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Tour 48: Karakorum-Highway (1010 km) |
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Teil 1 |
Schürfwunden und Prellungen beim Rolltreppen-Rodeo
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Prolog: Hitzetest in Abu Dhabi
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Wir trampen zurück in die Stadt. Der erste nimmt uns mit. Kamal, ein Palästinenser aus Damaskus, dessen Familie 1948 aus Haifa vertrieben wurde. Er will uns nicht einfach so in der Stadt absetzen. Obwohl er krank ist und deshalb heut nicht als Vorarbeiter in seiner Ölförderanlage arbeitet, fährt er uns in den Hafen von Abu Dhabi. Zu seinem Lieblingscafé, in dem wir Tee mit frischer Minze bekommen. |
Am Nachmittag sind wir zurück am Flughafen. Janneke ist froh, nicht noch länger Abu Dhabi gebucht zu haben. Bei der ersten Handgepäckkontrolle wandert die Zange unbeanstandet durch. Im Food Court des neuen Terminals nicke ich ein, während Janneke liest. Dann hilft sie mir mit dem Hinweis, dass die kostenlosen Internet-Terminals links von der Kontrolle wesentlich schneller sind als die auf der andern Seite. Aber so richtig surfen im Stehen bringt es auch nicht. Als ich zum alten Terminal weiter muss, steht eine weitere Handgepäckkontrolle an, der diesmal meine Zange zum Opfer fählt. Die Fehlinvestition von fünf Euro lässt sich verschmerzen. |
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Sonntagmorgen in Pakistan und das Mädchen von der Müllhalde
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Als ich das Museum von Taxila samt seinem Park nach 40 Kilometern erreiche, ist für mich gefühlter später Vormittag. Überall schwirren Leute umher. Den Kartenkäufer kann ich nur zu einem "It's closed" bewegen. Zum Glück kommt ein anderer herbei und meint, in fünf Minuten würden Museum und Kartenverkauf geöffnet. Das ist doch mal 'ne echte Inforamtion. Logo, es ist ja auch erst fünf vor acht. |
Taxila ist das Portal zu einer Nebenstrecke, die kürzer, weniger befahren, wunderschön und wild ist. Die Straße führt oberhalb eines Flusses entlang, gegenüber liegende Ortschaften per Seilwinde verbindend. |
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80 km vom Swat-Tal: Taliban-Anschlag auf dem Karakorum-Highway
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Am Ortseingang von Thakot lasse ich mich am Überland-Bus-Rastplatz nieder. Es ist 14 Uhr. Eigentlich schon zu spät, zu heiß. Aber es ging zuletzt bergab, es gab keine echten Rastmöglichkeiten und so hab ich heute schon den Pflichtteil von 120 Kilometer hinter mir. Will bis 17 Uhr bleiben. Bis zum nächsten Hotel in dem sicheren oder unsicheren Besham sind es noch - vermutlich flache - 34 km. |
Es ist ziemlich genau 15 Uhr, als ein großer Knall die Beschaulichkeit verscheucht. Wie auf einen Befehl rennen die Menschen unter dem Vordach und seinen Hinterzimmern hinaus ins Freie. Keine Frage: die Menschen denken an ein Erdbeben, vor allem das verheerende von 2005. Der Himalaya und seine Randgebirge wie der Karakorum sind das jüngste Hochgebirge auf der Welt. Und das sich am schnellsten verändernde. Die indische Platte schiebt sich auf die asiatischen Landmassen. Folge: viele kleine und gelegentlich größere Erdbeben. |
Dann ist alle Ruhe dahin. Ständig sprechen mich Menschen an. Ja, es habe ein Attentat gegeben. Mit Todesopfern. Wenige Minuten nach dem Anschlag rasen kleine Suzuki-Krankenwagen vorbei. Soldaten in offenen Jeeps fahren zur Brücke über den Fluss. |
In der Querstraße stauen sich Wagen. Über und über mit Menschen beladen. Das Phänomen begleitet mich seit gestern Morgen. Es auf der Überlandstraße gibt wenige Privatwagen und sehr viel mehr Transportwagen, auf denen die Menschen auf der hinteren Stoßstange stehen, sich irgendwie am Fahrzeug festhalten, obenauf sitzen, oder an der Seite hängen. Jeder kleinste Unfall muss für viele von ihnen tödlich enden. |
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Bewaffnete Moped-Teams, Polizei-Transporte und Anti-Terror-Squads in Indus-Kohistan
