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VG WORTTour 49: Färöer & Island (993 km)


Farbfelsen- Panorama mit dampfenden Quellen: Kerlingarfjöll, Island
Kerlingarfjöll, Island

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Färöer & Island (10.-23.8.2009)
Europa-Finale am Arktischen Ozean

Ausrüstung: Bike & More
Ausrüstung:
Bike & More
Nach Fahrten durch 49 Länder Europas fehlte mir nur noch eins: Island. Wir nahmen zunächst die Fähre von Dänemark zu den Färöer-Inseln. Auf den "Schafinseln" radelten wir uns drei Tage warm. Dann noch eine Fährnacht bis zur Ostküste von Island. Von dort fuhren wir zunächst im Norden auf der Ringstraße durch einsame Vulkan-Wüsten, dann auf der noch einsameren Kjölur-Route durchs Hochland mit den Highlights Kerlingarfjöll, Gullfoss und Geysir. Regen und Temperaturen waren ideal - zumindest für den abschließenden Marathon in Reykjavík. Bevor uns der Wind in den äußersten Süd-Westen Islands zum Flughafen Keflavík trug.


Teil 1
Fähre & Färöer
Ein schwankendes Laufband und das Papageitaucher-Paradies


Freitag, 7. August 2009: Genauer gesagt begann das Abenteuer schon einige Tage vorher, als ich...

Färöer

Teil 2
Island
Auf Ringstraße und Hochlandpiste durch Vulkanlandschaften

Blick von der Norröna beim Einlaufen in den Hafen von Seyðisfjörður, IslandIsland nach der Finanzkrise: Weintrauben im Sonderangebot
Donnerstag, 13. August 2009: Seyðisfjörður - Egilsstaðir - Fellabær (36 km)

Bei ruhiger See schippern wir in den langen Fjord von Seyðisfjörður (Foto links). Ein kleines Dorf mit großem Hafen. Wir müssen erstmals das ganze Gepäck dauerhaft auf den Rädern installieren. Der psychologische Nachteil: auf den Färöer sind wir mit einem Drittel des Gepäcks geradelt. Als Vorgeschmack noch einen Kilometer Schotter zu Beginn. Und dann geht's geradewegs vom Ortsende aus bergauf. Auf 650 m. Gegen den Wind. Um uns herum die endlose Fahrzeugschlange von der Fähre. Nervenzehrend.
Anfangs ist es sieben Grad. Die Steigung steigert unsere Betriebstemperatur, das Thermometer zieht auf 14 Grad an. Auf dem Hochplateau oben, wo sie an einer Staumauer für einen kleinen See basteln, ist es schon wieder 11. Jetzt haben uns auch alle Motorräder, Wohnmodile, SUVs etc. von der Fähre endlich überholt.
Die Abfahrt bringt max. 66,5 km/h. Viele Serpentinen. Es wird wieder wärmer. In Egilsstaðir holen wir einige ein. Der Geldautomat spuckt immer noch Geld. In der dazu gehörigen Bank gibt's free Internet und free Coffee, Kakao und alles dazwischen.
Während Miri sich in der Sonne aufwärmt, geh ich shoppen im schräg gegenüber liegenden Samkaup-Supermarkt. Bonus, den isländischen Aldi, entdecken wir erst später. So wohl auch Alex und Matze, die beiden Schwaben aus unserer Färöer-JuHe, die sich gleichfalls hier eindecken. Sie sind für drei Euro mit dem Bus über den Pass. Wenden sich jetzt aber südwärts.
Die Fähr-Gäste haben den Markt schon ganz gut geplündert. Das Keksregal ist so gut wie leer. Die Preise ok. Die isländische Krone hat durch die Finanzkrise die Hälfte an Wert verloren. War Island noch vor einem Jahr ein superteures Touri-Pflaster, bekommt man jetzt Weintrauben im Sonderangebot für weniger als zwei Euro das Kilo.

Miri bei der Heidelbeer-Ernte in der Abendsonne von Fellabær, Ost-Island Als wir endlich loskommen, ist die Sonne schon wieder weit weg und düsterste Wolken ziehen uns entgegen. Nach vier, fünf Kilometern treffen wir auf sie und ihren Niederschlag. Dummer Weise ist Miri schon voraus, während ich Regen-Feintuning am Gepäck vornehme und mich dann entschließe, in einem Container, der letzten Unterstellmöglichkeit für schätzungweise 60 Kilometer, auszuharren. Miri kommt irgendwann reichlich bedröppelt zurück. Fängt ja alles super an.
Dann ist der Regen weg, doch bevor weitere Experimente schief gehen, entschließen wir uns zu einer Camping-/Hütten-/Pensionslocation zwei Kilometer zurückzubewegen, wo wir ein schönes Doppelzimmer mit typisch isländischer Schlafsacknutzung bekommen, samt gemeinsamer Küchen- etc. -Nutzung. Bevor uns ein Spaziergang mit reicher Heidelbeerernte (Foto rechts) versöhnt.


Vulkan-Wüstenlandschaft im Nordosten von Island
Vulkan-Wüstenlandschaft im Nordosten von Island


Immer wieder am Straßenrand auf Island: schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium)Party-Pech: Sommerfest auf Islands höchst gelegenem Bauernhof
Freitag, 14. August 2009: Fellabær - Möðrudalur (109 km)

Die französische Familie in unserm Chalet ist schon einigen Radlern begegnet. Einem Türken gleich mehrfach. Der sei aber irgendwann auf den Bus umgestiegen. So weit sind wir noch lange nicht. Zumal wir Rückenwind haben. Und eine Landschaft, die gelegentlich als monoton beschrieben wird, uns aber zu immer neuen Begeisterungsstürmen hinreißt. Zumal, als wir nach einem langen Anstieg in ein Tal kommen, in das links und rechts Wasserfälle stürzen, unten das Wasser in den Vulkanboden einen schönen Graben gezogen hat, einzelne Bauernhöfe von gemähten Wiesen umgeben sind. Und dann gelegentlich die Sonne scheint.
Dass dennoch eiskalter Wind durch das Tal fegt, unser Rückenwind, merken wir erst, als wir an einem dieser Wasserfälle eine Pause machen wollen. Die wir dann doch ein paar Kilometer aufschieben, bis wir an einer Raststätte ein mit Fellen ausgelegtes Holz-Spitzzelt finden.
Am Nachmittag verabschiedet sich - nach einem weiteren langen Anstieg mit den allerletzten Metern Rollsplit auf Islands Ringstraße - die Vegetation völlig. Was angesichts der weiter drohenden Wolken verwundert: hier wächst nix. Vulkanlandschaft pur. Alles grau in schwarz. Auch die Wolken. Schwarzer Vulkansand. In dem sich dann doch wieder Schilfgras angesiedelt hat.

