Tour 103: Malé - Dschidda (808 km) 2020
Saudi-Arabien 2020
Chris Tour 109: Istanbul - Bodrum (1263 km) 2021
Türkei 2021
on the Tour 114: Mongolei: Ulaanbaatar - Charchorin (582 km) 2022
Mongolei 2022
Bike Tour 117: Buenos Aires - Tacna (4005 km) 2023
Anden 2023

Home: Touren Bikes Karte Suche & Kontakt

VG WORTTour 102: Karibik III: Cayenne - Fort-de-France (2250 km)


El Amatillo: auf der Grenzbrücke zwischen Honduras und El Salvador
El Amatillo: auf der Grenzbrücke zwischen Honduras und El Salvador

Teil 2:
Curacao, Nicaragua, Honduras, El Salvador
Auf der Panamericana durch Zentralamerika

Von Georgetown/Guyana erreiche ich über Piarco/Trinidad einen zweitägigen Zwischenstopp in Curacao, von dem es wiederum via Panama zum Flughafen Managua weitergeht. Direkt vor dem Terminal verläuft die Carretera Panamericana. Ein Straßen- und Radler-Mythos, dem ich ich hier durch Nicaragua und Honduras bis nach El Salvador folge. Meine UN-Radl-Länder 99, 100 und 101. Rund 750 Kilometer - meist in Reichweite des Pazifiks. Hola Centroamérica!

Teil 1: Französisch-Guyana, Suriname, Guyana
Durch Regenwald an der Nordküste von Südamerika

Teil 3: Guadeloupe, Antigua, Montserrat, Dominica, Martinique
Insel-Hopping mit Hindernissen


Anflug auf Curacao in der Abendsonne
Anflug auf Curacao in der Abendsonne


Frauenhand mit Smartphone im Flugzeug Am Boden Venezuela
Fortsetzung: Montag, 28. Oktober 2019: Flug [Georgetown/Guyana] - Piarco/Trinidad - Willemstad/Curacao

...Yvonne, meine guyanische Nachbarin beim ersten Flug, fliegt zufällig auch nach Curacao weiter. Und hat auch die Erfahrung gemacht, dass niemand in Georgetown wusste, wo das liegt. Sie fiel mir schon beim Check-In auf mit ihrem Neon-T-Shirt „Property of NOBODY“. Vieldeutig.
Sechs Stunden Aufenthalt müssen wir überstehen. Wie vor einem Jahr ist die Klimatisierung so kühl, dass ich meinen Pullover anziehe. In der Hero Sports Bar gibt es immer noch die sehr leckere Pizza Mediterranea. Nur meine Christopher-Coca-Cola-Flasche wird bei der Handgepäck-Kontrolle eingezogen: ich habe vergessen, sie nach der Zwischenlandung zu leeren.
Den zweiten Flug über kann ich fast ständig Venezuela sehen. Da wäre ich auch gern geradelt. Zumindest auf der Insel Margarita, auf der ich jetzt von oben einen Teil meiner geplanten Route erkennen kann. Aber aus dem Land kamen keine Reaktionen auf meine Anfragen. Ein Kollege, der vor Ort war, hat eindringlich davon abgeraten, momentan dorthin zu fahren: schlechte Lebensmittelversorgung, reichlich Kriminalität. Stattdessen nun also Curacao.
Beim Fliegen heute spüre ich zum ersten Mal, was während der Tour leider immer stärker wird: meine rechte Schulter macht sich unangenehm bemerkbar, vermutlich eine Verletzung aus dem Jahr 2012, von der ich lange nichts gespürt habe. Beim Fliegen und Fahren im Bus lösen die Mikroerschütterungen Schmerzen aus. Beim Radeln spüre ich sie nicht so sehr.
Dayenne, meine Airbnb-Gastgeberin in Curacao hat angeboten, mich am Flughafen Willemstad abzuholen. Sie ist aber nicht da. Zwei Kilometer vom Flughafen entfernt, ist meine Bleibe. Habe ich genau deshalb gebucht. Jetzt spüre ich auch meine Müdigkeit, Erschöpfung. Kurz nach der Landung war ich noch beschwingt: mit dem deutschen Pass darf man durch die automatische Kontrolle für "Residents". Curacao gehört zwar nicht zu den Niederlanden und der EU, aber zum Königreich der Niederlande. So viele weiße Menschen um mich herum sind inzwischen ungewohnt für mich. Und so viel Zivilisation.
Als Dayenne nach 50 Minuten immer noch nicht aufgetaucht oder über Handy erreichbar ist, öffne ich dank Flughafen-Wlan verschiedene Apps, um nach Übernachtungsalternativen zu schauen. Da ist sie plötzlich. Was das Problem war, bleibt unklar. Das Handy hat sie zuhause gelassen. Und zum Arrival-Exit, wo ich naturgemäß die ganze Zeit gewartet habe, ist sie jedenfalls nicht als erstes gegangen. „I learned my lesson“, sagt die junge zweifache Mutter später.


Curaçao International Airport, Arrivals Hall at night
Curaçao International Airport



Die besten Videos und Fotos dieses Teils der Tour zu Musik in 3 Minuten.
Hier direkt zu sehen.


Kakteen am Straßenrand auf Curacao Traum und Tortur
Dienstag, 29. Oktober 2019: Souax - Westpunt - Knip - Sint Willibrordus - Souax (76 km)

Curacao ist das C der ABC-Inseln. Geographisch gesehen müssten sie ACB heißen: Aruba liegt westlich, Bonaire östlich. Curacao ist ziemlich genau so groß wie Usedom. Alle drei sind niederländisch. Und alle drei gehören zu den Inseln „unter dem Winde“, also den südlichen Karibikinseln, die nicht vom Nordostpassat erfasst werden. Wodurch sie wüstenartiges Klima haben. Entsprechend wird mein Weg gesäumt von Kakteen (Foto links). Die mich um meine Reifen fürchten lassen.
Die Straße ist anfangs viel befahren und hat keinen Seitenstreifen. Niederländische Fahrradkultur: Fehlanzeige. Ein paar Rennradler begegnen mir immerhin. Da bin ich schon mit kräftig Rückenwind an meinem nordwestlichen Wendepunkt: Westpunt. Der Playa Kalki ist ein ganz verträumtes Büchtlein mit kleiner Tauchstation und ein paar Liegestühlen (Foto unten). Ich nehme ein ausgiebiges Meerbad. Traum.


