Crash auf der Gegenfahrbahn
Dienstag, 17. November 2015: Molabaloot - Pass (2590/2550 m) - Sepidan-Ardekan - Schiras (109 km)
Campen unter Reinraum-Bedingungen: keine Geräusche, kein Wind, keine Tiere, keine Menschen, kein Regen, keine Wolken, Sternenhimmel: erst mit Mondsichel, dann ohne. Eine Traumnacht. Langsam kommen wir morgens in die Gänge. Verabschieden uns ungern von dem Platz unter dem Himmel.
Back on the road geht es die letzten Meter hinauf auf 2600 m (Passhöhe mit Disteln: Foto oben). Dann runter mit max. speed 71,5 km/h. Klingt gefährlich, ist aber harmlos, weil eine lange smoothe Gerade hinabführt, weit und breit kein Verkehr. Noch ein Gipfelchen und dann runter in ein schmales Tal, dessen Mündung von der Stadt Sepidan alias Ardekan beherrscht wird.
Hier können wir in einem gut sortierten Laden unsere Vorräte aufstocken. Wie dankbar wir geworden sind für jede kleine Abwechslung auf dem Speiseplan, in diesem Fall fetter leckerer Honig-Joghurt. Bevor wir den essen, werden wir aber reichlich beschenkt. Heute im Wesentlichen mit Äpfeln. Immer wieder halten Autofahrer und wollen uns damit beglücken.
Meist halten sie beim ersten Mal so kurzfristig, dass ich schon aus Sicherheitsgründen weiter fahren muss. Sie versuchen es erneut - meist mit mehr Abstand und besserer Parkmöglichkeit.
Auch wenn wir immer wieder ablehnen, am Ende habe ich einen Drei-Kilo-Sack mit Äpfeln zusätzlich hinten im Fahrradkorb (Foto rechts). Heute bekommen wir auch das Mittagessen geschenkt. Das bekannte Tomaten-Omelette (Foto unten), hier in einer besonders leckeren Version in einem Imbiss.
Dann ein allerletzter Pass. Noch einmal 300 Höhenmeter. Noch einmal über 2000 Meter über dem Meer - wie so oft in den vergangenen 17 Tagen. Langsam, mühsam. Sehr schöne Landschaft, die wir noch am ersten Tag vielfach fotografiert hätten. Nach all den Tälern, Bergen, Bäumen machen wir kein einziges Foto. Es folgen 60 Kilometer Abfahrt am Stück bis ins Zentrum von Schiras (Shiraz). Die ersten zehn davon rasen dahin. Dann wird's flacher, der Verkehr zunehmend stärker.
Während wir zügig dahin rollen, kracht es plötzlich auf der Gegenfahrbahn. Wir hören's erst und sehen gerade noch wie ein PKW auf einen Pickup mit vollgeladener Ladefläche fährt. Und zwar wirklich auf: das Auto wird auf die Ladefläche und das Führerhaus katapultiert. Wie das? Wir haben es gesehen und doch nicht genau erkennen können. Möglicherweise waren wir sogar mit ein Anlass für den Unfall: vielleicht war einer der Fahrer oder beide durch uns abgelenkt. Selbst von der Gegenfahrbahn werden wir immer wieder gegrüßt, angehupt. Auch, wenn an dieser Stelle die vierspurige Straße durch eine Barriere getrennt war.
Wir versuchen viel, um Gefahren für Kinder oder andere Fahrer durch Reaktion auf uns zu minimieren. Indem wir frühzeitig reagieren, im Zweifelsfall Warnhinweise geben, wenn sinnvoll auch ignorieren, Sicherheitsabstand zu Fahrzeugen vergrößern, die bei laufender Fahrt Kontakt mit uns aufnehmen wollen.
Wir halten an und eilen zur Unfallstelle. Das tun fast alle Fahrer auf beiden Seiten der Straße. Der PKW-Fahrer scheint unverletzt, der andere Fahrer krümmt sich am Boden, hat äußerlich keine erkennbaren Verletzungen obwohl die Scheiben zersplittert sind. Einer telefoniert. Möglich auch, dass von dem Sammelsurium auf der Ladefläche etwas runtergefallen ist und als Katapult gewirkt hat. Es ist immer wieder bedrohlich, was und wie alles auf den Fahrzeugen verstaut wird. Mehrfach haben wir Sachen gesehen, die über die ganze Fahrbahn verteilt runtergesegelt waren. Auch kleinere Blechschäden-Unfälle haben wir erlebt, wo Fahrer aus Unachtsamkeit auf dem Randstreifen oder vor der Ampel ineinander fahren.
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