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Tour 16: Rom - Jerba (1741 km)


VG WORTSand-Straße am Strand von Jerba

Das Ziel: Jerba


Live-Ticker-Diary & Routen-Karte & Etappen-Übersicht
Rom - Jerba (24.3.-6.4.2002)
Geldwäsche bei der Mafia - Sandsturm in Tunesien

Nachgeworfenes Rücklicht
Palmsonntag, 24. März 2002: Rom (Fiumicino) - Ostia - Nettuno - Terracina - Sperlonga (142 km)
Immer wieder erstaunlich, wie viel und was alles an einem Fahrrad auf den paar Metern zwischen Gepäckabgabe und Flugzeug kaputt gehen kann. Diesmal Bremskabel raus, Lichtleitung ab, die Plastikscheibe hinter der Gangschaltung am Hinterrad im Eimer. Und der Halter für den Kilometerzähler ist zerbrochen. Mit Paketklebeband füge ich die Kontakte notdürftig zusammen, da bekommt ein Leidensgenosse noch mein Rücklicht vom Gepäckservice nachgeworfen. Es kann losgehen.
Der erste Italiener fragt, ob ich von Deutschland hierher geradelt sei. Nein, muss ich ehrlicher Weise sagen, eigentlich vom Nordkap, oder von Jerusalem, oder von da, wo ich hinwill: Jerba. Der nächste will wissen, wie lange ich denn schon unterwegs sei. Na ja, ein Tag, ein Monat, ein Jahr, wie man rechnet, eigentlich schon 20 Jahre. Aber das klingt wieder ein bisschen lahm.

Bergiges Sizilien: Pause Gleichnamige Pizzen
Montag, 25. März 2002: Sperlonga - Neapel - Pompeji (143 km)
O mia bella Napoli: Schon 20 Kilometer vor der Stadt bieten afrikanische Prostituierte, zu zweit oder zu dritt im Schilfgras hinter der Leitplanke sitzend, ihre Dienste an. Der Saal mit den Prostitutions-Darstellungen aus Pompeji ist in Neapels Archäologischem Nationalmuseum dagegen nur mit Sondergenehmigung zu Studienzwecken zu besichtigen. Neapel und der Vesuv, einem größeren Publikum in Deutschland durch die gleichnamigen Pizzen Napoli und Vesuvio bekannt geworden, präsentieren sich recht harmlos. Fahrradfahrer sehe ich dagegen keine in der Stadt, nicht einmal ein abgestelltes Rad. Kein Wunder, dass die Girlies am Straßenrand mir hinterherkreischen.
Bis Pompeji ein einziger Stau bei Dunkelheit. Ich wechsle zwischen dem rechten Rand, wo mich ständig sich unerwartet öffnende Türen von parkenden Autos bedrohen und der Straßenmitte, die auch nicht völlig ungefährlich scheint.

Cilento-Pässe bis in den Himmel
Dienstag, 26. März 2002: Pompeji - Paestum - Palinuro (140 km)
Pompeji ist - wie außer den Mittagsstunden bisher alles - kalt. Viele Villen sind für Besucher geschlossen. Aber es gibt genug zu sehen. Capri lasse ich rechts liegen. Die Sonne bricht erst durch die Wolken hinter den drei Tempeln von Pästum: über dem Cilento, wo die Pässe bis fast an den Himmel reichen.

Frau am Steuer: Schimpfkanonade
Mittwoch, 27. März 2002: Palinuro - Paola (150 km)
Wie bekomme ich das Laktat aus der Brust? Vom Bergfahren ist der ganze Oberkörper übersäuert. Kurz vor Schluss zwingt mich eine Autofahrerin zu einem radikalen Brems- und Ausweichmanöver. Wie einige Italiener vor ihr ist sie einfach in die Straße eingebogen - ohne zu gucken. Als ich sie einhole entlädt sich in einer Schimpfkanonade mein aufgestauter Ärger... und meine Erschöpfung.