Steg in Westpunt, Curacao
Westpunt


Landhuis Knip mit Unesco-Denkmal zum Sklavenaufstand, Curacao Die Rückfahrt an der Westküste führt ein bisschen von Bucht zu Bucht. Beim Landhuis Knip erinnert ein Unesco-Denkmal an den Anfang der Sklavenaufstände hier (Foto rechts). Wenig weiter in der Lagun-Bucht: Mittagessen mit Leguanen und Mushroom-Pasta (Foto unten).
Ich habe große Pläne: will noch die Hauptstadt Willemstad mit ihren Brücken, Vierteln und vor allem Cocktails heimsuchen. Doch die Hitze in Kombination mit ein paar Höhenmetern lässt die lockere Etappe ohne Gepäck immer mehr zur Tortur werden. An zwei Läden kippe ich mir eiskalte Getränke rein. Und laufe doch gleich wieder heiß. Flamingos kann ich noch in der Santa Martha Bay bewundern. Dann geht’s schnurstracks in mein schönes großes Appartement. Dusche. Mittagsschlaf.
Erst als ich das Trikot wieder anhabe für eine Spätnachmittagstour nach Willemstad, merke ich: heute geht nichts mehr. Ich laufe noch zum Lebensmittelladen. Nutze den Gasherd für eine Art Kochwäsche. Die tägliche Handwäsche ist längst an ihre Grenzen gekommen. Und ich trinke, trinke, trinke. Nur keine Cocktails.


Mittagessen am Playa Lagun, Curacao
Mittagessen am Playa Lagun


Route Karibik III: Curacao



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Fort mit Denkmal, Otrobanda, Willemstad, Curaçao Dollar statt Antillen-Gulden
Mittwoch, 30. Oktober 2019: Souax - Punda - Souax - Flug Willemstad/Curacao - Panama - Managua (26 km)

Parallel zum Kreuzfahrtschiff Celebrity Summit erreiche ich am frühen Morgen die Altstadt von Willemstad. Die zentralen Stadtteile Otrabanda und Punda liegen auf den beiden Seiten der Zufahrt zum Schottegat, einem riesigen natürlichen Hafenbecken. Als ich über die Koningin Emmabrug radeln will, wird die grad geschlossen: sie dreht sich mit ihrer gesamten Länge zur Seite, um einem Schiff die Fahrt in den Schottegat möglich zu machen. Dauert es länger, weil mehrere Schiffe passieren müssen, nimmt eine Fähre ihren Betrieb auf. In Punda liegen das Fort Amsterdam und die älteste kontinuierlich genutzte Synagoge. Und ein McDonald‘s mit Frühstücksmenus. Bezahlen kann man tatsächlich überall mit US-Dollar. Zahlt aber so auch gegenüber dem Antillen-Gulden immer ein bisschen drauf.
Um neun bin ich schon wieder zurück. Packe Rad und Klamotten. Dayenne bringt mich netter Weise zum Flughafen. Ihr Mann wird heute 35. Wie sein Zwillingsbruder. Da steht noch einiges an.


Brücke, Punda, Willemstad, Curacao
Brücke in Punda, Willemstad

Graffiti an der Basilica of St. Anne, Willemstad
Kunstgraffiti an der Kathedrale St. Anne in Otrobanda, Willemstad

Penha, Punda, Willemstad, Curacao
Prunkvoll verzierte Gebäude in Punda, Willemstad


Flugzeuge Copa Airlines am Flughafen Panama-City Neu ist für mich Copa Airlines. Bei der "Compañía Panameña de Aviación" muss ich irgendetwas unterschreiben, weil das Rad im Karton ist. Kommt vor. Es geht zunächst nach Panama, der Homebase des Star-Alliance-Fliegers. So sehe ich die Skyline von Panama City und die Mündung des Panama-Kanals in den Pazifik. Auf der andern Seite der Stadt liegt der Flughafen (Foto rechts). Der Terminal platzt aus allen Nähten. Fast alle Flugziele in Mittel- und Südamerika stehen an den Anzeigetafeln. Viele, viele Passagiere warten.
Dann landen zwei Riesenflieger von Lufthansa und KLM. Danach ist viel Deutsch zu hören. Auch im Flieger nach Managua. Ein österreichisches Paar will Surfen und dann zum Öko-Kaffeeanbau. Nach den Unruhen im vergangenen Jahr, kommen wieder mehr Touristen nach Nicaragua. Auch ich hab letztes Jahr lieber einen Bogen um Managua gemacht.
Jetzt entfalte ich mein Rad. Durch den langen Flugtag mit zwei kurzen Flügen bin ich ähnlich müde wie vorgestern. Aber ich muss nicht auf meine Airbnb-Gastgeber warten. Sondern radle den Kilometer zu ihnen durch die Dunkelheit. Wie meist, funktioniert das Licht nach tausend Tourenkilometern nicht mehr. Am Gate des "Residencial Monte Cristi" radle ich einfach durch. Schon bin ich bei einer jungen Familie mit zwei Kindern. Weitgehend stark übergewichtig. Wie die Mehrheit der Menschen bisher auf dieser Tour.



Die besten Videos und Fotos dieses Teils der Tour zu Musik in 13 Minuten.
Hier direkt zu sehen.


Steckengebliebener Wasserwagen bei Santa Clara, Nicaragua
Stecken geblieben

Mädchen mit Wasser am Brunnen bei Santa Clara, Nicaragua
Wasser aus dem Brunnen


Mit dem Englischlehrer Santos Aquiles García Lopez in Orontes Centeno Genussradeln sieht anders aus
Donnerstag, 31. Oktober 2019: Managua - Tisma - Granada - Bus - Managua (67 km)

Kollegin Sina war mit Mann und zwei Kindern in Nicaragua und meint, ich solle unbedingt nach Granada. Absolut sehenswert. Liegt nicht in meiner Fahrtrichtung Norden. Mache ich heute eine extra Tour nach Süden. Advantage Chris: kein Gepäck. Außer der Liter-Wasserflasche. Noch ein Highlight: ich fahre erstmals auf der Panamericana. Eigentlich gestern schon. Denn sie führt direkt am Flughafen vorbei.
Ich will eine Nebenstrecke fahren. Auch, um die Qualität der kleineren Straßen in Nicaragua zu testen. In Orontes Centeno spricht mich ein Radler an (Foto links). Ein Englischlehrer. Bald lädt mich Santos Aquiles García Lopez ein, mit zu seiner Klasse zu kommen. Das Programm mit Vorstellung beim Principal etc. klingt etwas ausufernd. Obwohl es mich wirklich reizt, den nicaraguanischen Schulalltag kennen zu lernen, sage ich schweren Herzens ab. Letztlich zum Glück. Denn die von mir bei GoogleMaps generierte "Nebenstrecke" ist Abenteuer genug. Und braucht ihre Zeit.
Bald geht der Asphalt in Pflaster über. Anstrengend. In Tisma trinke ich mal einen Liter Kakao. Rein prophylaktisch. Auch das zurecht. Denn Richtung Santa Clara führt nur eine Piste. Die immer stärker versandet. „No pasar“ warnt mich ein Mädchen. Und weist nebulös mit den Armen eine Ausweichstrecke aus. Schon zieht sie wieder gemeinsam mit anderen an der etwa zehn Meter langen Leine. An deren Ende erscheint ein Plastikeimer über dem Brunnen (Foto oben). Immer wieder wird er runtergelassen. Dann verstehe ich: Die Ausweichstrecke liegt direkt neben dem Weg. Am Rand des Ackers verläuft eine kleine Spur, der ich nun folge. Denn im Weg unten steckt ein Wasserwagen fest (Foto oben). Ein Traktor kommt mir entgegen, um ihn rauszuziehen.
Dann ist nur noch Sand. In alle Richtungen. Santa Clara scheint es gar nicht zu geben. Und vom direkten Weg nach Granada wird mir dringend abgeraten. Rund eine Stunde kämpfe ich mich schiebend durch den Sand. Die Vegetation lebt nur von einer hauchdünnen Erdschicht darüber. Dann bin ich doch auf der Hauptstraße nach Granada. Die kaum befahren ist.


