesige Wandgemälde (Foto rechts), ein Denkmal und ein Museum erinnern an die düstere Zeit, die hier im Sonnenschein bedrückende Geschichte aber keine unmittelbare Gegenwart mehr zu sein scheint.
Die 25 Kilometer lange Straße nach Limavady ist ein Härtetest für unsere Nerven, die folgenden Kilometer auf der B201 nach Coleraine ein Härtetest für die Bein-Muskeln. Noch mal auf 250 Meter und dann über viele Wälle bergab nach Coleraine. Zuletzt ein Radweg nach Portstewart, dem ein bisschen viktorianischen Seebad. Wo wir einen schönen Abend an der langen Hafenpromenade verbringen. Und die Sonne tatsächlich auch mal wolkenlos untergeht, fast ganz im Norden.


Rope Bridge nach Carrick-a-rede, Nordirland
Seil-Brücke nach Carrick-a-rede


Giant's Causeway, Detail, NordirlandJuwelen-Strecke Antrim Coast
Mittwoch, 9. Juli 2008: Portstewart - Giant's Causeway - Torr Head - Cushendall (74 km)

Der Chez-Nous-B&B-Papa in Portstewart ist wirklich unter unsern vielen netten GastgeberInnen der allernetteste. Zu guter letzt druckt er uns mit seinem Farbdrucker noch BBC-Wettervorhersagen selbst für die kleinsten, noch auf unserer Route liegenden Orte aus. Was die Aussichten nicht besser macht. Zwischen gestern und heute Mittag haben wir 24 Stunden Prachtwetter. Und wohl auch den schönsten Abschnitt unserer Irland-Halbrunde. Ob die Burgruine Dunluce Castel, die Vulkan-Hinterlassenschaft Giant's Causeway (Foto links)...

White Park Bay, Antrim Coast, Nordirland...die White Park Bay (Foto rechts), die Rope Bridge nach Carrick-a-rede (Foto oben) und alles, was dazwischen liegt. Die Antrim Coast ist ein Juwel voller Juwelen. Mal Steilküste, mal Sandbucht, mal alles zugleich. Und alles in der Sonne.

Französischer Weltenradler mit Hund Loulou in NordirlandAuch als das Wetter bei einer langen Mittagspause in Ballycastle wieder zuzieht, gönnen wir uns noch den Schlenker nach Torr Head. Nirgendwo auf Irland kommt man Schottland näher. 18 km sind es. Die frühen schottischen Landherren in Irland sollen zum Sonntagsgottesdienst hinübergerudert sein. Zum Mull of Kintyre (Foto unten), den Paul McCartney mit den Wings 1977 weltberühmt gemacht hat und wo er einen Landsitz haben soll.
Danach geht die Küstenstraße auf 275 m hoch, teilweise mit geschätzten 15 und gefühlten 20 Prozent Steigung. Wieder runter und noch mal auf 240 m hoch. Ob - und wenn ja, bis wann - der französische Weltenradler die mit seinem Hund Loulou (Foto links), den wir kurz nach dem Abzweig der Küstenstraße von der A2 treffen, geschafft hat, wissen wir nicht. Er hat aber auch Zelt und Isomatte auf dem schwer bepackten Rad.
Als uns die spektakuläre Route verlässt, holt uns beim Einrollen in Cushendun wieder der Regen ein. Wird aber nicht allzu stark, so dass wir uns noch recht flach bis Cushendall durchschlagen.