Ä-u-rrro: das Geld liegt auf der Straße
Gründonnerstag, 28. März 2002: Paola - Palmi (153 km)
Vorösterliches Münzensuchen am Straßenrand. Was in der Sonne glitzert, erweist sich als 58 - teilweise bis zur Unkenntlichkeit überfahrene - Geldstücke des Jahrgangs 2002 im Gesamtwert von 16,20 Euro (sprich: Ä-u-rrro) [umgerechnet 16,20 Euro...]. Im 47 T-Euro Hotelzimmer mit Durchhängematratze, nur symbolischer Heizung, Bad ohne Luftabzug und Duschkopfhalter, dafür das altmodische Muster von Tapete und Vorhang völlig identisch, folgt die Geldwäsche im Waschbecken. Laut Reiseführer ist der Ort Mafia-Hochburg.

Forza mit Turnschuh
Karfreitag, 29. März 2002: Palmi - Villa San Giovanni - Fähre - Messina - Capo d'Orlando (145 km)
Mit der Fähre von Europa nach Sizilien, nach Messina, wo die Via Palermo auf wenigen Kilometern bis auf 460 Meter Höhe führt. Am nächsten Pass überholen mich mal wieder zig Rennradler. Zwei ganz junge haben einen Begleitwagen, aus dem mir der Trainer zuruft: Forza. Die Leichtigkeit, mit der alle den Berg erstürmen, reißt mit. Es wäre noch mitreißender, hätte es mein Fahrradhändler innerhalb von drei Monaten geschafft, das Ersatzteil an der linken Pedale, das beim Anstieg auf Jerusalem irgendwo in den Judäischen Bergen blieb, zu besorgen. So muss ich mit meinen Turnschuhen strampeln.

Traumhaftes Cefalu, SizilienTiefdunkle Osternacht in Palermo
Karsamstag, 30. März 2002: Capo d'Orlando - Cefalu - Palermo (156 km)
Cefalu - eine mittelalterliche Perle mit normannischem Dom: ich mache das erste Foto der Tour (rechts).
Palermo übersteigt alles: selbst am Abend faszinieren die verlassenen tiefdunklen Gassen, in denen hinter jeder Ecke die brillante Fassade einer Kirche oder eines Palazzos auftaucht. Schließlich lande ich zur Osternachtfeier in der Kathedrale, wo die Sizilianer vom liturgischen Geschehen ungerührt auf und ab promenieren.

Hinweisschild zum Örtchen Vita, Provinz Trapani - Verkehrsschild auf SizilienDer treue 30-Stundenkilometer-Hund
Ostersonntag, 31. März 2002: Palermo - Monreal - Alcamo - Trapani (104 km)
Ostermorgenspaziergang durch Palermo: Kirchen im Kreuzfahrerstil, Barock ohne Ende, belebte Gottesdienste und offene Märkte am Ballaro. Rund um den neuen bombastischen Justizpalast Carabinieris in schusssicherer Weste. Ostern 2002: Palermo lebt.
Nach Monreal über der Stadt zum normannischen Dom mit der größten Mosaikfläche nach der Hagia Sophia sind es neun Kilometer Anstieg. Als Fahrradfahrer bekomme ich dafür kostenlosen Eintritt in den romanisch-arabesken Kreuzgang. Danach geht es weiter bergauf, bergauf, bergauf. Die bisher mit Abstand kürzeste Etappe zieht sich über ungeahnte Höhen bis in den letzten Zipfel Siziliens. Plötzlich verfolgt mich ein Hund. In bester Absicht. Keine Agression. Aber er wechselt die Seiten bei ständigem Verkehr, gefährdet sich, mich, alle. Endlich Gefälle. Ich hänge ihn ab. Wenige Kilometer später ist er plötzlich wieder mit hängender Zunge neben mir. Bei 30 km/h. Doch dann kommt wieder eine Abfahrt.

