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Seidenstraße: Turkmenistan


VG WORTWüste Karakum, Turkmenistan

Wüste Karakum


Teil 3
Turkmenistan (477 km)
Merw und die Wüste Karakum
Fünf Transit-Tage im Reich des Turkmenbaschi

Turkmenistan-Impressionen
Aus dem Iran kommend fallen zunächst die lachenden und offen auf uns zugehenden Frauen auf. Viele reagieren spontan begeistert auf unser unerwartetes Erscheinen. Nach je rund 50 km wartet ein Checkpoint mit obligatorischer "Registratia" auf uns. Die Soldaten sind im Gegensatz zu den sehr korrekten iranischen Sicherheitskräften relativ distanzlos. Sie klingeln mit den Schellen, legen sich probeweise auf den Triathlon-Lenker. Von ernsthaften Forderungen nach Schmiergeld bleiben wir jedoch verschont. Die Durchquerung der Karakum-Wüste ist ein Traum bei angenehm warmen Temperaturen durch Steppen- und Savannen-Landschaft, begleitet von extrem wenigem Verkehr, auf allerdings recht holpriger Straße, der Hauptverkehrsader Turkmenistans, die überwiegend keine Markierung hat. Omnipräsent der selbst für GUS-Länder exrem personenkultige Präsident auf Lebenszeit und "Turkmenbaschi" (Vater aller Turkmenen) Sapamurad Atajewitsch Nijasow.

chri-on-the-bike in der Wüste Karakum, TurkmenistanDer Grenz-Arzt und andere Kuriositäten beim Einreise-Marathon
Mittwoch, 19. Oktober 2005: ... (Grenze Iran/Turkmenistan) - Serachs - Hauz-Han (98 km)
Über eine Stahlplattenbrücke, auf deren Mitte die Fahnen von Iran und Turkmenistan flattern, rollen wir ins Abenteuer turkmenische Grenzabfertigung. Schon das erste dreiköpfige Team braucht vergleichsweise viel Zeit, um unsere Namen in eine Liste einzutragen. Währenddessen inspiziert ein weiterer Grenzsoldat meinen Fahrradcomputer und unsere Karten. Im Gegensatz zu späteren Begegnungen in Turkmenistan noch geradezu höflich.
Einen Raum weiter beschäftigen sich vier Soldaten, die sicherlich allesamt nichts zu sagen haben, ausführlich mit unseren Pässen. Schließlich kommt ein Mann ganz in Weiß. Er hat den Habitus eines Metzger-Meisters und bittet uns überraschender Weise zurück in einen Nebenraum des Listen-Raumes. Er trägt einen Mundschutz und schreibt unsere Namen in ein Buch. Dann eröffnet er uns, er sei der Grenz-Arzt, der über unsere Gesundheit zu befinden habe. Die bestätigen wir ihm eilends durch Kopfnicken.