Mull of Kintyre - Paul McCartney's zweite Heimat in Schottland von Torr Head aus gesehen
Singing: "Mull of Kintyre" - Paul McCartney's zweite Heimat in Schottland von Torr Head aus gesehen


Chris und Miri vor der Festung von Carrickfergus, NordirlandBelfast: Frieden sieht anders aus
Donnerstag, 10. Juli 2008: Cushendall - Belfast (84 km)

Heute ist es anfangs regnerisch (es ist jeden Tag irgendwann regnerisch...), aber flach. Und schön. Die Küsten-Straße ist eine Ufer-Straße. Hindernisse sind weggesprengt. Zumindest bis Larne. Der oft geschmähten Hafenstadt. Langsam, stetig und alternativlos steigt die Straße bei Whitehead bis auf 85 m und fällt nach Carrickfergus wieder langsam ab. Unsere letzte Pause vor Belfast (Foto rechts).
Zehn Kilometer vor Nordirlands Hauptstadt beginnt ein richtiger Radweg. Die Beschilderung des National Cycle Network begleitet uns zwar schon einige Tage, aber wir konnten den Routen 92 und 93 nichts abgewinnen. Jetzt ist es ein schöner Uferweg.
Er verliert etwas in der B-Note, wenn nebenher auch mal die Autobahn verläuft und er schließlich durch Industriegebiete führt. Trotzdem eine erstklassige Route in die Stadt. Mit Blick auf das neu entstehende Titanic Viertel (die Titanic wurde in Belfast gebaut), das im ehemaligen Hafen auf der andern Seite der Bucht entsteht. Viele glänzende Neubauten prägen unsern ersten Eindruck. Das Hostel ist schmucklos. Die Innenstadt lebendig.
Am Abend machen wir uns auf den Weg in die verfeindeten Stadtviertel am Rand der Innenstadt. Zunächst die protestantische Shankill Road. Jede britische Fahne - und schon in den Ortschaften haben wir mehr als genug von ihnen gesehen, vor allem vor den "Orange Halls" - ist hier Demonstration: We are British. Wir sind die Herren. Einige warten am Straßenrand auf den Aufmarsch der Kapellen, die man näher kommen hört. Paraden. Umzüge. Hier beschränken sie sich auf die protestantische Straße. Gezwungenermaßen.
Das südlich gelegene katholische Viertel ist getrennt. Eine meterhohe Mauer, die von weiteren Metern Zaun gekrönt wird. Da fliegt nicht mal ein Fußball drüber. Und das etwa einen Kilometer lang. Wir suchen vergeblich einen Übergang. Als er kommt, besteht er aus Toren, die sich jederzeit schließen lassen. Immerhin sind sie nicht mehr mit alten Hass-Parolen bemalt. In einem Verständigungs- und Deeskalations-Projekt von Inter-Action wurden sie bemalt. Eine Wall of Peace soll entstehen.
Die Texte und Gemälde an vielen anderen Gebäuden der Shankill Road sprechen eine andere Sprache. Sprechen von Attentate, die nie verziehen werden. Auf der Springfield Road im katholischen Falls-Viertel wirkt der Hass nicht so dominierend. Der Bürgerkrieg scheint beendet. Zehn Jahre nach dem Karfreitags-Abkommen. Frieden sieht anders aus.


Protestantische Parade auf der Shankill Road in Belfast, Nordirland
Die einen prozessieren wie in alten Tagen, die andern haben andere Sorgen.

Mauerwand an der Shankill Road in Belfast, Nordirland: WE NEED SOCIAL HOUSING - NOT YUPPI APARTMENTS!!!


Britische Fahnen und die irische Fahne auf einer Paletten-Pyramide zur Siegesfeier der Oranier am 12. Juli, NordirlandDie Schlacht von Boyne und ein Foto-Finish in Newry
Freitag, 11. Juli 2008: Belfast - Portaferry - Fähre - Strangford - Newry (115 km)