Granada: Blick über Dächer auf die Kathedrale, Nicaragua
Blick über die Dächer auf die Iglesia Catedral Inmaculada Concepción de María

Granada: Häuserfront, Nicaragua
Häuserfront

Granada: Schirm-Installation, Nicaragua
Schirm-Installation

Granada: Häuserfront, Nicaragua
Häuserfront

Granada: Innenhof, Nicaragua
Innenhof

Granada: Plaza de la Catedral, Nicaragua
Plaza de la Catedral

Granada: Lago de Nicaragua (Lago Cocibolca), Nicaragua
Lago de Nicaragua alias Lago Cocibolca


Barbier bei der Arbeit in Granada, Nicaragua Granada lohnt die Strapazen. Eingerahmt vom Vulkan Mombacho und dem See Cociboica (auch Lago Nicaragua - mit Süßwasserhaien) sieht man das Dächermeer der Altstadt samt Kathedrale vom Turm der Kirche La Merced genial. Restaurierte und verfallene Fassaden, Kirchen, Markt: ein wunderschöner, langer Spaziergang (Fotos oben). Unterbrochen vom Nationalgericht Gallo Pinto (Reis und Bohnen) und einem jungen Barbier (Foto links).
Im Bus zurück nach Managua besetzt das Rad meinen Nachbarplatz (Foto unten). Die Bezeichnung Expressbus hält den Bus nicht davon ab, überall zu halten. Die sich zusammen brauenden Wolken entladen sich, als wir am Busbahnhof ankommen. Ich warte lange den größten Schauer ab und versuche bei leichterem Regen, in der einsetzenden Dunkelheit die zwölf Kilometer raus zum Flughafen zurückzulegen (Foto unten). Das Pflaster wirkt recht glitschig, Riesenpfützen reichen teils bis zur Fahrbahnmitte, der Bürgersteig ist auch voller Hindernisse. Genussradeln sieht anders aus.


Rasierter Chris auf dem Rückweg von Granada nach Managua im Bus
Rasierter Chris auf dem Rückweg von Granada nach Managua im Bus

Radler bei Regen in Managua
Radler bei Regen in Managua


Malecón de Managua Die Modelkörper vom Free Spirit Hostel
Allerheiligen, Freitag, 1. November 2019: Managua - El Tránsito (80 km)

Allerseelen morgen ist gesetzlicher Feiertag in Nicaragua und anderen zentralamerikanischen Ländern. Allerheiligen heute nicht. Voller Alltagsbetrieb also auf der Panamericana vom Flughafen Richtung Innenstadt. Am Malecón, dem Prachtboulevard am Ufer des Managuasees bin ich praktisch allein (Foto links). Die alte Kathedrale ist nach einem Erdbeben weiterhin eine Ruine. Eine riesige Silouhette des Sandinisten-Urvaters Augusto César Sandino (1895-1934) wacht über der Laguna de Tiscapa. Erdbeben und Vulkane prägen Geschichte und Landschaft der Stadt.
Zuletzt mache ich einen Schlenker zur neue Metropolitan-Kathedrale. Dann geht’s auf der Pista Juan Pablo II, dem die Stadt auch ein eigenes Museum gewidmet hat, raus aus der Stadt. Hinein in die Vulkanlandschaft. Erst hügelig. Dann in der größten Hitze der lange Anstieg zum höchsten Punkt (479 m) bei Santa Ana I. Der Verkehr ist, obwohl ich auf einer der Hauptverkehrsachsen des Landes unterwegs bin, kaum vorhanden. Die Abfahrt dann ein langer Rausch in Grün.


Mofafahrer auf der Piste nach El Tránsito, Nicaragua
Piste nach El Tránsito


Fünf Passagiere für ein Motorrad bei El Tránsito, Nicaragua Überraschung beim Abzweig zum Pazifik: obwohl die Straße bei Google Maps in gelb genauso dargestellt ist, wie alle Hauptverkehrsstraßen, handelt es sich nur um eine Piste (Foto oben). Nicht besonders übel. Aber es sind dreizehn hügelige Kilometer. Wunderschöne Kilometer. Obwohl viele kleine Bauernhöfe am Wegesrand liegen, wirkt alles eher bewaldet. Eine Familie setzt sich zu fünft aufs Mofa (Foto links). Da bin ich schon auf der letzten Kuppe und sehe den Pazifik. Das Dorf begrüßt seine Besucher als Surfparadies. Trotzdem wirkt es eher wie ein einfaches Dorf. Nur zum Meer hin mit seinem dunklen Sandstrand ist es ein bisschen Urlaubsort. Im Hostelstyle. Das Free Spirit Hostel scheint die erste Surferadresse zu sein. Auch wenn ich mich zwischen den Modelkörpern etwas fremd fühle, frage ich mal nach einer Unterkunft. Zum Glück fehlt dank meiner Rasur gestern in Granada mein Bart. Sonst sähe ich nicht nur doppelt, sondern dreimal so alt aus wie der Schnitt. Zimmer gibt’s nicht mehr, nur Betten in Vans, also schrottreifen Autos, die vor dem Haus rumstehen. Und Dorms für 25 Dollar. Stolzer Preis. Ich ziehe erstmal weiter. Doch die vielen Betten, die ich gestern noch im Internet gesehen habe, sind vor Ort nicht zugänglich. Auch im offenbar leeren Bananoz Surfhouse werde ich abgewimmelt. Also doch Dorms. Franck aus Montreal ist mein Roommate. Viele Kanadier hier. Auch das Management. Viele jobben und surfen hier gleichzeitig. Auch zwei deutsche Mädels aus Mannheim und München, die grad angekommen sind. Nachdem sie lange in Panama und Costa Rica waren. Großes gemeinsames Abendessen. Mit rund 30 Leuten. Einer hält zu Beginn eine Ansprache auf die Köche und so. Free Spirit. Morgen ist Yoga.