Chris on the Bike auf der Ringstraße in Island Wir verlassen die Ringstraße, um auf acht Kilometern Piste die Raststätte Möðrudalur zu erreichen. Islands höchst gelegener Bauernhof ist an diesem Wochenende ein isländisches Mekka. Das alljährliche Sommerfest steigt. In der Scheune bereiten sie eine kleine Kunstausstellung mit isländischen Motiven vor. Zimmer sind alle ausgebucht. Der Campingplatz schon ganz gut belegt, aber das wird sich noch erheblich steigern.
So werden wir zu unserm ersten gemeinsamen Campingglück gezwungen. Zur seelisch-moralischen Erbauung machen wir erst mal eine Jausen. Um dann in einer für unsere Vorstellung sensationellen halben Stunde ein uns bis dato völlig unbekanntes Zelt, das uns Gudrun und Michael netter Weise kurzfristig angeboten haben, aufzubauen.
Für das Probeaufbauen daheim oder in Zug und Schiff fehlte uns die Muße. Macht nix. Das Zelt ist quasi selbst erklärend, und die äußeren Umstände für einen Zeltaufbau sind ideal. Rasen, kein Regen. Noch kein Regen. Wenig Wind. Der Wohnwagen - Zelte gibt es kaum auf diesem Platz - der uns den meisten Wind nehmen soll, verbreitet jedoch von allen am meisten Lärm. Als wir bitten, die Country-Musik etwas zu reduzieren, verweist man auf das einmalige jährliche Fest. Wenn wir Ruhe gesucht hätten, seien wir in dieser Nacht am falschen Ort.
Es bleibt vorerst erstaunlich ruhig. Bis ein Wagen seine Scheinwerfer zunächst auf unser Zelt richtet, um seine Musik in alle Richtungen drönen zu lassen. So röhrt Pfarrerstochter Katy Perry ihre Klage über die Unentschlossenheit eines Fast-Bräutigams über den ganzen Zeltplatz: "Cause you're hot, then you're cold. You're yes, then you're no. You're in, then you're out. You're up, then you're down. You're wrong, when it's right. It's black, and it's white." Als "Hot N Cold" gelaufen ist, bequeme ich mich aus dem Zelt und kann für die Reduzierung der Musik aus dem Wagen, einem Großraumtaxi, sorgen. Nicht nachhaltig genug. Während ich mein erstes Viking-Bier trinke zur Live-Musik eines isländischen Folkmusikers ("Farian, Farian, Farian....") im Camping-Restaurant, dem Auftakt des Sommerfestes bei arktischen Temperaturen, kommt Miri und bittet um Versetzung des Zeltes. Ein weiterer Wagen ist zu unserm Nachbarn gestoßen und hat sein Eröffnungskonzert aus dem Autoradio begonnen. Um Mitternacht haben wir den zweiten Zeltaufbau hinter uns. Alle Heringe verankert. Etwas mehr Schieflage. Aber Ruhe.


Vaude-Zelt Mark III auf dem Camping-Platz von Möðrudalur, Island
Eine halbe Stunde dauert der erste gemeinsame Aufbau von Vaude-Zelt Mark III


Miri und der DampfHeiße Erde: Schwefel-Dampf und ein Bad im Schwefel-Bach
Samstag, 15. August 2009: Möðrudalur - Krafla - Reykjahlíð (85 km)

Sieben Grad. Die Nacht war kalt. Der Morgen ist kalt. Und duster. Auch wenn die Sonne früh aufgeht. Ohne dass man sie sieht. Die Campingplatz-Küche ist typisch isländisch und hat etwa Außentemperatur. Sie liegt etwas vertieft im Erdreich, von innen mit rohen, großen, groben Vulkansteinen belegt, darüber moorartiger Rasen und ein bisschen Holz. Tür offen und alles sowieso kaum abgedichtet. Immerhin es gibt einen Gasherd, auf dem man Tee-Wasser kochen kann. Und eine Kerze auf dem Holztisch.
Wir sind auf dem noch voller gewordenen Campingplatz die allerersten, sieht man von der deutschen Studentin ab, die die Camping-Küche reinigt, ein Sommerjob, den ihr eine (e)isländische Agentur vermittelt hat.
Der Ost-Rückenwind ist uns über Nacht erhalten geblieben. Weiter auf der Ringstraße Richtung Westen. Mit kleinen berg-bedingten Schlenkern. Bei den Temperaturen freuen wir uns über jede Steigung.
An der Abzweigung zum größten Wasserfall Europas (vom Volumen her und so), Dentifoss, rasten und ratschlagen wir. Wir frieren so, dass uns ein Blick auf einen noch so tosenden Fall eiskalten Wassers nicht wirklich wärmen kann. Außerdem sind 70 Kilometer Umweg ein bisschen viel und Wasserfälle auch nicht so mein Fall. Also, weiter. Über den schon hier tosenden Fluss, der weiter nördlich auf dem Weg zur arktischen See eben zum Wasserfall Dentifoss wird.
Dann bricht unerwartet Sonne durch. Sofort klettert das Thermometer auf 17 Grad. An der nächsten Bergkette hängen dafür die Regenwolken fest. Und regnen sich auf uns aus. Bis wir einmal so richtig nass sind.