In Nordirland ist nichts unpolitisch. Schon gar nicht St. Anne's Cathedral. Anglikanisch. Voller britischer Fahnen. Da wirkt der lange Spire of Hope, der sich seit dem 11. September 2007 - eingeweiht vom (anglikanischen) New Yorker Bischof Mark Sisk - hundert Meter über der Vierung als schmale helle Stahl-Speerspitze erhebt und gleichzeitig Licht ins Kircheninnere führt, schon wieder zu dominant, überdreht, überdehnt.
So wie die riesigen Burgen aus Euro-Paletten (Foto links), die wir überall sehen, geschmückt mit irischen Fahnen, die offenbar angezündet werden. Traditionell. Morgen am 12. Juli wird wieder der Sieg der Oranier mit dem protestantischen König Billy über den katholischen König James II. bei der Schlacht von Boyne im Jahr 1690 gefeiert, mit protestantischen Paraden allerorten. Der Tag ist "natürlich" staatlicher Feiertag. In Folge dieser Schlacht besaßen die wenigen britischen Adeligen 90 Prozent der Flächen. Die katholischen Bauern mussten ihnen Abgaben zahlen.
All das hören wir nicht bei der - immerhin vom National Trust verantworteten - Führung in Mount Stewart House am Strangford Lough. Hier werden die Erbauer, schottische Adelige, gefeiert als "The family that serves the Crown". Die 70-minütige Veranstaltung durch die herrschaftlichen Gemächer ist britische Staats-Ideologie pur. Die (katholische) Landbevölkerung, Hungersnöte kommen nicht vor. Schon gar nicht die Haltung der Familie in den vielen Konflikten wie dem Bürgerkrieg, der von vielen Briten in der Regel nur als "troubles" bezeichnet wird. Die Pracht des Gebäudes, der Gärten (Foto rechts und unten) und des Temple of the Winds ist unbestreitbar, umstritten aber das Recht, auf dem dieser Wohlstand entstehen konnte.

Mount Stewart Gardens am Strangford Lough, Nordirland Und so geht's weiter in Downpatrick (Foto unten vor der Routen-Karte), wo unter einer dicken Grabplatte auf dem Friedhof neben der Kirche Gebeine des heiligen Patrick, dem Missionar der Iren, liegen sollen. Erster Satz auf der Erklärtafel für Touristen: "Saint Patrick was born in Britain."
Unsere letzte Pause. In Nordirland. Bei dieser Tour. An einer Pommesbude hole ich Vinegar Chips. Die beiden Verkäuferinnen sind sich einig: der Sommer fällt in diesem Jahr in Irland aus. Die Ladies haben zum Wochenende eine zweiwöchige Reise nach Zypern gebucht. Wenn die Sonne nicht kommt, ziehn sie zu ihr.
Wir müssen noch mal im gewohnten steten irischen Auf und Ab auf 150 m in Rathfriland. Und sofort wieder runter. Eine Umgehungsstraße müsste es geben.
Fotofinish in Newry. Wir wollen den letzten Zug nach Dublin erreichen. Auf der Karte sehe ich, dass die Bahnstrecke zwei, drei Kilometer westlich von Newry verläuft. Auf Höhe des Busbahnhofs im Zentrum frage ich eine Autofahrerin. Ja, zum Bahnhof geht es noch ein paar Meilen bergauf. Das können wir kaum schaffen. In fünf Minuten fährt auch ein Bus nach Dublin. Billiger aber langsamer. Es klappt. Er hat große freie Gepäckfächer für die Fahrräder. 1025 Rad-Kilometer liegen hinter uns. 685 in Irland, 340 in Nordirland. Heute war der erste Tag ohne Regentropfen. Die erwischen uns erst, als wir in Dublin ausgestiegen sind und auf unsern Rädern zum Hostel rollen.