The Free Spirit Hostel am Pazifik in El Tránsito, Nicaragua
The Free Spirit Hostel in El Tránsito

The Free Spirit Hostel am Pazifik in El Tránsito, Nicaragua
Sonnenuntergang vom Hostel aus

The Free Spirit Hostel am Pazifik in El Tránsito, Nicaragua
Hängematten


Eskimo: Leche Sober Fresa y chocolate, Nicaragua Poco a Poco
Allerseelen, Samstag, 2. November 2019: El Tránsito - León (61 km)

Frühstück gibt es im Free Spirit Hostel erst um acht. Wlan gar nicht. Zeit für ein Bad in den pazifischen Surfer-Wellen. Und einen Strandspaziergang zu den heimkommenden Fischern. Beim Frühstück sitzt die Yogalehrerin neben mir. Es ist nicht ganz klar, ob es außer mir noch echte Gäste im Hostel gibt. Der dänische Koch erzählt noch, wie ihm im vermeintlichen Radlerparadies Kopenhagen vier gut gesicherte Räder geklaut wurden. Die Hostelcrowd ist der Meinung, der Weg an der Küste nach Miramar sei noch viel schlechter als die Piste hierhin, auf der ich gestern angekommen bin. Also fahre ich die zurück. Am Ortsausgang der erste Allerseelen-Gottesdienst. Den ein paar Kilometer weiter auch die Sieben-Tage-Adventisten feiern. Unter ihrem Wellblechdach. Der Día de los Muertos wird in ganz Zentralamerika begangen.
Auf der zunächst hügeligen Hauptstraße ereilt mich der Hungerast. Das Hostelfrühstück war nicht so reichhaltig. Aber erst bei Tageskilometer 30 an der Abzweigung nach Miramar erscheint eine Tankstelle. Die Milch hat den schlechsten Erdbeergeschmack der Welt, und der Kakao ist nicht viel besser (Foto links). Immerhin gibt’s Öl in der Colaflasche für die Kette (Foto unten). Die Milch muss ich liegend in einer Bushaltestelle erstmal sacken lassen. Jetzt wird’s flacher.


Öl aus der Coca-Cola-Flasche für die Fahrradkette, Nicaragua
Öl für die Kette aus der Coca-Cola-Flasche


Brompton-Faltrad vor Iglesia La Merced, León, Nicaragua Über die wirtschaftliche und touristische Lage in Nicargua im Allgemeinen und meinen Zielort León im Besonderen, gibt indirekt auch booking.com Auskunft. Hostelbetten in gut bewerteten Etablissements bekommt man dort für vier Euro. Mit Frühstück. Da wähle ich im Hochpreissegment von sieben Euro das Hostel "Poco a Poco" mit einer Bewertung von 9,4. Also absolute Spitzenklasse. Und setze dem die Krone auf, indem ich mich für das neun Euro teure Dorm mit Klimaanlage entscheide.
Um die Ecke ist das bedeutendste Museum für zeitgenössische Kunst in Mittelamerika. Das Museo de Arte Fundacion Ortiz-Gurdian. Tolle Gemälde werden in den zum Innenhof offenen Räumen gezeigt (Foto unten). Gut gefallen mir viele, auch die von Rodolfo Stanley aus Costa Rica.
In der Abendmesse fliegt eine Fledermaus ständig haarscharf an den wenigen Gläubigen vorbei. León ist übrigens eine großartige Stadt. Ganz anders als Granada. Aber mindestens so erlebenswert. Weniger museal.
Um endlich mal ein paar Kalorien abzugreifen, gehe ich zweimal Abendessen. Einmal touristisch für zehn Dollar, einmal local für einen halben Dollar. Beides gut. Und unter normalen Umständen reichlich.


Centro de Arte Fundación Ortíz Gurdián, León, Nicaragua
Centro de Arte Fundación Ortíz Gurdián

Basílica de la Asunción de la Bienaventurada Virgen María
Basilika am Morgen


Schild Fernstraße NIC-12, Nicaragua Rund um den Christopherus-Vulkan
Sonntag, 3. November 2019: León - Chinandega - Somotillo (114 km)

Als um zwei Uhr morgens die vorletzten Etagenbetten in unserm gemischten zehnbettrigen AC-Dorm vergeben werden, habe ich bereits fünf ausreichende Stunden Schlaf hinter mir. Kann mit meinem Smartphone im Bett liegend ein paar Details für die fünf Tage in Honduras und El Salvador planen. Stelle erfreut fest, dass die Reisesicherheitshinweise des Auswärtigen Amts für beide Länder sehr abgeschwächt worden sind. Dann kommen die wichtigsten Fotos und Videos in die Cloud. Schließlich die heute-show.
Leicht euphorisch bin ich vor sieben Uhr an der Kathedrale vorbei (Foto oben) auf der Strecke. Bekomme am Markt sogar am sehr frühen Sonntagmorgen eine Schraube meines Flaschenhalters festgezogen. Ich hatte bis dato nur seinen Klettverschluss wahrgenommen. Und, dass die Flasche immer mehr wackelte. Das liegt vor allem an der zweiten, inzwischen fehlenden Schraube. Die bekomme ich heute nirgendwo. Die Ferreterias, die Eisenwarenhandlungen, haben allüberall dicht. Auch in Chinandega. Eine größere Stadt nach 40 Kilometern. Doppeltes Frühstück in der Tanke. Da ist es immer klimatisiert. So gestärkt und runtergekühlt radle ich durch den Ort, wo die Fahrradtaxen quer durch den Markt einen Megastau produzieren. Sie fahren ein interessantes Modell: der Radler sitzt hinter den Fahrgästen und das ganze Gerät ist ziemlich eckig.


San Cristóbal Volcano, Nicaragua
San Cristóbal Volcano


Grüner Plastikstuhl in Barock-Stil, Nicaragua Einige Kilometer hinter Chinandega lässt die Besiedlung unmittelbar an der Straße nach. Die Route führt fast rings um einen Dreiervulkan. Der mittlere und höchste Gipfel ist dem Heiligen Christopherus gewidmet: San Cristóbal (Foto oben).
Trotz des frühen Starts wird es auch heute eine Hitzeschlacht. Mit über 110 Kilometern ist es mal wieder eine längere Etappe. Im Schatten vor einem kleinen Laden auf einem Plastikstuhl in Barockausfertigung (Foto rechts) trinke ich in Ruhe meinen Liter Fresca. Eine Zitronenlimonade aus dem Hause Coca-Cola Nicaragua. Die mir vom üblichen Sortiment am liebsten ist. Bei den nächsten beiden Stopps findet sie sich leider nicht, so dass ich auf ekligere Limos umsteigen muss.
Ein paar Motorradfahrer grüßen mich. Es dürften Panamericana-Fahrer sein. Nicaraguaner grüßen mich eigentlich nur, wenn ich sie dazu nötige.
In Somotillo, fünf Kilometer vor der Grenze zwischen Nicaragua und Honduras, frage ich zum Glück ein paar Busfahrer nach dem besten Hotel. Hostal La Bendicion. Ich hatte es übersehen. Neu und ganz ok. Für einen Dollar gibt’s noch ein Abendessen im Straßenrestaurant. Wieder mal Gallo Pinto (Foto unten).


