"Tourisque" statt "Touriste" Donnerstag, 24.
Oktober 2002: Béchar - Béni Ounif - Bus - Béchar (123 km) Ab 6 Uhr
ist die Straße freigegeben. Bei Dunkelheit starte ich zur Grenze. Die
einzige Etappe der Mittelmeer-Umrundung, die ich nicht in Richtung
Jerusalem fahre. In Béni Ounif, der Nachbarstadt von Figuig, wo meine
Marokko-Tour im Mai endete, viel Militär und Polizei. Ein Soldat vermutet,
wie die meisten, ich würde hier arbeiten. Als ich ihm sage, ich gedächte,
meinen Urlaub in Algerien zu verbringen, meint er, ich sei kein "touriste"
sondern ein "tourisque". Um die Risiken zu minimieren, muss ich mich
in jeder Stadt bei der Polizei anmelden. Die Prozedur, die nicht spürbar
zu meiner Sicherheit beiträgt, wird hier und heute formlos auf einem
weißen Blatt Papier erledigt. Besonders nachteilig hat sich bereits
erwiesen, dass mein Einreisestempel von Algier nicht lesbar ist. Niemand
will mir so recht glauben, dass ich samt Fahrrad mit dem Flugzeug
angekommen bin. Endlich darf ich zur Grenzstation. Die Grenze zwischen
Marokko und Algerien ist seit acht Jahren aus Angst vor Übergreifen des
islamistischen Terrors geschlossen. Die Grenzer bemerken mich erst
reichlich spät. Dann aber werde ich wieder schriftlich registriert. Diese
Reise wird sicherlich die amtlich am umfangreichsten dokumentierte. Keine
20 Meter entfernt bin ich vor ein paar Monaten auf marokkanischer Seite langgejoggt. Mit dem
Bus fahre ich zurück. 110 Kilometer für rund 110 Eurocent, incl. Bike. Als ich in
Béchar den Vorderreifen wieder montiere, aufpumpe, den Korb installiere,
den Kilometer-Zähler anbringe, das Gepäck auflade, sammelt sich eine immer größer
und letztlich auch bedrohlich werdende Kindermenge um mich. Als die ersten
meinen, sie könnten mal klingeln oder sonstige Fahrradteile testen, bin
ich gerade fertig. Habe aber nicht bemerkt, wie mir ein Kind den Reisepass
aus dem Trikot gezogen hat. Die älteren geben ihn mir zurück.
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