Prolog: eine halbe Stunde
Lebenszeit für die Bahnfahrkarte
Freitag, 7. August 2009: Zug Mainz - Thisted
(Dänemark) Genauer gesagt begann das Abenteuer Bahnfahrt schon
einige Tage vorher, als ich eine Fahrkarte buchen wollte. War das bei der
Fähre und beim Rückflug in wenigen Online-Schritten getan, so ist
dergleichen bei der Deutschen Bahn immer noch ein Staatsakt. Aber
unabdingbare Voraussetzung, weil der Fahrradtransport
"reservierungspflichtig" ist. Liegewagen auch und immerhin sind ja
Sommerferien, also Hauptreisezeit. Im vergangenen Jahr gab es
noch die Fahrradhotline, wo man sofort kompetente Tipps samt Buchung für
jedes beliebige Land erhielt. Jetzt ist alles zentralisiert unter
01805996633. Für schlappe 14 ct/Min. aus dem Telekom-Festnetz, man ist ja
schließlich nur Kunde. Nach einem kleinen Aufgalopp durch das
Eingangs-Menü führt die von mir gewählte Option zu dreineinhalb Minuten
Warten. Macht 64 Cent: "Ich möchte eine Fahrt nach Dänemark buchen." "Von
wo?" "Von Mainz nach Thisted." "Wie schreibt sich das?" "t-h-i-s-t-e-d."
"Wo liegt das?" "In Dänemark, wie ich bereits sagte." "Ah ja, da bin ich
nicht zuständig. Da muss ich Sie mit dem Ausland verbinden." Vielen Dank
für das Gespräch. Merke: Nicht nur Kunden können online keine
Auslands-Karten buchen, auch die eigenen Bahn-Mitarbeiter oder
Callcenter-Sklavinnen können das nicht. Es dauert auch gerade mal zehn
weitere Minuten, bis sich eine deutlich kompetentere Stimme meldet. Aber
auch mit Kompetenz dauert es knapp 16 Minuten, bis die beiden Fahrkarten
für die Fahrt von Mainz nach Struer, von Struer nach Thisted (dafür bedarf
es sogar zum Unverständnis der Dame in der Leitung einer eigenen
Fahrkarte), die beiden internationalen Fahrradkarten, die beiden
Liegewagenplätze im 6er-Abteil des City Night Line, macht summa summarum:
242,30 €. Wie viel gibt die Bahn davon für Buchung und Callcenter aus? Ich
zahle mit einer knappen halben Stunde Lebenszeit und 3,64 €
Telefongebühren. Das Ausdrucken am Automaten einige Tage später kostet
ebenfalls mehr Zeit als nötig. Die insgesamt acht (!) Fahrkarten lassen
sich natürlich nur in Mini-Etappen ausdrucken. Also muss ich jeweils von
vorn durch das Druck-Menü, nachdem ich geduldig auf den nächsten Ausdruck
gewartet habe. Dafür hat der Liegewagen tatsächlich eine ganze Menge
Fahrradstellplätze, genauer gesagt vor allem Fahrradhängeplätze (Foto
rechts) und eine Kammer, in der man Gepäck einschließen lassen kann. Was
ich, da wir erstmals mit Zelt und Isomatte unterwegs sind, gern nutze. Die
Radplätze sind nicht alle belegt, die Liegeplätze schon. In unserm 6er
Abteil fahren zwei Schwedinnen und zwei Dänen zurück aus ihrem
Sommerurlaub im "Süden", wie sie sagen: Frankreich und
Deutschland. |