Präsident Saparmurad Nijasow alias Turkmenbaschi (= Vater aller Turkmenen)Der nächste Abfertigungsvorgang steht an. Die Erstellung einer Transit-Visa-Karte. Für die müssen wir alle Daten unseres Reisepasses noch einmal Buchstabe für Buchstabe bestätigen, obwohl Turkmenisch längst mit lateinischer Schrift geschrieben wird. Immerhin wird alles in einem Computer festgehalten und ausgedruckt. Natürlich voller Fehler. Wir bekommen die Karte aber erst nach Bezahlung von zehn US-$ pro Mann und Maus am Nachbarschalter, der "Kassa". Zusätzlich zu den 35 €, die wir schon in Deutschland in jedes Turkmenistan-Transit-Visum investiert (Gesamtkosten der vier Visa für Aserbaidschan, Iran, Turkmenistan, Usbekistan pro Person 275 €).
Anfangs hatte die turkmenische Agentur vorgeschlagen, dass wir gemeinsam mit dem irisch-französischen Paar Jonny und Anne auf ihrer Tour Ireland - Mongolia by bike ein Touristen-Visum beantragen sollten. Das hätte bedeutet, dass wir hier an der Grenze von der Agentur begrüßt und lückenlos in Turkmenistan begleitet worden wären. Aus Zeitgründen ging das nicht. Glücklicherweise klappte es mit einem fünftägigen Transit-Visum, für das wir aber schon bei Antragstellung die genauen Tage festlegen mussten: 19. bis 23. Oktober 2005. Here we are.
Wenige Meter weiter im nächsten Raum sehen wir schon seit unserer Ankunft die älteren Herren vom Zoll in einer Art Honoratiorenrunde sitzen, in die wir nun gewisse Ungemütlichkeit bringen. Ausführlich werden wir zu unserer Radreise befragt. Ganz offensichtlich mehr aus privatem als dienstlichem Interesse. Einer muss nun eine Zollerklärung mit uns aufstellen, in der neben Kamera und Handy auch unsere beträchtlichen Barbestände an €- und $-Noten - ein Vielfaches der Grenzbeamten-Gehälter - festgehalten werden. Auf unsere Unterschrift folgen drei weitere Zöllner-Unterschriften und drei Stempel.
Vorher hat ein Unterzöllner alles Buchstabe für Buchstabe auf einen zweiten Bogen übertragen, der ebenso viele Unterschriften und Stempel erhält. Ein Exemplar müssen wir mitführen bis zur Ausreise und jederzeit vorweisen können. Dann müssen wir noch ein paar wahllos herausgegriffene Gepäckstücke durchleuchten lassen, und nach einer guten Stunde habe wir es fast geschafft. Wir tauschen noch 20 $ in der Bank, bevor uns bei der abschließenden Kontrolle durch ein weiteres Drei-Mann-Team während des obligatorischen Aufschreibens unserer Namen in ein weiteres Buch die Schwarzmarkthändler durch Zuruf einen mehr als doppelt so hohen Kurs anbieten.

Pause in der Wüste KarakumIn einem langen Bogen führt die Straße nun nach Norden zur Hauptverbindung Richtung Hauptstadt. Da wir etwas nördlicher nach Mary wollen, radeln wir von der Abzweigung entgegengesetzt in den gleichnamigen turkmenischen Ort Serachs. An der entscheidenden Kreuzung rät man uns mehrheitlich von der kürzeren Strecke ab. Nicht aus Sicherheitsgründen, wie wir es im Internet gelesen hatten, sondern wegen der Straßenverhältnisse. Wir entscheiden uns dennoch dafür und werden belohnt durch eine einsame Fahrt auf einer unmarkierten Asphaltbahn in der weiten Steppe.
Der erste Polizei-Checkpoint kostet eine Viertelstunde fürs Listen-Eintragen und steigert unser Sicherheitsgefühl. Allerdings sitzen uns die unangenehmen Begegnungen von gestern noch in allen Gliedern. Und die Anstrengungen der gestrigen 190 km samt Passfahrt stecken in unsern Knochen. Wir einigen uns frühzeitig darauf, nur bis Hauz-Han zu fahren. Erfahren am letzten Checkpoint, dass es dort auch ein Hotel gibt.
An der großen Transitstrecke und turkmenischen Hauptverkehrsstraße stehen am Ortsrand von Hauz-Han ein paar Restaurants und ein "TIR-Park". LKW-Fahrer können hier in ihren Wagen schlafen oder in ganz einfachen Zimmern mit unbezogenen Betten und einer unter Gas-Volldampf stehenden Dusche samt Toilette auf dem Flur. Wir bleiben. Und zahlen für Zimmer samt Abendessen mit Borjomi-Mineralwasser, Sprite, Fisch, Salat, Brot umgerechnet sieben $ (3,5 $ Schwarzmarktkurs). Essen und Rechnung präsentiert von Marina, einer schönen und sympathischen jungen Frau, die in dem LKW-Ambiente völlig deplatziert wirkt.