Kühe grasen auf Wiese an der Fernstraße CA-3
Grasende Kühe

Gallo Pinto: Reis mit Bohnen als Abendessen, Somotillo, Nicaragua
Gallo Pinto: Reis mit Bohnen als Abendessen


Provisorisches Honduras-Schild an der Grenze zu Nicaragua Selfie-Lust in Honduras
Montag, 4. November 2019: Somotillo - Guasaule (= Grenze Nicaragua/Honduras) - Choluteca - San Lorenzo (92 km)

Es ist etwas unübersichtlich an der Grenze. Alles Baustelle, improvisierte Schilder (Foto links). Niemand, der mir sagt, wo‘s langgeht, keine Fahnen. Schließlich schreibt mir einer mit abgewetztem Migration-Käppi eine personalisierte Quittung über zwei Dollar Ausreisegebühr. Das dauert. Einen Ausreisestempel gibt’s trotzdem nicht.
Über die Grenzbrücke geht’s hinüber von Nicaragua nach Honduras. Sieben Uhr morgens: Mein 100. UN-Radlland von momentan 193 UN-Vollmitgliedern. Die Einreise kostet 3 Euro. Quittung einfach vom Block. Der Einreisestempel kommt aus dem Drucker.
Plötzlich winken mir Kinder zu. Menschen grüßen mit Hi und Hello. Versuchen Englisch mit mir zu sprechen. Wieder mal eine Nationengrenze, die Unterschiede macht. Es ist jetzt waldiger. Dadurch auch mehr Schatten am Straßenrand. Trotzdem bekomme ich im kühl klimatisierten Little Cesars Hot-n-Ready-Pizza in Choluteca nur mit Mühe ein paar Bissen runter. Zu groß ist die Hitze schon um zehn Uhr. Ich schenke ein Teil einem kleinen Jungen. Mutter Katy fotografiert‘s und will noch ein Selfie mit mir und dem zweijährigen Samuel machen. So was gab‘s in Nicaragua nicht.


Werbung für Denguex, Honduras
Werbung für Mittel gegen Dengue-Fieber

Landstraße in Honduras mit Bergen
Grünes Honduras

Auto-Nummernschild in Honduras
Centroamérica


Mit einer Verkäuferin in der ferreteria bicisur, Choluteca, Honduras Choluteca hat einen netten historischen Zentralplatz. Nicht weit entfernt entdecke ich auf der Karte einen Laden mit dem verheißungsvollen Namen Ferreteria Bici Sur. Radel ich mal hin. Bekomme von einer der Verkäuferinnen genau die Schraube, die an meinem Flaschenhalter verschwunden ist. Jetzt mache ich ein Selfie (Foto rechts). Einer der Mechaniker soll mit dem Kompressor mein Hinterrad aufpumpen. Er traut allerdings weder mir noch dem Schwalbe-Mantel so richtig. Da kommt nicht viel Druck bei rum.
Der Rest der Etappe ist flach und rückenwindig. Gesäumt von viel mehr Läden und Restaurants als in Nicaragua. Das Hotel Green SL in San Lorenzo, in das ich schon um halb zwei einchecke, ist top. Mit Swimmingpool.
Zum Sonnenuntergang fahre ich noch mit dem Taxi zum Einheitspreis von einem Dollar in die Altstadt an die Mangroven-Salinen-Küste (Foto unten). Bevor ich wieder unterirdisch früh einschlafe.


Abendstimmung im Hafen von San Lorenzo
Abendstimmung im Hafen von San Lorenzo


Aguas Termales Ribot, Nacaome, Honduras Softdrink-Diebstahl an der Grenze vereitelt
Dienstag, 5. November 2019: San Lorenzo - El Amatillo (= Grenze Honduras/El Salvador) - La Unión (98 km)

Feines Frühstück. Durch das feine Hotel ist alles bei mir ein bisschen auf Neustart gestellt. Auch, wenn es wegen des Frühstücks 'ne gute Stunde später losgeht als gestern. In Jicaro Galán stößt die CA-5 von der Hauptstadt Tegucigalpa auf die CA-1 (Foto unten), die Carretera Panamericana. Hier wollte ich eigentlich via Airbnb übernachten. Doch der Host wohnt gar nicht mehr hier. Mein Geld war aber durch die Buchung sofort weg. (Erst nach ein paar Wochen habe ich es zurück bekommen.)
Bei Nacaome folge ich spontan einem kurzen Abstecher zu heißen Quellen, den "Aguas Termales Ribot". Eine sehr schöne Anlage mit mehreren, bis zu 40 Grad heißen Becken (Foto links). Zwei Männer baden darin. Laden mich ein, ihnen zu folgen. Aber was will ich in Honduras mit 40 Grad heißem Wasser? Mein Problem auch heute: die Hitze. Die letzten honduranischen Lempira gebe ich mal wieder in einer klimatisierten Tankstelle aus. Auch wenn gerade die in Honduras wesentlich kleiner ausfallen als in Nicaragua. Aber die hier hat Cacao. Und Vanillemilch.
Nach 28 Stunden, 140 Kilometern und ähnlich vielen Fotos bietet die Grenzbrücke noch ein besonders schönes Motiv (Foto ganz oben). In der honduranischen Migrationshalle von 1946/47 wäre mir zuvor beinahe noch eine Sprite geklaut worden. Ausnahmsweise habe ich außen am Rucksack und Rad nicht nur Wasserflaschen. Wie oft an Grenzübergängen, habe ich auch hier mein Rad samt Gepäck nicht ständig im Blick. Die Geldwechsler haben mir signalisiert, dass sie alles im Blick haben in der übersichtlichen Halle. Als ich mich zufällig umdrehe, sehe ich, wie ein Junge die Flasche aus dem Außennetz des Rucksacks zieht und prüft, ob sie noch original verschlossen ist. Durch ein paar laute Worte mache ich achtzig Leute darauf aufmerksam. Die deutsche Sprache erweist sich in solchen Momenten als besonders effektiv. Der Junge steckt die Flasche zurück und die Geldwechsler signalisieren, dass sie nun wirklich aufpassen.