Hotelzimmer in Hammam Lif, TunesienKarthago in der Abendsonne
Ostermontag, 1. April 2002: Trapani - Fähre nach Tunis - Hammam Lif (18 km)
Acht Stunden mit der Fähre nach Afrika. Mit an Bord ein älteres holländisches Paar, das in acht Jahren 20.000 Kilometer geradelt ist, davon 6.000 von L.A. nach N.Y. - alles auf dem Tandem.
Schon taucht Karthago in der Abendsonne auf. Nach einigen Kilometern zwischen Hafen und Raffinerien dann wieder mitten unter den netten Tunesiern, mitten in der arabischen Welt.

Chris an den deutschen Kriegsgräbern von Borj Cedria, Tunesien Gegenwind, Regen, Raucher: Kurz-Etappe ins Touristenparadies
Dienstag, 2. April 2002: Hammam Lif - Borj Cedria - Hammamet (51 km)
Gegenwind total. Frontal. Kurz hinter Hammam Lif deutsche Kriegsgräber: Borj Cedria. Was mit der Niederlage von El Alamein begann, endete hier mit der Kapitulationserklärung. 8.562 Soldaten sind an diesem Ort bestattet (Foto links), die meisten wurden nur rund 20 Jahre alt.
Als mir Steine hinterher fliegen, halte ich an und versuche mit den Jungen zu sprechen. Der oder die Steinewerfer haben sich verdrückt, ein anderer fragt nach Zigaretten, was ihnen einen Vortrag über die Vorzüge des Nichtrauchens einbringt. Dann regnet es. Stundenlanger Landregen. Ich halte in Tunesiens Touristenhochburg Nr. 1 - Hammamet.

Chris on the Bike am Triumphbogen von Pheradi Maius, TunesienAbstecher zum römischen Triumphbogen
Mittwoch, 3. April 2002: Hammamet - Pheradi Maius - Uppena - Hergla - Sousse (114 km)
Über Nacht hat sich der Wind gedreht. Und es ist wärmer. Erstmalig fahre ich kurzärmelig und mit kurzer Radlerhose. Von Touristenzentrum zu Touristenzentrum mit einem Abstecher zum römischen Triumphbogen von Pheradi Maius. Kurz vor Sousse dann wieder Regen.

Olivenplantagen in Tunesien mit Staiger-RadNerven-Zerrung: Sandsturm all over
Donnerstag, 4. April 2002: Sousse - El Jem - Sfax (139 km)
Wieder hat sich der Wind gedreht; Westwind, Seitenwind, Seitensturm. Zunächst bei strahlend blauem Himmel. Ich komme erst spät los. Das Gespräch am Frühstückstisch war spannend, die Schilderung des Sandsturms lebhaft. Dann noch der erste Platten - am günstigsten Ort: morgens im Hotel.
Der Sturm zerrt an allem, auch an den Nerven. Beide Hände immer fest am Lenker. Die Straße ist schmal, der Verkehr lebhaft. Tausend Prozent Konzentration. Viele Pausen. Eine in El Jem am drittgrößten Amphitheater der Antike. Dann verdunkelt sich die Sonne, Sandsturm all over. Keine hundert Meter Sicht. Die letzten anderthalb Stunden mit Dyamo durch die dunkle Nacht nach Sfax, klingt wie S-VHS oder shtml, ist aber Tunesiens zweitgrößte Stadt.

Präsidenten-Blutspende für Palästina
Hinterrad und Palmen in der Oase von GabèsFreitag, 5. April 2002: Sfax - Borj Younga - Gabès (150 km)
Palästina-Demos im ganzen Land. Tausende, vor allem Jugendliche, laufen durch Sfax. Mit Fotos von Felsendom und Arafat, "Liberty for Palestine". Auch in kleineren Orten wird die Palästina-Fahne durch die Straßen getragen. Selbst als die Demos längst gelaufen sind, rufen mir Kinder und Bauern mit der Harke auf der Schulter zu: Palestine, Palestine, Palestine. In den französisch-tunesischen Zeitungen Karikaturen von "Adolphe Sharon" und: Präsident Ben Ali hat sich, nachdem er tagelang zu Blutspenden für Palästina aufgerufen hat, nun selbst anzapfen lassen.
Nach Tagen enden plötzlich die Oliven-Plantagen und am Abend die erste große Oase: Gabès.