Mausoleum Sultan Sandschar in MerwJeder meint, Klingel, Karte und Triathlon-Lenker ausprobieren zu dürfen
Donnerstag, 20. Oktober 2005: Hauz-Han - Mary - Merw - Bayram Ali (117 km)
Frühes Frühstück im TIR-Park. Ein LKW verstellt den Sonnenaufgang. Es ist noch kühl. Der Wind nicht ganz so rückenwindig wie in den letzten Tagen. Wir eilen durch Mary. Überall schaut einem der Alleinherrscher Saparmurad Nijasow, Präsident Turkmenistans, der sich Turkmenbaschi (= Vater aller Turkmenen) nennen lässt, entgegen. Meist vergoldet. In Bayram Ali dauert es etwas, bis wir das Sowjet-Block-Hotel gefunden haben.
Ohne Gepäck radeln wir zu dem riesigen Ausgrabungsfeld von Merw, an dessen Rand der junge Ort Bayram Ali liegt. Drei etwa 14 Jahre alte Radler eskortieren uns ungebeten. Am Mausoleum Sultan Sandschar (Foto links) begegnen wir einer Studiosus-Reisegruppe. Die turkmenische Reiseleiterin ist etwas perplex, dass wir mit einem Transit-Visum einfach so durchs Land ziehen können ohne offizielle turkmenische Begleitung, bietet uns dann aber sehr freundlich an, sich ihrer Führung anzuschließen.
Die deutschen Touris sind sehr interessiert an uns, schenken uns zwei Flaschen Wasser, von denen wir eine den Jungs geben, die sich nach und nach als bestens erzogen und russisch- wie deutsch-sprachig erweisen. Auch sie erhöhen unser Sicherheitsgefühl, nachdem doch einige merkwürdige Typen im Laufe des Tages in unserm Umfeld aufgekreuzt sind. Und jeder, auch die Soldaten, meinen, Klingel, Karte und Triathlon-Lenker selbst ausprobieren zu dürfen. Erst auf dem Heimweg nach einem grandiosen Sonnenuntergang (Foto unten), als die Jungs aus unserer Eskorte sicher nicht mehr pünktlich heimkommen, zeigt sich, dass ihre Fahrräder, bei deren Zustand wir allerorten über die Fahrleistungen staunen, sehr labil sind. Wir warten und versuchen zu helfen, wenn die Jungs eine Panne haben.


Baumwolle

Baumwolle erntereif


Motel Repetek?Sturz auf Schotter
Freitag, 21. Oktober 2005: Bayram Ali - Karakum-Wüste - Repetek (150 km)
Ich stürze. Schon eine Stunde nach dem Start. Auf einer ebenen Brücke gerate ich von der Fahrbahn ab auf Schotter. Komme ins Wanken und kann dank Triathlonlenker und Clickpedalen nichts mehr ausgleichen. Stürze auf die rechte Seite, ganz zuletzt knallt auch der Kopf auf die rechte Seite. Zum Glück trage ich den Helm, der nunmehr ramponiert ist. Nur ein paar Schürfwunden.
Rückenwind treibt uns weiter nach Nordost.
Heute Steppe, Savanne, Wüste. Sogar Sanddünen bis auf die Fahrbahn (Foto Equipment-Seite oben). Wo Wasser ist, gedeiht auch Baumwolle (Foto oben). Zugleich ist es kälter als an den Tagen zuvor, trotz strahlendem Sonnenschein. Eine sehr angenehme Durchquerung der Wüste Karakum. Sehr wenig Verkehr. Drei Mal drängen uns entgegenkommende Fahrer durch ihr Überholmanöver in den Schotter. In der Einsamkeit der flachen Wüstenfläche hoffen wir auf ein "Motel Repetek", von dem ein Email-Schreiber uns aus Turkmenabat berichtete. Vor Ort entdecken wir nur ein Café, in dem uns die extrem freundliche und hilfsbereite KellnerInnen-Truppe zwei Böden zum Schlafen anbieten: Entweder im Zimmer neben der Gaststube mit dem dröhnenden Fernseher oder eine Etage tiefer auf dem kalten Keller-Boden. Letzteres ist unsere Wahl (Foto rechts).