Panamericana Schild CA-1 in Honduras
Panamericana: CA-1 in Honduras

Rio Grande O Nacaome
Rio Grande O Nacaome

Grenzgebäude vno 1946/1947 in Honduras an der Grenze zu El Salvador
Grenzgebäude in Honduras an der Grenze zu El Salvador


Blumen auf Friedhof bei La Unión, El Salvador Keine Abfertigungs-Halle auf der Seite von El Salvador. Wir stehen draußen an vier Schaltern. Auch kein Fingerscan. Nicht mal ein Stempel. Der Level sinkt wieder: die Straße hat kaum eine Markierung, der Asphalt ist rauer und an der ersten Tankstelle, noch in Grenznähe, patrouilliert ein Schwerbewaffneter. Die Preise der Texaco-Tankstelle sind in Dollar angegeben. Die eigene Währung, El-Salvador-Colón, hat das Land 2001 de facto abgeschafft. Bei rund drei Dollar geht es wohl auch um Gallon und nicht Liter. Die heißeste Phase des Tages beginnt. Bei meinen kurzen Stopps ist es nicht so einfach, Mütze und mehr nass zu machen. Es gibt nicht einfach Wasserhähne. Das Wasser wird in Läden und Häusern in kleinen Behältern aufbewahrt. Auf dem Bildschirm läuft Champions League live. Der "Worldwide Leader in Sports" ESPN, gehört zur Walt Disney Company, macht‘s möglich.
Noch vor der Einfahrt in die Hafenstadt La Unión überrascht mich der üppige Plastikblumenschmuck auf dem Friedhof (rechts). Ich entdecke den neuen Familienpark am Ufer (Foto unten). Vergnügspark mit Fressmeile und Security. Ein Milchshake soll mich runter kühlen. Mehrere Menschen helfen mir, das Hotel Porto Bello zu finden. Nichts tolles. Aber nach ein paar Versuchen des Hotelboys läuft sogar die Klimaanlage. An die ich mich inzwischen gewöhnt habe. Sonst schwitze ich in den aufgeheizten Häusern die ganze Nacht. Abschließen kann ich das Zimmer nur von außen. Nun gut, es gibt ja auch hier Security. Wie fast überall. Das Auswärtige Amt schreibt, dass Touristen von der grassierenden Bandenkriminalität, wohl die wichtigste Fluchtursache Richtung USA, nicht betroffen sind. Trotzdem sehe ich zu, dass ich beizeiten von meinem Fischdinner zurück im Zimmer bin. An die langen Abende im Quartier musste ich mich längst gewöhnen.


Brompton-Faltrad im Parque familial, La Unión, El Salvador
Parque familial in La Unión


Blick ins Land vor El Delirio, El Salvador Hügel-Etappe
Mittwoch, 6. November 2019: La Unión - El Delirio - Usulután (90 km)

Um sechs Uhr düse ich aus der Stadt. Zurück auf der CA-2 kommt der erste lange Anstieg. Der Tag mit den meisten Höhenmetern der Tour. Ich radle im Prinzip an der Küste lang. Die ich aber nicht sehe. Nur die Abzweigungen zu den verschiedenen Playas. Nach dem letzten, El Cuco, kommt die längste Steigung: mit fünf Prozent auf fünf Kilometern hoch auf 444 Meter. Teilweise schiebe ich. Aber fast den ganzen Morgen schützt mich der Schatten der Bäume am Straßenrand. Rundherum sehr wenig Verkehr. Das ändert sich erst nach der langen Abfahrt nach El Delirio.


Radler auf Brompton-Faltrad auf der Carretera Panamericana bei Usulután, El Salvador
Guter Asphalt vor Usulután

Jungs bei Usulután, El Salvador
Mein Fotograf Viktor mit Kumpel


Felder bei Usulután Alles anders. Mehr Verkehr, besserer Straßenbelag, ein anderes El-Salvador-Gefühl. Und ganz flach. Viktor radelt auf einem typischen Gurkenrad neben mir. Ich bitte ihn, Fotos und ein Video bei laufender Fahrt von mir zu machen. Was er sofort super hinbekommt (Fotos oben und ganz unten).
Noch vor ein Uhr bin ich am Ziel. Dem Tophotel Sevilla am Stadtrand von Usulután. Das leider meine Kreditkarte doppelt belastet, wie ich Wochen später feststellen muss. Und bei einer Anfrage meint, das sei wohl meine Bank gewesen. Ärger.
Die zwei Kilometer zur Stadtmitte schlender ich am späten Nachmittag entlang. Zwei nette Tortilla-Bäckerinnen lassen sich gern fotografieren (Foto unten). Pizza Hut und Wendy‘s dominieren die Restaurantszene. Und chice Eisläden. Ich sehe zu, dass ich zurück bin, als es dunkel wird.


Tortilla-Bäckerinnen in Usulután
Tortilla-Bäckerinnen in Usulután


Chris an Kilometerstein 101 in El Salvador Der Rennradler aus Regensburg
Donnerstag, 7. November 2019: Usulután - Puente de Oro - Costa del Sol (102 km)

Wie ein Pfeil schießt er vorbei. Ich kann gerade noch „Morning. Hola!“ hinterherrufen. Behelmter Radler überholt mich im Rennradtempo. Es könnte die erste Begegnung mit einem Fernradler dieser Tour gewesen sein. Nach 1900 Kilometern. Er hat praktisch gar kein Gepäck. Am Sattel wackelte irgendwas hin und her. Selbst für Bikepacking war das extrem wenig. Vorbei. Zunächst.
Es ist die übliche Hitze. Das Lechzen nach einer klimatisierten Tanke. Es ist die letzte Etappe in Mittelamerika. Oder die vorletzte. Ich habe die Wahl: kann in einem Hotel direkt am Flughafen übernachten. Oder zwanzig Kilometer zur Küste radeln, dort noch einmal im Pazifik baden und morgen dann noch mal 30 Kilometer zum Flughafen. Bin lange unentschieden.
Es kommt die große Brücke, die "Puente de Oro", über den großen Rio Lempa. Der teilt El Salvador praktisch in zwei Hälften. Alles geht leichter heute. Werde ich wohl noch zur Küste radeln.


Chris on the Bike: auf dem Faltrad in El Salvador (Foto: Wolfgang Brandl)
Braune Arme (Foto: Wolfgang Brandl)

Rio Lempa
Rio Lempa

Chris on the Bike: auf dem Faltrad in El Salvador (Foto: Wolfgang Brandl)
Rolling (Foto: Wolfgang Brandl)