Vorderrad auf Sand in Jerba, TunesienWind aus dem Erdkunde-Unterricht
Samstag, 6. April 2002: Gabès - Chenini - Jorf - Fähre nach Jerba - Ajim - Borj Jilij - Houmt Souk (136 km)
Premiere auf der letzten Etappe: Die Sonne scheint und es ist warm. Als Prolog ein zehn-Kilometer-Rundkurs durch die Palmenoase, den riesigen Palmenwald rund um Gabès (Foto rechts mit Spuren der Sandstürme). Ab Mittag bläst der Wind wieder frontal von vorne. Wohl der Nord-Ost-Passat zum Äquator aus dem Erdkunde-Unterricht. Bei Kilometer 1.698, acht Kilometer vor der Fähre nach Jerba, der zweite Platten. Diesmal vorne. Vermutlich wieder einer kleinen Offroad-Fahrt zu verdanken und dem nicht mehr sehr ausgeprägten Profil des Mantels - nach 10.000 Kilometern... Trotzdem nehme ich auf der Insel die Lehm-Sandpiste am Ufer entlang. Traumhaft bis zur Müllkippe, kurz vor der Inselhauptstadt Houmt Souk. Ziel erreicht.


Route Rom - Jerba



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Rom - Neapel - Palermo - Tunis - Jerba (24.3.-6.4.2002)

Details mit Geschwindigkeiten etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 24.3.2002 Rom (Fiumicino) Ostia - Nettuno - Terracina Sperlonga 142
2. 25.3.2002 Sperlonga Neapel Pompeji 143
3. 26.3.2002 Pompeji Paestum Palinuro 140
4. 27.3.2002 Palinuro Paola 150
5. 28.3.2002 Paola Palmi 153
6. 29.3.2002 Palmi Villa San Giovanni - Fähre - Messina Capo d'Orlando 145
7. 30.3.2002 Capo d'Orlando Cefalu Palermo 156
8. 31.3.2002 Palermo Monreal - Alcamo Trapani 104
9. 1.4.2002 Trapani Fähre nach Tunis Hammam Lif 18
10. 2.4.2002 Hammam Lif Borj Cedria Hammamet 51
11. 3.4.2002 Hammamet Pheradi Maius - Uppena - Hergla Sousse 114
12. 4.4.2002 Sousse El Jem Sfax 139
13. 5.4.2002 Sfax Borj Younga Gabès 150
14. 6.4.2002 Gabès Chenini - Jorf - Fähre nach Jerba - Ajim - Borj Jilij Houmt Souk 136
Summe 1741

Straßenschild Ile Jerba


Mittelmeer-Umrundung
Die mediterrane Mega-Tour


Anschluss Tour 38: Malta - Bari (922 km) Jan./Feb. 2008

Anschluss Tour 20: Sahara: Béni Ounif - Jerba (2605 km) Okt./Nov. 2002

Anschluss Tour 15: Jerba - Jerusalem (3300 km) Okt./Nov. 2001

Anschluss Tour 2: Düsseldorf - Rom (1719 km) Sept. 1982


Nächste Tour: Santiago - Figuig (2106 km) April/Mai 2002

Vorherige Tour: Jerba - Jerusalem (3300 km) Okt./Nov. 2001


Synagoge La Griba auf Jerba, Tunesien

Drei Tage nach meiner Abreise Ziel eines Terroranschlags: Jerbas alte Synagoge La Griba (Foto 2001)


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