Heiße Schlammtümpel: die Solfataren von Námaskarð Dann wird's noch isländischer: Dampfwolken entfernt halblinks und halbrechts. Halblinks liegen sie näher an der Straße. Zig Autos und Busse vor Ort. Wo kommen die her? Sonst aber nichts. Nicht mal ein Abfalleimer. Und natürlich die Schwefel-Schlamm, -Wassser und -Dampf speienden Erdlöcher (Foto links und rechts). Das riecht nach faulen Eiern. Aber ist auch schön warm. Für einen kurzen Moment, bis die Übelkeit hochkommt.
Das brodelnde Erdinnere ist ein wenig eingezäunt. Die Erdkruste ist dünn. Nicht einsinken! In 200 Grad heißes Sulfat. Miri möchte auch zu den halbrechten Dampfwolken am Vulkan Krafla. Die ersten 300 hm steige ich mit. Sehe einen dampfenden Bach, in dem ich ein wohltemperiertes einstündiges Bad nehme. Die Schwefeldämpfe sind gerade erträglich. Mein Körper wird so eingeschwefelt, dass ich und meine Klamotten bis zum Ende der isländischen Tage nach Schwefel duften. Bin ich jetzt länger haltbar als geschwefelte Aprikosen?
Miri erklimmt die Berge. Wieder vereint rollen wir zum Myvatn. Zu deutsch Mückensee. Doch bei nunmehr zwölf Grad bleiben die Mücken in ihren Verstecken. Dafür Touris ohne Ende.
Zimmer sind schon lang nicht mehr zu bekommen. Auf dem Campingplatz direkt am See eine riesige Zeltstadt. Wohnmobile haben hier nur eine winzige Zone am Rand. Israelis sind hier, ansonsten wie meist Franzosen, Italiener, Tschechen. Die Tschechin an unserm Abendbrottisch im restlos ausgelasteten Küchenzelt hatte mit ihrem Freund keinen Platz mehr auf der Fähre bekommen. Nur teure Kabinen seien noch im Angebot gewesen. Da sind sie von Berlin nach Reykjavík geflogen.


Spätabendstimmung am Myvatn (Mückensee), Island
Spätabendstimmung am Myvatn (Mückensee)


Vulkan-Landschaft am Myvatn, IslandMorning Prayer am Mückensee und Dinner am Arktischen Ozean
Sonntag, 16. August 2009: Reykjahlíð - Goðafoss - Akureyri (105 km)

Das Küchenzelt hat um halb acht noch freie Kapazitäten. Kann ich Porridge und Tee kochen. Es ist nicht so kalt.
Mit einigen Hundertstel Minuten Verspätung schaffen wir es zum 8.30-Uhr-Morning-Prayer in der kleinen Kirche. Ein älterer Pfarrer, eingekesselt wie in den meisten isländischen Kirchen von den Kniebänken zum Abendmahls-Empfang, singt mit drei älteren Isländern und einer älteren Isländerin. Die Gottesdienst-Texte sind zweisprachig auf einen Zettel gedruckt. Die englische Version trägt der Pfarrer mit römischen Collar immer mit Blick auf uns vor. Die Kirchenlieder sind meist deutscher Provenienz und den isländischen Text singen wir munter mit. Nicht gut aber gut gemeint.
Miri möchte ein bisschen am Mückensee bleiben. Ich radle weiter um die Südseite des Sees mit seinen Pseudokratern und andern Vulkanphänomenen. Dann die erste von drei Steigungen. Im nächsten Tal komme ich mit einem älteren deutschen Radler ins Gespräch. Er hat heute seinen Fotografier-Tag, wie er sagt. Überall entdeckt er wilde Stiefmütterchen. Für die ich mich nur begrenzt begeistern kann. Vor 25 Jahren ist er die Strecke durchs Hochland, die wir nehmen wollen, im Juni gewandert. Fünf Tage sei er niemandem begegnet. Und als er an der zentralen Wetterstation ankam, sei er der sechste Besucher des Jahres gewesen.

Goðafoss Wasserfall, Island Er biegt zur Tankstelle ab und ich zur zweiten Steigung. Hinter der sich das heutige Highlight verbirgt: Goðafoss - ein gigantischer Wasserfall. Günstiger Weise direkt an der Straße. Prachtvoll kracht das Wasser auf breiter Front hinab (Fotor rechts). Da die Sonne sich mal wieder verabschiedet hat, ist es ein wenig kühl. Ich bleibe trotzdem zur Mittagspause.
Die letzte Steigung, und ich rolle hinab zum Arktischen Ozean. Am Ende des Eyjafjördur Fjords liegt Akureyri, mit ihren 17.253 Einwohnern die zweitgrößte Stadt auf der Island-Insel und mithin "Hauptstadt des Nordens".
Nach den Erfahrungen der letzten Tage haben wir telefonisch im Guesthouse AkurInn vorgebucht. Ich bin kurz vor Miris Bus vor Ort und nehme zwei Fünftel des Fünf-Bett-Zimmers in Beschlag.
Wenn wir schon in einer richtigen Metropole sind, gehen wir auch mal so richtig essen. Im Bautinn ist es brechend voll. Der Fisch ist gut und das Salatbuffet gibt zusätzlich Vor-, Haupt- und Nachspeise her.


