Monsieur, Sie sind völlig am Ende Mittwoch, 6. November
2002: Hassi Touiel - Ghardaia (78 km) "Die Fastenzeit hat
begonnen," begrüßt mich etwas missmutig am Morgen der
Campingplatz-Besitzer. Bei Tageslicht ist der kleine Platz unter Palmen
ziemlich nett. Der große Swimmingpool leer und alles verwahrlost. Kein
Wunder. Ramadan bedeutet für mich vor allem, dass tagsüber alle Cafés
und Restaurants geschlossen sind. Wenn ich am Straßenrand etwas esse oder
trinke, dann möglichst unauffällig. Ich kenne zwar keine Unfallstatistik
für diesen Monat, aber ich versuche möglichst früh von der Straße zu
kommen, weil ich mich den nachmittäglichen Fahrern, die weder etwas
gegessen noch getrunken haben, nicht über Gebühr anvertrauen möchte. Vor
Sonnenuntergang kommt dann alles zum Erliegen. Es ist ein bisschen wie
Heiligabend. Nur völlig Heimatlose ziehen jetzt noch durch die Straßen.
Hier und da eine Armenspeisung, ansonsten isst man mit Familie und
Freunden sobald der Muezzin, in größeren Orten auch Kanonendonner, den
Sonnenuntergang verkündet hat. Erst ein paar Datteln, um den Magen wieder
an Nahrung zu gewöhnen. Dann eine Suppe. Dann etwas Festeres. Erst gegen
19, 20 Uhr öffnen wieder Geschäfte und vor allem auch die Internet-Cafés.
Der Wind kennt keine Pause. Es sind nur 77,7 km heute, aber es ist
Kampf, Kampf, Kampf. Kurz vor dem Ziel, der Mozabiten-Stadt Ghardaia, ist
zum ersten Mal etwas dichterer Verkehr. Neben der Straße wird an einer
neuen Trasse gearbeitet. Es gibt keinen Seitenstreifen. So semmelt mich um
ein Haar ein LKW-Führerhaus von der Strecke. Es ist so knapp, dass sich
der Fahrer noch mehrmals verwundert umschaut, dass ich mich immer noch in
der Vertikalen befinde. Als mir beim Abpacken des Fahrrads im Hotel das
ein oder andere hinfällt, entschuldige ich mich, ich sei ein bisschen
erschöpft. "Monsieur, Sie sind völlig am Ende", lautet die Einschätzung
von der anderen Seite der Rezeption. |