Chris on the Bike alias Christoph Gocke mit Radprofi Wolfgang Brandl in El Salvador Dann ist er plötzlich neben mir. Wolfgang. Wolfgang Brandl. Rennradler aus Regensburg. Profi-Rennradler. Mit mehr als 200 Kilometern am Tag sprintet er von Panama-City nach México-City. Praktisch ohne Gepäck. Übernachtet bei Warmshowers-Leuten. Er geht kräftig runter mit seinem Tempo für mich. Ich radle, was ich kann. So können wir uns ein paar Kilometer unterhalten. Über seine Top-Ten-Rennen mit Militärschutz in Venezuela. Und im Senegal, wo er es aufs Podium geschafft hat. Aber der ein oder andere Afrikaner seine Sympathien verspielt hat.
Wir sind auf dem südlichen Bypass. Eine Art Autobahn, die noch im Bau ist. Entsprechend kurven wir durch Baustellen, Staus, Holperstrecken. Können noch ein paar Bilder machen (Fotos oben und rechts). Schon taucht meine Ausfahrt auf: Costa del Sol. Adios, amigo! Buon viajes! Später meldet er sich: er kannte sogar meine Homepage schon. Und schafft es locker bis Mexiko.
Die Costa del Sol ist zunächst eine Enttäuschung. Kaum bin ich an der Küste, muss ich an einer endlosen, hohen Mauer entlagradeln. Alles abgeschirmte Privatgrundstücke. Die ganz wenigen Hotels und Ranchos sehen nicht besonders einladend aus. Dafür hat die Regierung die ganze Zeit die Costa del Sol am Straßenrand beworben? Der Ort, der keiner ist, zieht sich 15 Kilometer auf einer schmalen Landzunge hin. Ich bin schon viel weiter gefahren als geplant. Muss ich alles morgen früh zurück. Halte an einem Mini-Hotel. 35 Dollar für ein Zimmer ohne Strandzugang? Und ohne Wohlfühlfaktor? Dann ein Boutique-Hotel, dessen Standard ich ob des weitläufigen Geländes nur erahnen kann. 135 Dollar. Nach einem Telefonat gehen sie runter auf hundert Dollar. No .
Dritter Versuch: Izalco. Von der Straße her ist auch nicht viel zu erkennen. Jenseits der Parkplätze ist die Anlage toll. Ein Pazifiktraum mit Pools und Strand. Ohne totalen Luxus. Neunzig Dollar soll der kosten. Aber dann: es gibt einen Tarif ohne Frühstück für die Hälfte: 45 Euro gespart. Nehm ich.
Eine größere Gruppe Amerikaner ist hier. Sie stürzen sich sogar in die Pazifikwellen. Und dann mit Drink in den Pool. Ich genieße das Strand-Resort-Leben zum Abschluss sehr. Und weiß doch, dass ich es nicht viele Tage am Stück hier aushalten würde.


Sonnenuntergang am Pazifik: Costa del Sol, El Salvador
Sonnenuntergang am Pazifik

Izalco Hotel & Beach Resort, Costal del Sol, El Salvador
Izalco Hotel & Beach Resort

Brauner Radler-Rücken am Swimmingpool
Rücken: braun nur durchs Trikot hindurch

Izalco Hotel & Beach Resort by night, Costal del Sol, El Salvador
Abenstimmung im Beach Resort

Sunset: Izalco Hotel & Beach Resort, Costal del Sol, El Salvador
Sonnenuntergang

Breakfast: Izalco Hotel & Beach Resort, Costal del Sol, El Salvador
Frühstück mit Meeresblick


Fahrradweg-Schild an der Costa del Sol, El Salvador Der Mückenschutz und die doppelte Handgepäckkontrolle
Freitag, 8. November 2019: Costa del Sol - Aeropuerto El Salvador - Flug - Fort Lauderdale - Zug - Miami (32 km)

Mein Frühstück à la carte kostet 5,50 statt 45 Dollar. Mit Blick auf den Pazifik (Foto oben). Werde ich ihn wiedersehen? Die Fahrt zum Flughafen ist locker. Den angebotenen Radweg (Foto links) in der Fahrbahnmitte ignoriere ich allerdings. Noch ein bisschen Autobahn und dann radle ich am Flughafen von El Salvador vor.
Knapp 300 Kilometer bin ich durch El Salvador, das ziemlich genau so groß wie Hessen ist, geradelt. Die Hauptstadt San Salvador ist noch vierzig Kilometer entfernt. Der Flughafen trägt den Namen des 1980 ermordeten Bischofs Oscar Romero. Da der jüngst heilig gesprochen wurde, hat man dem Flughafen noch ein San vorangestellt.
Ich fliege erstmals mit Spirit, einem low cost carrier aus den USA (Fotos unten). Da wir bei den ersten beiden Karibikreisen mit JetBlue und American Airlines jeweils unliebsame Überraschungen hatten und jeder Radflug Überraschungen mit sich bringen kann, bin ich entsprechend angespannt. Die Schalter sind dicht gedrängt. Nebenan wird an einem neuen Terminal gebaut. Auf winziger Fläche entfalte ich den Karton und falte das Rad. Wird problemlos angenommen. Nervend allerdings die zusätzliche Handgepäckkontrolle und Schuh- und Leibesvisitation direkt am Gate. Wie bei Flügen in die USA mancherorts üblich. Beinahe muss mein Mückenschutz dran glauben. Ich habe es extra in eine erlaubte 100-ml-Flasche umgefüllt. Allerdings den Original-Aufkleber mit 150 ml draufgeklebt. Sogar die 5 noch durchgestrichen. Klarer Fall von akuter Gefährdung des Flugverkehrs. Die salomonische Entscheidung: der Aufkleber kommt ab. Das Moskitozeug bleibt drin. Abflug.


spirit-Flugzeug am Flughafen San Romero, El Salvador
Vor dem Start vom Romero-Flughafen nach Fort Lauderdale


Route Karibik III: Panamericana in Zentralamerika



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Rio Lempa aus der Luft
Der Rio Lempa aus der Luft


Spirit Airlines: Viel Beinfreiheit am Notausgang Ich sitze alleine am Notausgang (Foto rechts). Dafür muss ich mich bereit erklären, im Notfall allen beim Aussteigen behilflich zu sein. Dafür habe ich einen Premium-Blick auf Kuba, die lange Reihe der Keys, die wir letztes Jahr abgeradelt sind und mitten in den Everglades unseren Radl-Parcours durch die Krokodile.
In Fort Lauderdale ist dann alles viel einfacher als vor einem Jahr. Die automatisierte Registrierung funktioniert besser. Vor allem bei mir. Und selbst, wenn sie wieder nicht funktioniert hätte: da, wo ich letztes Jahr eine Stunde bei Hitze in der Schlange stand, muss kaum jemand warten. Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang bin ich durch.
Ich hatte überlegt, die Strecke nach Miami heute Abend und morgen früh noch einmal zu radeln. War zu aufwändig. Bin froh, dass der Karton noch hält. Wuchte ihn wieder in den TriRail nach Miami (Foto unten). Mein Airbnb ist diesmal noch näher an der Endhaltestelle. Rund 500 Meter muss ich den Radkarton katapultieren. Auf halber Strecke kann ich einen Jungen, der eh sein Rad schiebt, dazu bringen, meinen Karton auf seinem Sattel zu schieben. Arrived.