Chris nass in der Sonne vor Regenbogen, Island
Rainbow Warrior: Chris nass in der Sonne vor Regenbogen


Radler im Gegenverkehr auf der Ringstraße 1 in Island bei AkureyriSonniges Eisland mit Waffeln und Regenbogen
Montag, 17. August 2009: Akureyri - Varmahlíð - Bólstaðarhlíð (119 km)

Der Morgen in der Nord-Hauptstadt Auryeri bringt beglückende Erlebnisse: Kerstin und Christian, ein sympathisch zufriedenes Paar aus Unter-Hambach bei Heppenheim am Frühstückstisch, das den Mietwagen wegen lahmender Elektronik ausgetauscht bekam und an schönen Fjorden an der Westküste in einer Cottage mit Blick auf Robben schlief; in der Touri-Info organisiert man zwei Betten für uns am Wochenende in Reykjavík. Das ist eine Sensation. Denn es ist DAAAAS Wochenende des Jahres in Islands Hauptstadt. Kultur-Wochenende, Marathon.
Internet-mäßig versagt die Touri-Info: keine Stick-Nutzung, alles zu langsam. Stattdessen versuche ich, mit meinem neuen Netbook WLAN-mäßig online zu gehen. Mir fiel schon gestern auf, dass in der großen KEA-Buchhandlung am Ausgang der Fußgängzone Leute mit ihren Laptops saßen. Setze ich mich auch kurz rein. Das freie Netzwerk KEA Vodafone hilft mir nicht weiter.
Ich frage die andern Notebook-User. Der erste sagt mir, das funktioniere nicht. Ich sehe aber, dass andere ihre Mails lesen. Und, siehe da, ein zweites Vodafone-Netz ist kostenlos zugänglich. Und das ein paar Meter südlich des Polarkreises an der Arktischen See.

Vor der Abfahrt vom 440-m-Pässle zwischen Varmahlíð und Bólstaðarhlíð, Island Weg, Wind und Wetter meinen es wieder ganz gut mit uns heute. In einem Bogen am Fjord entlang biegen wir ein zwischen zwei Bergketten mit Schneefeldern in den höheren Lagen. Ein breites, alpin anmutendes Tal. In dem genau zur rechten Zeit ein Restaurant auftaucht. Vor dem wir in der Sonne draußen sitzen können bei Fritten, Waffeln, Cacao. Ein neues Eisland-Gefühl.
Als wir aufbrechen, hat leider der Wind gedreht und peitscht jetzt auch noch Regen über uns. Wie schon des Öfteren fahren wir während des Regens in der Sonne. Und werden trotzdem nass (Foto oben mit Regenbogen). Auch als es ein bisschen bergauf geht über ein Pässle von 560 m. Hier auch die alltägliche Begegnung mit einem Rad-Paar in Gegenrichtung (Foto links).
Gegenwindfahren dicht an dicht heißt es auch auf der Abfahrt. Bis wir in Varmahlíð (isländisch für Warmer Abhang) wieder fast auf Meereshöhe sind. In dem 139-Einwohner-Dorf, einem Mittelzentrum (!) der Region Skagafjörður, decken wir uns für die nächsten Tage im einsamen Hochland ein. Miri nimmt dann die letzten 20 Kilometer mit dem Bus, während ich mir noch ein weiteres Pässle mit 440 m (Foto rechts) gönne.
Am Fuß der Abfahrt treffen wir uns an der Abzweigung Richtung "Svartárdalur" in Bólstaðarhlíð, wo die Schlafsack-Unterkunft mit der Riesenaufschrift Húnaver, genauer das "Húnaver Kommune Center", uns ganz allein gehört. Ein großer Festsaal mit Bühne, Küche und neuen Duschen im Keller. Und eben ein paar Matratzen zum Schlafen. Alle Heizkörper laufen. Zum Glück. Miri kürt die Unterkunft zur bisher besten auf dieser Tour.
Erstaunlich die Dimension des Kommune Center, denn rundherum sind nur zwei Gehöfte zu sehen und ein Kappellchen. In dieser Einöde entdeckt mein Netbook auch noch frei zugängliches WLAN. Zum zweiten Mal an diesem Tag. Die düstere Wetterprognose für Mittwoch lautet unverändert Dauerregen, der nun auch schon am Dienstag Abend loslegen soll.


Kjölur-Route kurz vor Hveravellir, im Hintergrund der Langjökull-Gletscher, Island
Kjölur-Route kurz vor Hveravellir, im Hintergrund der Langjökull-Gletscher


Mit den Schafen fast auf Augenhöhe: Chris im Hochland von Island, Kjölur-RouteAlles wird duster
Dienstag, 18. August 2009: Bólstaðarhlíð - Hveravellir (92 km)

Nach drei, vier Kilometern auf der Ringstraße verlassen wir den Asphalt, um auf der Kjölur-Route das Hochland von Island zu durchqueren. Die Piste ist zunächst hervorragend. Anfangs ist die Gegend für isländische Verhältnisse dicht besiedelt. Dann ist sie gar einige Aufwärts-Kilometer asphaltiert. Wie sich herausstellt für ein E-Werk, das die Energie aus mehreren hintereinander liegenden Staudämmen bündelt. Obwohl die Seen fast auf höchster Höhe liegen, sind sie voller Wasser. Eine kahle Hochebene, die uns anfangs wenig Mühe bereitet (Foto links).
Auch heute sind unsere Pausen Wetter-Zäsuren. Nach der ersten Pause hat sich der Wind gedreht. Statt Rückenwind aus Norden, starker Gegenwind aus Süden. Da nützt auch eine gute Piste nix. Wir strampeln plötzlich für jeden Meter. Und sind froh, schließlich am Pistenrand eine Schutzhütte zu finden. Drei hintereinander liegende Zimmer: Küche, Wohnraum, Schlafraum. Sie ist leer, man kann hier übernachten, Müll soll man mitnehmen. Wir sind froh, aus dem Wind herauszukommen. Und der Kälte. So kalt, dass Miri erstmals ihren Mini-Esbit-Kocher aufbaut, um sich eine Tasse Tee zu brauen. Funktioniert.
Als wir wieder auf die Strecke gehen, hat sich der Gegenwind verflüchtigt. Dafür wandelt sich die Piste zu Sand und Geröll. Das bremst noch mehr als der Gegenwind. Die letzten 15 Kilometer werden zur Qual. Zumal es hier und da auch noch regnet. Vegetation hat sich völlig verflüchtigt. Alles ist duster: Erde und Himmel und unsere Stimmung. Auch die links (Langjökull) und rechts (Hofsjökull) in der Ferne auftauchenden Gletscher können uns nicht erheitern.

