Der Beitrag über den Weser-Radweg
Hann.Münden ist die Wiege der Weser – die hat nämlich keine Quelle. Ein paar Meter hinter dem Weserstein münden Werra und Fulda ineinander und heißen plötzlich Weser. Hier starten die meisten – voller Optimismus. Komplette Schulklassen gehen an den Start. Individualisten und organisierte Radwander-Gruppen:
500 km Radweg und kein einziger Berg. Meistens rollt man locker auf Asphalt, aber weit weg von allen Autos, Bussen oder gar LKW. Den Fluss allerdings ahnt man meist mehr, als dass man ihn sieht.
Ein Highlight: Schloss Corvey bei Höxter, wo ein Radler windschnittig mit seinem Spezial-Lenker daherkommt: „Das ist so ein Triathlonlenker heißt der eigentlich. Das ist für die Leute, die dann irgendwann taube Ellenbogen kriegen. Die sützten sich dann hier ab und dann geht es ein bisschen bequemer. Und dann ist man auch ein bisschen windschlüpfriger.“
In Hameln rollt man auf den Spuren des Rattenfängers – die letzte Ratte haben sie hier inzwischen vergoldet. Dann kommen die Weser-Radler in die Heimat von Münchhausen: Bodenwerder. Dort präsentieren sie jene Pferdehälfte, die ein Falltor dem Lügenbaron noch gelassen hatte.
Das Bett & Bike Logo garantiert zur Übernachtung eine Fahrradgarage – egal ob im Sterne-Bereich oder in einer einfachen Pension wie bei Brigitte Hawranke in Fischbeck. Hier lerne ich beim Frühstück Carin kennen. Die Krankenschwester aus Freiburg ist nicht zum ersten Mal mit dem Radl unterwegs: „Also einmal im Jahr gönn ich mir das so allein im Urlaub, das muss sein, das brauch ich so zum Entspannen einfach.“
Wir fahren ein Stück Weser-Radweg gemeinsam. Carin hat einen heißen Tipp für jeden Gepäckträger: ihren Fahrradkorb: „Also, ich nehm den Korb mit, wenn ich das Zelt nicht dabei hab. Und da halt das ganze Zeug reinmachen will, was ich so tagsüber einfach mal schnell greife, wie Äpfel doer Brötchen oder Wasserflaschen oder so.“
Über Männer an ihrer Seite ist Carin allerdings nicht immer nur begeistert: „Es ist halt manchmal, dass dann Alleinreisende oder zu zweit reisende Herren sich an meine Versen heften, weil sie das total toll finden mit ’ner Jungfrau allein zu radeln. Das kann sich dann schon mal über Stunden hinziehen und ist dann schon lästig auf Dauer.
Carin fährt alleine weiter - neuen Verehrern entgegen. Während ich einen Zwischenstopp bei Klaus Ulbricht einlege. Der Tankwart hat auch einen Fahrradladen - direkt am Weser-Radweg. Wenn die Radler seinen Laden betreten, ist es meist ein Zwangs-Stopp: „Manchmal kann man schon durch den Reifen durchgucken. Da ist das Gummi komplett verschwunden drin. Und so kommen die hier an.“
Die Nordsee kommt näher und näher. Die Stimmung steigt noch einmal. Und dann hat es auch Richard Süßenbach fast geschafft. Der 76jährige aus Dresden nimmt sich Zeit für ein Fischbrötchen. Alles geklappt, keine Pannen? „Ja, eine Panne. Vorderrad. Aber normal nur kleiner Splitter drin. Geflickt und wieder weiter.“
Die Fähre bringt die Radler auf die andere Weser-Seite nach Bremerhaven. Sabine Grieb zieht schon mal Bilanz: „Ich hab ja zwei Taschen und einen Koffer mit. Alles das, was im Koffer ist, hätt ich eigentlich auch zu Haus lassen können. Man kommt also mit noch weniger aus, als man sich vorstellen kann.“
Glücklich ist sie mit ihrem Mann an diesem Tag nicht nur über die Radtour sondern auch die Silberhochzeit. Einer von vielen Anlässen für eine Radtour an der Weser. Ein wunderschönder Radweg. Ziemlich flach. Geeignet für fast jeden, eigentlich.
(Fast) alle
Bilder von Peter Ruppert
Fünf deutsche Fernradwege im Test
Weser, Limes, Ostsee, Main und Donau-Bodensee
|