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Die nächste unangenehme Überraschung: ab jetzt habe ich Polizeischutz, Polizeibegleitung, eine Polizeieskorte. Das ist unangenehm. Weniger wegen der unablässigen Kontrolle und Beobachtung, sondern vor allem, weil ich seit gestern weiß, dass die Taliban sich auf die Sicherheitskräfte konzentrieren. Mein persönliches Risiko vervielfacht sich also durch den Polizei-"schutz", in der Regel ein Polizisten-Duo auf dem Moped: der eine fährt, der andere sitzt mit Knarre hintendrauf. Von Checkpoint zu Checkpoint, die meist etwa 20 Kilometer voneinander entfernt sind, werden sie abgelöst. Beim ersten Wechsel werd ich zur Einstimmung zum Tee eingeladen. Hier meist schwarzer Tee mit Milch und Zucker. |
Die Moped-Teams (Foto links) ersparen mir vermutlich auch manchen Steinwurf, der sonst in dieser Gegend als obligatorisch gilt. Für die Polizei-Soldaten ist es mühsam. Die Strecke ist schlecht, geht stetig auf und ab. Ich bin entsprechend langsam. Und die Autozwangsfahrt hat mich zusätzlich aus dem Rhythmus gebracht. |
Kurz nach Mittag erreichen wir Dasu. Ich will noch früher Pause machen als gestern. Außerdem kommt danach recht wenig. Ich habe meine Überlegungen ohne die Polizei gemacht. Die scheint ihre Anstrengungen deutlich zu erhöhen. Ein Polizeiwagen fährt auf der Straße auf und ab, alle paar Meter steht ein Polizist Spalier. Als ich spontan vor einem offenen very basic restaurant halte, muss ich mich rechtfertigen. Ein Polizist, der anders als die Moped-Crew sehr westlich, Sheriff-mäßig gekleidet ist, postiert sich neben meinem Fahrrad. |
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Als er sich später demonstrativ vor das Restaurant stellt, lese ich, was auf seinem Rücken steht: "Anti Terror Squad". Ich bekomme ein sehr leckeres, scharfes Omlette. Für das die Eier eigens eingekauft werden. Da es noch früher noch heißer als gestern ist, wieder über 40 Grad, will ich eine längere Pause einlegen. |
Zwölf Kilometer weiter erreiche ich Barsin (Barseen). Das hat reichlich Kraft gekostet. Und obwohl gerade jezt Wolken aufziehen, lasse ich mich im Motel von Barsin nieder. Governmental. Staatlich. Mit Kakerlaken, dreckigen Handtüchern, dreckiger Bettwäsche, dafür doppelt so teurer wie die bisherigen privaten Hotels. Mit schleimigem Manager.
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"Bismallah": Linsen-Gericht als Wendepunkt
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Die Strecke ist seit Dasu wieder viel besser. Dann offenbart sich die Zuvorkommenheit der Polizisten. Sie bitten mich um Geld. Der Treibstoff sei teuer, Pakistan arm. Das stimmt. Aber ich geb natürlich nix. Bei der Übergabe ans nächste Moped-Security-Team profitiere ich schon davon. Die Kollegen werden gleich informiert, dass bei mir nix zu holen ist. So interpretiere ich zumindest das, was ich in den Mienen lese. |
Trotz 46 Grad auf dem Bike-Computer fahre ich durch die Mittagshitze. Das Ziel, Chilas (sprich: Tschi-láaas) ist zu nah. Eigentlich müsste ich schon ab 13 Uhr pausieren. In der Ferne ragt die 8126 Meter hohe weiße Spitze des Nanga Parbat über allen Bergen. Praktisch wolkenfrei. Zu weit entfernt für ein Foto, groß genug zum Staunen. Um 14 Uhr erreiche ich die Unter-Stadt von Chilas und mache mich an den drei Kilometer langen Aufstieg zur Oberstadt auf 200 Höhenmetern in der größten Hitze. |
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Die 49-Grad-Pause, der geplatzte Schlauch und das amerikanische Geld
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Obwohl ich um mein heutiges Zeitdefizit weiß, freue ich mich, endlich andern Radlern zu begegnen. Ein Paar aus Katalonien kommt mir entgegen. David und Blanca. Mit nahezu keinem Gepäck. Ich, lange Zeit und subjektiv immer noch ein Gepäckminimalist, kann meinen Augen kaum trauen: diese paar Habseligkeiten hinten auf die Räder geschnallt. Nicht schlecht auch die landestypischen Oberteile mit langen Ärmeln. An die Anschaffung habe ich in den letzten Tagen schon gedacht, nur nie was Geeignetes gesehen. |
Häufige Begegnungen dagegen habe ich mit einem Hühnerhändler. Ständig überholt er mich, kommt mir entgegen. Im Laufe des Vormittags deckt er die Hühner mit Zweigen vom Wegesrand ab, damit sie nicht zu sehr in der Hitze leiden. In der sie auf dem Wagen Feder an Feder eingepfercht sind (Foto links). |
Mittagspause. Wieder zu spät. Aber wenn ich erst so spät loskomme? Mit Mühe finde ich überhaupt einen kleinen Vorsprung, unter den ich mich flüchte, fallen lasse (Foto rechts). Restlos erschöpft. Wo ist all die Kraft hin? Das Fahrrad muss ich in sengender Hitze stehen lassen (Foto unten). Es geht nicht anders. Es gibt keinen Schatten.