Abendbad im Pool von Hveravellir Rauch am Horizont. Dort muss Hveravellir liegen. Mit zwei Übernachtungshütten, aber auch Campingmöglichkeiten, auf die wir wenig Lust verspüren, weil Wolken und Wettervorhersage weiteren Regen verheißen. Genauer gesagt: morgen einen Dauerregentag. Die vielen Zelte und die kleine Hütte machen wenig Hoffnung. Alle Betten ausgebucht. Zeltaufbau in leichtem Regen vor schwerem Regen, an den wir aber noch nicht so recht glauben. Und deshalb Heringe und Seile recht locker montieren.
Der von den heißen Quellen der Umgebung gespeiste Pool wärmt und stimmt uns milde. Er muss durch kaltes Wasser auf menschliche Temperaturen gebracht werden. Da kalter und heißer Zufluss an entgegengesetzten Enden des Beckens liegen (Foto rechts; im Vordergrund das Rohr mit dem heißen Zufluss) betätige ich mich als lebender Quirl, um einen angenehmen Whirl-Pool zu schaffen. Eine Nürnberger und eine französische Familie bleiben - so wie wir - endlos im Pool.


Hveravellir am Abend, Island
Hveravellir am Abend


Rad auf Piste nach Regen in IslandWolkenlücken am Regentag
Mittwoch, 19. August 2009: Hveravellir - Kerlingarfjöll (41 km)

Der seit Tagen für heute angekündigte Dauerregentag beginnt schon in der Nacht. Begleitet von der ein oder andern Windböe. Unsere Zeltaufbau-Nachlässigkeiten werden nicht bestraft. Auch am Morgen gibt es keinen Grund, das Zelt zu verlassen. Wir lassen den Regen prasseln. Und genießen das geräumige Zelt. Ein verlängerter Mittagsschlaf. Am späten Nachmittag stellen wir wider Erwarten fest, dass der Regen fast vollständig nachgelassen hat. Und machen uns auf die Piste.
Die ist besser als zuletzt. Auch wenn wir im Durchschnitt über 11 km/h nicht hinauskommen. Der Regen hat viele Pfützen hinterlassen (Foto links). Das meiste Wasser aber ist durch den Asche-Lava-Boden schnell abgeflossen, sodass die Strecke sehr stabil ist. Dank des Regens wirbeln die wenigen Fahrzeuge auch keine Staubfahnen mehr auf.

Radlerin auf Piste nach Regen in Island Nach 30 Kilometern auf der F35 biegen wir zum Kerlingarfjöll ab. Die Strecke ist nicht schlechter, nicht besser. Ein paar kleinere Flüsse sind durch Dämme überbrückt. Die Wolken bilden ein paar Lücken. So ist es um 22 Uhr halbwegs hell, als wir um eine Ecke biegend die Hüttenzeile von Kerlingarfjöll erblicken.
Viel größer als erhofft. Zwei Matratzen hatten sie uns von Hveravellir reservieren können. Aber hier gibt es viel mehr Kapazitäten als dort. Und eine sechsköpfige deutsche Studentengruppe, die mit ihren Mountainbikes viel abenteuerlichere Wege im Hochland in Angriff nimmt als wir. Und von denen Lisa, Basti und Christoph schon den Manali-Leh-Highway in Indien hinter sich gebracht haben.


Bachlauf mit Algen am Kerlingarfjöll, Island
Bachlauf mit Algen am Kerlingarfjöll


Miri im Farbfelsen- Panorama mit dampfenden Quellen: Kerlingarfjöll, IslandHighlight-Tirathlon im Nord-Wind:
Donnerstag, 20. August 2009: Kerlingarfjöll - Gullfoss - Geysir (99 km)

Nach dem Frühstücksbuffet geht's ohne Gepäck um die Ecke rauf zum Kerlingarfjöll. Je näher wir unserer Tour-Höchstmarke von 1056 m kommen, desto mehr nähert sich das Thermometer der Tour-Tiefstmarke von drei Grad. Schlamm, Geröll und saftige Steigungen lassen uns gelegentlicht auch ohne Gepäck schieben. Durch eine Lücke im Fels kann man erste Dampfwolken erkennen. Das belebt immer das Tempo. Und verheißt Wärme.
Schon einige Meter vor einer Absperrung lassen wir die Räder stehen und stapfen durch den Matsch. Unversehens bietet sich plötzlich wieder mal ein grandioses, völlig neues Island-Panorama (Foto links). Und die Mikrobetrachtung (Foto oben) ist genauso spektakulär. Nur richtig warm wird's nicht. Ganz im Gegenteil. Mir ist so kalt, dass ich voranrase - soweit der Weg das zulässt - zurück zum Hüttendorf. Wo wir uns kräftigen und kräftig aufwärmen.
Es geht zurück etwa zehn Kilometer zur Abzweigung von der Kjölur-Route. Und heiter weiter. Denn heut ist wieder Rückenwindtag. Der Nordwind unterstützt unsere Pistenfahrt nach Kräften. Aber auch ein Kölner Jeep-Gespann, aus dem heraus wir Snickers und Snickers Cruncher gereicht bekommen. Die dazugehörige Familie ist auf ihrem x-ten Island-Trip.
Vorher und nachher fotografiert uns ein Franzose. Der uns beim zweiten Mal weitere Radler im Gegenverkehr ankündigt. Zwei Paare kämpfen sich gegen den unentwegt dahin fegenden Nordwind. Mit dem zweiten kommen wir ins Gespräch. Verheißen ihnen in elf Kilometern Entfernung eine Schutzhütte, wo selbst wir froh waren, aus dem Geräuschpegel des Windes für einige Minuten rauszukommen. Miri ist es dort gelungen, mit ihrem Esbit-Kocher den Feuermelder zur Meldung zu bringen. Er erstummt aber, als sie mit dem Mini-Kocher wieder nach draußen geht, wo selbst auf der windgeschützesten Ecke des Holzhauses keine rechte Hitze im Alubecher aufkommen will.
Gerade nachdem wir dem deutschen Paar gesagt haben, die Qualität der Piste bleibe konstant, müssen und dürfen wir feststellen, dass das Paar bisher eine viel bessere Pistenqualität hinter sich gebracht hat. Auf der wir vom letzten Pässle mit max. speed von 65,5 km/h runterrasen.