Mount Stewart House and Gardens am Strangford Lough, Nordirland
Mount Stewart House mit Garten am Strangford Lough


Gegenüber der Pro Cathedral in Dublin, IrlandKathedralen in Dublin und Vögelschwärme über Killarney
Samstag, 12. Juli 2008: Busfahrt Dublin - Killarney

Es bleiben ein paar Stunden für die irische Hauptstadt. Eindrücke von einer Millionenstadt. Tradition und Moderne (Foto links). Nach den Tagen in Nordirland fallen mir auch hier die Folgen der jahrhundertelangen Unterdrückung der einheimischen Katholiken verstärkt ins Auge. Zum Beispiel die beiden großen Kathedralen der (protestantischen) "Church of Ireland" und die in eine Nebenstraße abgedrängte provisorische "Pro-Cathedral" der Katholiken.
Dann eine lange Bus-Fahrt nach Limerick. Und von dort nach Killarney. Erst der letzte Busfahrer möchte Geld für den Fahrrad-Transport haben. Elf Euro pro Stück. Die irische Busgesellschaft fährt konkurrenzlos. So dreckig sind auch die Scheiben der Busse.
Nach dieser Art von Anstrengung können wir uns nicht mehr zu einem glanzvollen Pub-Abend in Killarney aufraffen. Der Abend endet unter einem von hunderten Vögeln bedeckten Himmel (Foto unten). Der irische Sommer, so weit er einer war, geht schon zu Ende.


Abendstimmung mit Vögeln in Killarney, Irland
Die Vögel: Abendstimmung in Killarney


Felsen im Atlantik, IrlandFrühlings-Tour im Sommer
Sonntag, 13. Juli 2008: Fahrt Killarney - Kerry Airport (ca. 20 km); Flug nach Frankfurt-Hahn

Der Rückweg zum Flughafen ist identisch mit unseren ersten Kilometern auf der grünen Insel. Der Regen und die Kühle blieben zuverlässige Begleiter. Nur so gedeiht das Grün. Und die vielen Hügel sind schön anzuschaun und meist auch schön zu radeln. Was fehlte, war einfach ein bisschen Sommer. So war es eine tolle Frühlings-Fahrt.


Chris on the Bike in Downpatrick, Nordirland
Chris on the Bike in Downpatrick (Foto: Mirjam Müller)


Route Irland & Nordirland: Kerry - Newry



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Irland & Nordirland: Kerry - Newry (30.6.-11.7.2008)

Details mit Geschwindigkeiten etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 30.6.2008 Kerry Airport Killarney - Gap of Dunloe Black Valley 36
2. 1.7.2008 Black Valley Windy Gap - Kenmare - Staigue Fort Waterville 82
3. 2.7.2008 Waterville Tralee Tarbert 132
4. 3.7.2008 Tarbert Fähre - Killimer - Cliffs of Moher Doolin 79
5. 4.7.2008 Doolin Fähre - Inishmore (Aran Islands) - Fähre Rossaveel 24
6. 5.7.2008 Rossaveel Maam Cross - Aghagower - Pontoon Enniscrone 142
7. 6.7.2008 Enniscrone
8. 7.7.2008 Enniscrone Sligo Donegal 127
9. 8.7.2008 Donegal Raphoe - Grenze Irland/Nordirland - Derry Portstewart 130
10. 9.7.2008 Portstewart Giant's Causeway - Torr Head Cushendall 74
11. 10.7.2008 Cushendall Belfast 84
12. 11.7.2008 Belfast Portaferry - Fähre - Strangford Newry 115
Summe 1025

Kathedral-Ruinen in Aghagower mit irischem Kreuz bei Westport, Irland
Kathedral-Ruinen in Aghagower mit irischem Kreuz


Anschluss Tour 73: Hull - Glasgow (644 km) Juli 2015

Anschluss Tour 61: New York - Detroit (1369 km) April/Mai 2012


Nächste Tour: Ostsee: Lübeck - Danzig (890 km) Juli/Aug. 2008

Vorherige Tour: Nürnberg - Prag (440 km) April 2008


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Tour 82: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) 2016
Karibik 2016
Chris Tour 91: Jerusalem - Dan - Eilat (1165 km) 2017
Negev 2017
on the Tour 96: Karibik II: Havanna - Miami (1560 km) 2018
Kuba 2018
Bike Tour 97: Kigali - Kampala - Nairobi (1136 km) 2019
Uganda 2019
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