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Am Ende der Steigung ein Dorf. Wieder ganz urige Arche-Typen. Ich lasse mich fotografieren, damit die Typen mit aufs Bild kommen (Foto links). Traue mich nicht, nach Porträts zu fragen. Investiere meine letzten Rupien in eine anderthalb-Liter-Flasche Limo. Alles wird grenzwertig. Nach dem Ort folgt eine weite Ebene. Mittendrin eine chinesische Wander-Fabrik zur Produktion von Straßenbelägen.
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Es wird dunkel. Die Straße steigt. Der Verkehr nimmt zu. Die Kräfte gehen gegen Null.
Die Sonne geht unter. Es sind noch knapp 20 Kilometer bis Gilgit: zu Geld, Hotels, Essen, allem. Er will nicht mehr. Mein Körper gehorcht nicht mehr. Mein Kopf kann sich alle erdenkliche Mühe geben, aber er will selber nicht mehr. In einer Kurve weiche ich hinter die von einem Mini-Hügel geschützte frühere Asche-Kurve aus (N 35,871970, O 74,460836). Hocke mich nieder mit Blick auf die grünen Weiten von Chhamongarh
auf der anderen Seite des Gilgitflusses.
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"Du musst zugeben, dass Du schon ein bisschen verrückt bist"
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Ein kleiner Spaziergang zum nicht beschilderten Money Change macht mich endlich wieder flüssig. Decke mich mit Lebensmitteln ein. Ruhe mich noch ein bisschen aus. Doch am späten Vormittag, als es in dem Stadt-Tal schon fast wieder zu heiß zum Fahren ist, breche ich auf. Kann eine Stunde ganz gut fahren. Flüchte mich dann in einen Oasen-Garten. Und schlafe einfach ein. Das passierte auch gestern schon. Ich halte irgendwo an. Kaum sitze ich auf einem Stein, schlummer ich weg. Heute fehlt am Ende meine Sonnenbrille. Ich kann nicht sagen, wie sie weg gekommen ist. Ich weiß nur, es ist meine erste Tour, auf die ich zwei Sonnenbrillen mitgenommen habe. Alhamdulillah. Zwischen zwei Schlafphasen bekomme ich Mandeln und Maoam geschenkt. Vive la vie. |
Auffällig auch, ich mache kaum noch Fotos. Obwohl die Landschaft danach schreit, fotografiert zu werden. Das Tagebuch besteht nur noch aus wenigen Stichworten. Die Kräfte fehlen. In der Hochstimmung der ersten Tage zu wenig gegessen, zu wenig Kräfte geschont. So stammt das Foto rechts von Pakistanis aus einem vorbei fahrenden Auto. Spontan möchten sie mit mir fotografiert werden. Und: sie mailen mir tatsächlich ein paar Wochen später das Bild. Thank you, Tarik and Naved!
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Hunger statt Hunza-Hype: alles ist offen
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Teil 2 |
Zur ganzen Tour 48: Karakorum-Highway (1010 km) Juni/Juli 2009 |
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Route Karakorum-Highway |
Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen |
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Höhenprofil Karakorum-Highway |
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Etappen Karakorum-Highway (21.6.-1.7.2009) |
Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle |
Tag | Datum | Start | Zwischenstationen | Ziel | km |
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1. | 21.6.2009 | Islamabad | Taxila | Abbottabad | 121 |
2. | 22.6.2009 | Abbottabad | Thakot | Besham | 154 |
3. | 23.6.2009 | Besham | [Polizei-Transport 18 km] - Dasu | Barsin | 69 |
4. | 24.6.2009 | Barsin | Chilas | 119 | |
5. | 25.6.2009 | Chilas | KKH-km 530 | 115 | |
6. | 26.6.2009 | KKH-km 530 | Gilgit | Ghulmet | 95 |
7. | 27.6.2009 | Ghulmet | Gulmit | Sost | 120 |
8. | 28.6.2009 | Sost | Koksil | 64 | |
9. | 29.6.2009 | Koksil | Khunjerab-Pass (4733 m) - Koksil | Sost | 106 |
10. | 30.6.2009 | Sost - Bustransport (Grenze Pakistan/China) - Tashkurgan | |||
11. | 1.7.2009 | Tashkurgan | km-Stein 1751 | 47 | |
Summe | 1010 |
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