Wasserfall aller Wasserfälle in Island: Gullfoss Wesentlich früher als erwartet, schon 17 Kilometer vor Gullfoss, haben wir wieder Asphalt unter den Reifen. Und rollen zum bekanntesten Wasserfall Islands: Gullfoss, der Goldene Wasserfall. Genauer: ein Doppel-Wasserfall des Flusses Hvítá, der vom Gletscher Langjökull gespeist wird. Er rauscht erst nach halblinks, dann nach rechts in eine ganz schmale Spalte (Foto rechts). So schmal, dass ein Großteil der Gischt auf der gegenüberliegenden Seite niederkommt und von da runterfließt.
Nehmen wir noch die wenigen Kilometer zum Geysir, genauer gesagt zum Vater und Namenspatron aller Geysire. Wieder ist in der klaren Luft die Wasserfontäne sehr früh zu sehen und scheint viel näher als sie ist. Zumal zuletzt die Strecke nach Westen dreht und wir uns so etwas gegen den Nordwest-Wind kämpfen müssen. Dann sind wir da und sind nahezu die einzigen an Islands Touri-Ziel Nr. 1. Der Geysir "Geysir" ist allerdings weitgehend außer Betrieb. Touristen haben ihm mit Steinwürfen soweit zugesetzt, dass er seine Tätigkeit vor Jahren nahezu eingestellt hat. Bleibt sein kleiner Verwandter rund 50 Meter weiter: Strokkur.
Miri ist hin und weg, wie der Geysir minutenlang recht ruhig daliegt, sich dann das Wasser langsam anschaukelt und die Eruption plötzlich in Sekunden bis auf eine Höhe von 20, 30 Metern schnellt. Manchmal gefolgt von einer weiteren Eruption. Um uns dann wieder rund sieben Minuten warten zu lassen. Zeit, sich andere kleinere brodelnde und zischende Erdöffnungen zu betrachten.
Hotel- und Schlafsackunterkünfte sind ausgebucht. Der Campingplatz ist angesichts des unverändert brausenden Windes eine nicht besonders attraktive Variante. Eines von mehreren sehr liebevoll eingerichteten Chalets auf einem Reiterhof, an dem wir drei, vier Kilometer zuvor vorbeigefahren sind, können wir telefonisch reservieren.



Miri erlebt frierend einen Ausbruch des Geysir Strokkur

Alle sieben Minuten ein Ausbruch: Geysir Strokkur, Island
Alle sieben Minuten ein Ausbruch: Geysir Strokkur


Spalten zwischen den Kontinental-Platten von Europa und Amerika bei Þingvellir, IslandZum Marathon in Amerika
Freitag, 21. August 2009: Geysir - Laugarvatn - Þingvellir - Reykjavík (114 km)

Der Nord-Wind hat nicht nachgelassen, ist eher noch stärker geworden. Windstärke 4 mit Böen von 60km/h verheißt wetteronline.de, als ich kurz den Geysir-Hotelcomputer nutze, während Miri noch ein paar Strokkur-Ausbrüche bewundert (Youtube-Video oben links: mit grellem Windpfeif-Konzert). Schon auf den ersten Metern hierhin kamen wir durch den Seitenwind nur schleppend voran und wurden mehrfach in Sekundenbruchteilen auf die Gegenfahrbahn geschoben.
So geht's auch vorerst weiter. Sobald sich die Strecke nach Westen wendet, balancieren wir mit einem Kraftakt an der rechten Fahrbahnseite. Es ist leichter zu fahren, als die Strecke für ein, zwei Kilometer zurück nach Norden führt. Der frontale Gegenwind hat weniger Angriffsfläche am Rad als der Seitenwind.
In Laugarvatn finden wir zurück in die Zivilisation. Unser erster Supermarkt seit vier Tagen, seit Varmahlíð. Jetzt brauchen nur kaum noch was, denn Reykjavík liegt nahe. Zwei längere Höhenzüge erwarten uns. Der erste weitgehend mit Piste ausgestattet, auf der ein Großteil des Geysir-Tourismus uns entgegenfährt. Dann geht die Fahrt hinunter zum See Þingvallavatn. Die Sonne kommt raus und glücklicherweise wählen wir die Nebenstraße direkt am nördlichen Seeufer. Erreichen so Þingvellir - historisch und geologisch ein weiteres Highlight. Hier am "Þing" (sprich: Thing) übten die Isländer jahrhundertelang Demokratie, während der Rest Europas noch feudal regiert wurde. Zugleich öffnet sich hier der Graben zwischen der europäischen und amerikanischen Kontinentalplatte. Wir wechseln quasi durch ein paar Raddrehungen rüber nach Amerika. Der große Graben ist umgeben von zahlreichen kleinen Gräben (Foto links). Und windgeschützter ist es hier auch.