TriRail-Zug in Fort Lauderdale, Florida
TriRail-Zug mit Fahrradbeförderung in Fort Lauderdale

Bus mit Fahrradbeförderung in Miami
Bus mit Fahrradbeförderung in Miami


Church Archangel St. Michael, Miami Gitter gegen Obdachlose und der Mauerfall
Samstag, 9. November 2019: Miami/Florida - Flug - [Pointe-à-Pitre/Guadeloupe - Les Abymes (5 km)]

Zum ersten Mal seit vier Wochen angenehme Temperaturen: dunkle Wolken über dem Sunshine-State. Ich bin auf dem Weg zur Frühmesse in St. Michael the Archangel. Letztes Jahr war ich auch zweimal dort: zuerst ohne, dann mit Miri. Die will ich heute auf Guadeloupe treffen. Ihr erster Flug von Frankfurt nach Paris ist schon unterwegs. Ein Fotovergleich bestätigt mir später meinen Verdacht: die Gitterabsperrung vor der Kirche ist neu. Vor einem Jahr hatten sich da über Nacht Obdachlose niedergelassen. Ist das im Sinne von Papst Franziskus? Ich folge der spanischen Messe. Auf dem Rückweg muss ich etwas auf den Bus warten. Er nimmt sogar Fahrräder mit (Foto oben).
Um nicht den 17-Kilo-Radkarton die 500 Meter zum Airport zurückschleppen zu müssen, empfiehlt meine Gastgebergroßfamilie Uber. Ich profitiere sogar von ihrem Vielnutzer-Discount. Drei Dollar kostet die kurze Fahrt mit einem Kubaner. Meine erste Uber-Fahrt.
Ich fliege mit Air France von Miami nach Guadeloupe. Über Air Antilles konnte ich die Tickets etwas günstiger buchen. Bei Miris Air-France-Weiterflug von Paris nach Guadeloupe wurde der erste Start abgebrochen. Inzwischen zeigt der Track auf meinem Smartphone, dass sie mit einer guten Stunde Verspätung ankommen soll. Während auf den Fernsehbildschirmen am Gate Frederik Pleitgen für CNN 30 Jahre nach dem Mauerfall in Berlin dauergeschaltet wird...


Teil 3: Guadeloupe, Antigua, Montserrat, Dominica, Martinique
Insel-Hopping mit Hindernissen

Teil 1: Französisch-Guyana, Suriname, Guyana
Durch Regenwald an der Nordküste von Südamerika


Flugzeuge am Flughafen Miami
Miami Airport


Route Karibik III: Cayenne - Fort-de-France



Die Gesamtroute von Französisch-Guyana bis Martinique

Etappen Karibik III: Cayenne - Fort-de-France (12.10.-28.11.2019)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 12.10.2019 Cayenne Aéroport Cayenne 25
2. 13.10.2019 Cayenne Remire-Montjoly - Cayenne Kourou 112
3. 14.10.2019 Kourou Sinnamary Iracoubo 119
4. 15.10.2019 Iracoubo Mana Awala-Yalimapo 104
5. 16.10.2019 Awala-Yalimapo 13
6. 17.10.2019 Awala-Yalimapo Mana St. Laurent d. M. 67
7. 18.10.2019 Cayenne 13
8. 19.10.2019 St. Laurent d. M. Fähre/Grenze Französisch-Guyana/Suriname - Albina Moengo 55
9. 20.10.2019 Moengo Paramaribo 103
10. 21.10.2019 Paramaribo Groningen Sidoredjo 67
11. 22.10.2019 Sidoredjo Totness 94
12. 23.10.2019 Totness Paradise Nieuw-Nickerie 98
13. 24.10.2019 Nieuw-Nickerie Fähre/Grenze Suriname/Guyana Skeldon 52
14. 25.10.2019 Skeldon New Amsterdam 80
15. 26.10.2019 New Amsterdam Georgetown 113
16. 27.10.2019 Timheri
17. 28.10.2019 Flug Georgetown/Guyana - Piarco/Trinidad - Willemstad/Curacao
18. 29.10.2019 Souax Westpunt - Knip - Sint Willibrordus Souax 76
19. 30.10.2019 Souax Punda - Souax - Flug - Willemstad/Curacao - Panama Managua 26
20. 31.10.2019 Managua Tisma - Granada - Bus Managua 67
21. 1.11.2019 Managua El Tránsito 80
22. 2.11.2019 El Tránsito León 61
23. 3.11.2019 León Chinandega Somotillo 114
24. 4.11.2019 Somotillo Guasaule (= Grenze Nicaragua/Honduras) - Choluteca San Lorenzo 92
25. 5.11.2019 San Lorenzo El Amatillo (= Grenze Honduras/El Salvador) La Unión 98
26. 6.11.2019 La Unión El Delirio Usulután 90
27. 7.11.2019 Usulután Puente de Oro Costa del Sol 102
28. 8.11.2019 Costa del Sol Aeropuerto El Salvador 32
29. 9.11.2019 Miami/Florida - Flug - Pointe-à-Pitre/Guadeloupe Les Abymes 5
30. 10.11.2019 Les Abymes Anse des Rochers - Pointe-à-Pitre Les Abymes 67
31. 11.11.2019 Les Abymes Deshaies Thomy 66
32. 12.11.2019 Thomy
33. 13.11.2019 Thomy Col des Mamelles (583 m) Petit-Bourg 45
34. 14.11.2019 Petit-Bourg Aéroport Pointe-à-Pitre 23
35. 15.11.2019 Dickenson Bay St. John’s - Fähre - Little Bay/Montserrat - St Peter’s - Little Bay/Montserrat - Fähre - St. John‘s Dickenson Bay 17
36. 16.11.2019 Dickenson Bay
37. 17.11.2019 Dickenson Bay St. John‘s Dickenson Bay 16
38. 18.11.2019 Dickenson Bay St. John’s - English Harbour - St John‘s Dickenson Bay 31
39. 19.11.2019 Osbourn/Antigua - Flug - Marigot/Dominica
40. 20.11.2019 Marigot
41. 21.11.2019 Marigot
42. 22.11.2019 Marigot
43. 23.11.2019 Marigot
44. 24.11.2019 Marigot Douglas-Charles-Airport Marigot 6
45. 25.11.2019 Pointe du Bout
46. 26.11.2019 Pointe du Bout
47. 27.11.2019 Pointe du Bout Les Trois-Îlets Pointe du Bout 11
48. 28.11.2019 Pointe du Bout Fähre - Fort-de-France - Fähre Pointe du Bout 10
Summe 2250

Cyclist looking back smiling in El Salvador
Looking back smiling


Home: Touren Bikes Karte Suche & Kontakt

Tour 82: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) 2016
Karibik 2016
Chris Tour 91: Jerusalem - Dan - Eilat (1165 km) 2017
Negev 2017
on the Tour 96: Karibik II: Havanna - Miami (1560 km) 2018
Kuba 2018
Bike Tour 97: Kigali - Kampala - Nairobi (1136 km) 2019
Uganda 2019
© Copyright 2000-2024 Christoph Gocke. Alle Rechte vorbehalten.