Sowjetischer Wohnblock in Turkmenabat (früher Chardjui, Charjou, Chardzhev, Chärjew, Çärjew, Tschardschou)Turkmenistan bleibt Wüste
Samstag, 22. Oktober 2005: Repetek - Karakum-Wüste - Turkmenabat (79 km)
Halsschmerzen dank der Nacht auf der Aludecke und dem gar nicht so kalten Boden. Gegenwind aus Nordwest. Mühsame Fahrt. 14,1 km/h. Freude über ein kleines Café nach 30 km zum Frühstück. Wir kämpfen uns bis Turkmenabat, früher Chardjui, Charjou, Chardzhev, Chärjew, Çärjew oder Tschardschou.
Während wir uns in der etwas unübersichtlichen Stadt versuchen zu orientieren spricht uns Sweta an. Eine Schülerin mit sehr guten Deutsch-Kenntnissen. Doch schnell zieht sie sich wieder ins Auto ihrer Eltern zurück. Etwas mühsam finden wir ein völlig überteuertes Hotel. Haben dank der kurzen Etappe viel Zeit zum Schlendern durch die Stadt. Die aber keinen Charme versprüht (Foto links). Turkmenistan bleibt Wüste

Kanal KarakumIrgendwo im Nirgendwo: Magenschmerzen
Sonntag, 23. Oktober 2005: Turkmenabat - (Grenze Turkmenistan/Usbekistan) - ... (33 km)
Mir geht es schlecht. Den ganzen Tag. Magenschmerzen. Gestern abend haben wir im vom Lonely Planet empfohlenen Restaurant in Turkmenabat festlich gegessen. Später lesen wir im Internet, dass dieses Restaurant auch schon andere Radler außer Gefecht gesetzt hat. Ich fahre den ganzen Tag im Windschatten von Miri. Und die fährt gegen den Gegenwind, der erst am Abend nachlässt.
Ganz gemächlich zuckeln wir übers Land. Zuerst durch Ackerbau und Viehzucht an beiden Ufern des mächtigen Amur-Darya alias Oxus, den wir auf einer Ponton-Brücke hinter uns lassen.
Sonntagmorgen. Viele Menschen führen Vieh am Seil mit sich. Irgendwo ist Viehmarkt. Und gleich sind wir wieder in der sandigen Wüste, wo uns der Amur-Buchara-Kanal begleitet umgeben von herbstlich gefärbten Bäumen. Irgendwo im Nirgendwo ist der Grenzübergang. Die Turkmenen wollen nicht mal die Zollerklärung sehen, die Usbeken lassen uns die Rucksäcke auspacken... (Fortsetzung: Teil 4: Usbekistan (372 km) Seidenstraße pur: Buchara und Samarkand - Weiterträumen im Hostel Bahodir)


Route Baku - Samarkand



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Seidenstraße-Etappen Turkmenistan (19.-23.10.2005)

Details mit Geschwindigkeiten etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
... ... ... ... ... ...
19. 19.10.2005 ... (Grenze Iran/Turkmenistan) - Serachs Hauz-Han 98
20. 20.10.2005 Hauz-Han Mary - Merw Bayram Ali 117
21. 21.10.2005 Bayram Ali Karakum-Wüste Repetek 150
22. 22.10.2005 Repetek Karakum-Wüste Turkmenabat 79
23. 23.10.2005 Turkmenabat (Grenze Turkmenistan/Usbekistan) ... 33
... ... ... ... ... ...
Summe Turkmenistan 477

Sonnenuntergang in Merw

Sonnenuntergang in Merw


Teil 4
Usbekistan (372 km)
Seidenstraße pur: Buchara und Samarkand
Weiterträumen im Hostel Bahodir

Zur ganzen Tour 27: Baku - Samarkand (2707 km) Okt. 2005


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