Pferde im Lava-Feld, Island Noch einmal bergan. Die isländischen Pferde werden zahlreicher (Foto rechts). Kurz bevor wir auf die Ringstraße, die "1", zurückkehren, beginnt ein Radweg. Leider nicht beschildert. Er begleitet kurz die "1", weiterhin unbeschildert und verliert sich. Halten wir uns an die große Ringstraße, die bald sechsspurig ist, aber einen passablen Seitenrand zu bieten hat. Erst am nächsten Tag erfahren wir in der Touristen-Info, dass es direkt am Meeresufer einen offiziellen Radweg gibt.
So aber folgen wir der Automasse in die Stadt. Schießen ein paar Meter über unser erstes Ziel hinaus, die große Laugardalshöll Sports Hall. Bis 19 Uhr kann ich mich hier anmelden für den morgigen Marathon, auf isländisch "Maraþon". Miri hat so viel Tempo am Nachmittag gemacht, dass wir schon kurz nach 18 Uhr vor Ort sind. Vor allem Deutsch hören wir bei den Athleten mit Startunterlagen unterm Arm.
Anmeldung geht ruckzuck. Online hätte ich 64 bzw. 78 Euro zahlen müssen, vor Ort kann ich in Kronen zahlen. Da ihr Wert sich seit Festsetzung der Startgebühren halbiert hat, zahle ich nur rund 39 Euro. Pasta-Party gibt's auch. Dann geht's am Ufer entlang zur Innenstadt mit Dom.
Reykjavík hat etwa so viele Einwohner wie Mainz. Alles ist überschaubar. Unterkünfte allerdings Mangelware, weil nicht nur Hauptsaison ist, sondern neben dem Marathon auch die jährliche Kulturnacht. Gut, dass wir schon von Akureyri aus zwei Betten im Capital Inn gebucht haben. Das liegt zwar noch einmal übern Berg, ist aber trotz 16 Betten im Souterrain-Zimmer sehr angenehm, sympathisch.


Schnell als die Belichtungszeit: Christoph Gocke beim Reykjavík-Marathon 2009 in IslandBesser als gar kein Sport
Samstag, 22. August 2009: Reykjavík Marathon (42,2 km)

Am Frühstückstisch nippt ein amerikanisches Paar an seinen Kaffee-Bechern. Auch Marathonis. Ihr zweiter Lauf über die 26 Meilen. Beim ersten Mal in ihrer Heimat Wisconsin lagen sie knapp über vier Stunden, diesmal wollen sie es darunter schaffen. Ich hab es seinerzeit beim dritten Versuch geschafft. Auch sie haben lange Hosen, langärmelige Shirts an. Er wollte in kurzen Hosen laufen. Hat sich angesichts der lokalen Temperaturen gestern noch eine lange Adidas-Hose gekauft.
Die Australierin, die gemeinsam mit den Amerikanern ein Taxi zum Start gechartert hat, arbeitet grad in London und dachte sich, wo sie so nah sei, könne sie ja auch kurz nach Reykjavík fliegen und den Marathon mitlaufen.
Ich fahr unterdessen mit dem Rad die wenigen Kilometer über den Berg zum Start. Da ich keine Laufklamotten mitgenommen hab, starte ich in meiner Radhose, die trotz tagelangen Einsatzes immer noch vor allem nach dem einstündigen Schwefelbad im Bach duftet. Als Trikot trage ich die Assos-Rad-Jacke, die Miri während der Tour getragen hat (Foto links) und die enger anliegt als mein Windstopper.
Reichlich frisch ist Reykjavík an diesem Morgen. Zumal der Start auf 8:40 Uhr angesetzt ist. Halb- und Ganz-Marathonis gehen gemeinsam auf die Strecke. Trennen sich bei etwa Kilometer 17. Rund tausend Leute gehen an den Start, zu dem die Veranstalter den Queen-Klassiker "Don't Stop Me Now" laufen lassen: "Tonight, I'm gonna have myself a real good time..." Let's hope so.
Der erste Kilometer läuft wie meist recht gemächlich. Aber ich spüre kaum, dass mein letzter Lauf auf dem schwankenden Laufband der Dänemark-Färöer-Island-Fähre zwei Wochen zurück liegt. Der Wind kommt anfangs von hinten, bald dreht die Strecke aber am Nordufer zurück. Dank der vielen Läufer lässt sich aber immer locker im Windschatten laufen. Zwei kurze Schauer runden das Bild eines typisch isländischen Tages ab.

Ziel-Ekstase: Christoph Gocke nach 42 Kilometern beim Reykjavík-Marathon 2009 in Island Tendenziell wird es wärmer. Mein Tempo etwas schneller. Den ersten Halbmarathon laufe ich in 1:52. "I feel alive, and the world, turning inside out, yeah, and floating around in ecstasy, so don't stop me now." Wenn man drei Monate lang nie weiter als 12 Kilometer gelaufen ist und die letzten beiden Wochen überhaupt nicht. Ich laufe länger als geplant. 28 km, 30 km, 32 km. "Leaping through the sky, like a tiger, defying the laws of gravity." Dann zwinge ich mich zum Walken. Jetzt überholt mich die Wisconsinerin aus unserm Capital-Inn-Hostel. Ihr Mann habe Probleme. Musste wohl aufhören. Und sie wird es nach meiner Hochrechnung auch diesmal nicht unter vier Stunden schaffen, obwohl sie sehr locker läuft.
Ab und zu gerate auch ich wieder ins Laufen. Es ist einfach zu wenig los an der Strecke. Im Prinzip gar nix. Da stört's auch nicht, dass einige Läufer von Radlern begleitet werden. Überraschend taucht Miri auf. Sie hat mich lange gesucht, aber ich war meiner geplanten Zeit weit voraus. Jetzt kurz vor dem Ziel gibt sie mir den letzten Schub trotz sich beschwerender linker Wade. Auf den letzten hundert Metern stehen sogar einige Zuschauer, mit denen ich mich gegenseitig hochputsche. Unter ihnen die Wisconsinerin, das ist super nett.
Die Zeit: 4:24:18. Sensationell. Vierzig Minuten schneller als beim letzten, leichteren Marathon in Mainz vor ein paar Monaten. Ich gerate ein wenig in Ziel-Ekstase (Foto rechts). Marathon ist eben immer noch besser als gar kein Sport. Und dann fast Mainzer Verhältnisse: es gibt Brezeln. Aber auch wieder ein bisschen Regen. Eine Isländerin versichert mir, das Wetter sei bei den 25 vorangegangenen Reykjavík-Marathons besser gewesen. Aber wofür haben wir die Freikarte für ein geothermisches Bad bekommen? In der Sundhöll haben sie einen Pool mit Marathon-gerechten 42 Grad.



Vor drei Monaten war ich auf wesentlich leichterer Strecke in Mainz
mit 5:04:26 vierzig Minuten langsamer und hab auch kräftig gejubelt.


Dann klinke ich mich in Miris Kulturnacht-Programm ein, dem Höhepunkt des Reykjavíker Sommerprogramms. Isländische Chöre, Bands an jeder Straßenecke, Foto-Ausstellungen, der französischen Jazzer Marc Ducret, der so etwas wie Zwölfton-Jazz-Musik produziert.
Restaurant-Plätze sind angesichts der Massen ohne Vorbestellung nicht zu bekommen und mein Aktivitätsradius verkleinert sich zusehends. So schafft es die vermutlich einzige Wespe Islands, sich beim Schluck aus der (Malz-)Bier-Dose zwischen Dosenrand und Lippe zu klemmen und in letztere kräftig zu stechen. Die Risiken stecken meist dort, wo man nicht mit ihnen rechnet. Auch wenn sich Sonjas "Unvernünftig!!!"-SMS vermutlich nicht aufs Biertrinken bezog.


Blick zurück über versteinerte Lava auf Reykjavík und Umgebung, Island
Blick zurück über versteinerte Lava auf Reykjavík und Umgebung


Miri in Vulkand-Landschaft auf dem Radweg zwischen Reykjavík und dem Flughafen von Keflavík mit Meeresblick, IslandAbschied durch Lavafelder in Rekordtempo
Sonntag, 23. August 2009: Reykjavík - Keflavík (47 km) Flug Reykjavík/Keflavík - Frankfurt

Ein morgendlicher Radlausflug zum kleinen "Strand" von Reykjavík - mit hellem Sand aus Marokko - führt uns nicht zum erhofften Warmbad, weil der Thermal-Pool durch die Flut überflutet ist. Wind und Wetter laden nicht grad zum Schwimmen im Meer ein. Obwohl die Anlage mit Beach-Volleyball, -Fußball und Liegestühlen so tut, als sei man am Mittelmeer oder zumindest mal an der Ostsee.
Der starke Ostwind lässt uns aber noch mal Nachdenken über die Option per Rad zum Flughafen zu kommen. Gedacht, getan. Nach dem Abschied von unserm 16-Bett-Hostel-Souterrain-Zimmer (Notausgang ein kleines Fenster im oberen Viertel der Wand) lassen wir uns vom Wind durch Lavafelder zum Flughafen auf die Halbinsel Reykjanes tragen.
Anfangs gelegentlich mit Radweg (Foto links), auf die Dauer auf der am Sonntag Morgen kaum befahrenen Schnellstraße. Mit 22,3 km/h unsere schnellste gemeinsame Etappe ever. Islands raues Wetter kann eben auch viel Gutes mit sich bringen.
Unter den Perma-Wolken belohnt uns beim letzten Blick aufs Meer am Horizont noch eine Vulkan-Silhouette (Foto unten). Das Größte am Flughafen ist der Duty Free Bereich. Auch hier treffen wir wieder auf reichlich deutsche Radler. Zwei Berliner zum Beispiel. Sie waren mehr im Süden unterwegs und haben so das Highlight Landmannalaugar per Piste erobert. Island ist ein großes, abwechslungsreiches Eiland. Groß genug für ein paar weitere Wochen Radl-Touren
Unsere ist erst mal zu Ende. Die Färöer faszinieren durch schwarz-grüne Gleichförmigkeit, Island durch polychrome Vulkan-Landschaften mit Schwefel-Dömpfen. Extreme, die 27 Jahre nach meiner ersten Tour Richtung Luxemburg, meine all-countries-of-europe-touren perfekt beschließen.
Die Fahrräder gehen anstands- und kostenlos bei Icelandair mit. Nicht mal die Luft müssen wir aus den Reifen lassen. Nice guys. Bye-bye, Iceland.


Vulkan-Silouhette am Meer bei Keflavík, Island
Vulkan-Silouhette am Meer bei Keflavík


Route Färöer & Island



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Routen-Karte Färöer & Island
Gelb = Route; Rot = Frühere Touren

Island
Routen-Karte Island
Rot = Fahrt-Route; Gelb = Etappen-Start/-Ziel


Etappen Färöer & Island (10.-23.8.2009)

Details mit Geschwindigkeiten, Höhenmetern etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 10.8.2009 Tórshavn Saksun - Hvalvík - Tjörnuvik Hvalvík 95
2. 11.8.2009 Skálabotnur Gjógv - Eiði Oyrarbakki 51
3. 12.8.2009 Wanderung Tórshavn - Kirkjubøur - Tórshavn (16 km)
4. 13.8.2009 Seyðisfjörður Egilsstaðir Fellabær 36
5. 14.8.2009 Fellabær Möðrudalur 109
6. 15.8.2009 Möðrudalur Krafla Reykjahlíð 85
7. 16.8.2009 Reykjahlíð Goðafoss Akureyri 105
8. 17.8.2009 Akureyri Varmahlíð Bólstaðarhlíð 119
9. 18.8.2009 Bólstaðarhlíð Hveravellir 92
10. 19.8.2009 Hveravellir Kerlingarfjöll 41
11. 20.8.2009 Kerlingarfjöll Gullfoss Geysir 99
12. 21.8.2009 Geysir Laugarvatn - Þingvellir Reykjavík 114
13. 22.8.2009 Reykjavík Maraþon (42,2 km)
14. 23.8.2009 Reykjavík Keflavík 47
Summe 993

Miri blickt auf Schwefeldämpfe und den Myvatn
Miri blickt auf Schwefeldämpfe und den Myvatn (Mückensee)


Anschluss Tour 61: New York - Detroit (1369 km) April/Mai 2012

Anschluss Tour 25: Brest - Mainz (4455 km) Aug./Sept. 2004


Nächste Tour: Berlin - Rostock (360 km) Okt. 2009

Vorherige Tour: Karakorum Highway (1010 km) Juni/Juli 2009


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