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Tour 29: Athen - Adana (1521 km)


VG WORTFrühling bei Xanthos in Lykien

Frühling bei Xanthos in Lykien


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Athen - Rhodos - Antalya - Adana (22.2.-6.3.2006)
Früher Frühling am Mittelmeer

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Früher Frühling am Mittelmeer: Fortsetzung der Adventsankunft in Athen. Ein Sprung mit dem Flieger nach Rhodos. Inselrundfahrt. Mit der Fähre weiter nach Marmaris. Von dort an der türkischen Südküste entlang: Lykien, Pamphylien, Kilikien, um in Adana einen Link zur Budapest-Belen-Tour von 2000 herzustellen. Rhodos auf Rhodos
Foto Special: Rhodos

Streik und Sturm
Griechenland ohne Ende

Streik im Hafen von PiräusDer lange Weg zum Abflug
Mittwoch, 22. Februar 2006: Athen - Piräus - Athen-Flughafen (82 km)

Kurz nach Mitternacht scheint mein Fahrrad radlfertig. Irrtum. Noch auf dem Flughafengelände stockt das Hinterrad. Die Gangschaltung ist zwischen die Speichen geraten. Sie muss beim Transport aus der Fassung geschlagen worden sein. Ein Busfahrer nimmt mich trotz Radverbot mit zum Syntagma-Platz.
Der Fahrradhändler meint am Morgen, er brauche vier Stunden für die Reparatur. Als ich um 14 Uhr komme, ist zwar die Gangschaltung erneuert, funktioniert aber nicht. Er meint, das liege an der Kette. Also neue Kette. Auch dann braucht er noch 45 Minuten, bis es wieder läuft. Rolle ich runter zum Hafen nach Piräus, zu den Fähren nach Rhodos. Überall Polizei, Militär. An einem Schiff haben sich mehrere TV-Kameras auf Kranwagen positioniert. Demonstranten ziehen skandierend und Fahnen schwenkend heran. Streik. (Foto links) Keine Fähre soll heute fahren. Bis Freitag. Die Regierung erklärt den Streik für illegal, aber ob sie etwas unternimmt, ist unklar.
In einem Reisebüro bietet man mir ein günstiges Flugticket nach Rhodos, Abflug 5:30 h. Radle ich also an der Uferpromenade entlang, auf der sich die Olympia-Zentren für Beach-Volleyball, Segeln etc. aneinanderreihen. Kurz vor Mitternacht bin ich kurz vor dem Flughafen. Die letzten Meter sind ausschließlich Autobahn. Sofort gesellt sich ein Straßenservice-Wagen zu mir. Ich fahre bei der nächsten Ausfahrt raus, er weg und ich bald weiter. Immerhin hat der Flughafen einen Internet access point für die Nachtstunden bis zum Abflug.

Blick auf Kamiros, RhodosDer lange Tag von Rhodos
Donnerstag, 23. Februar 2006: Flughafen Rhodos - Inseltour (Paradissi - Kamiros - Kastellos Kristina - Monolithos - Apolakkia - Lindos) - Rhodos (164 km)

Der Flug über die Ägäis bringt mir immerhin eine Stunde Schlaf. Und einen sehr frühen Start am Flughafen in Paradissi, ein paar Kilometer südwestlich der Stadt Rhodos.
Ich bleibe zunächst an der Westküste, wo ich vom Ostwind durch das bis zu 1200 m hohe Gebirge weitgehend verschont werde. Schon nach ein paar Kilometern der erste Abstecher: ein paar Meter bergauf zu den antiken Ruinen von Kamiros. Im Frühling, der auch heute Temperaturen bis 20 Grad verbreitet, sind die hellenistischen Trümmer grün gerahmt (Foto rechts).
Der nächste Abstecher bringt mich ein paar Meter höher zu einer Kreuzfahrerburg: Kastello Kristina. Von innen ist zwar fast alles außer der Kirche zerstört, aber die Außenmauern stehen und vom Turm hat man einen guten Blick auf Land und Meer. Die Küstenstraße führt jetzt durch raue Landschaft auf bis zu 300 Metern, bei Monolithos hat man besten Blick auf die gleichnamige Johanniterburg, Abstieg zur Küste und Aufstieg zur Burg erspare ich mir allerdings.
Bei Apolakkia wende ich mich dem Ostwind entgegen, für die südlichste Spitze fehlt mir die Zeit. Dafür mache ich noch einen kleinen Abstecher zum "schönsten Dorf" (Reiseführer) auf Rhodos: Lindos, überragt von einer antiken Burg (Foto ganz unten). Ich zweifle lange, ob das der Ort ist, von dem der Reiseführer als Touristenattraktion schreibt. Es ist nichts los. Mit Mühe finde ich ein geöffnetes Lebensmittelgeschäft.
In der Dunkelheit erreiche Rhodos. Wie überall in Griechenland ist es nicht ganz einfach die Fährzeiten in Erfahrung zu bringen, schon gar nicht, wenn die Fähre einen türkischen Hafen anfährt. Schließlich erfahre ich: morgen um 14 Uhr gibt's eine Fähre nach Marmaris. Hätte ich mir auch mehr Zeit für die Inselrundfahrt lassen können. Auch in der Altstadt von Rhodos ist so gut wie nichts los, die allermeisten Geschäfte, Restaurants und Pensionen geschlossen.

Rhodos auf RhodosRuhetag auf Rhodos
Freitag, 24. Februar 2006: Rhodos

Windsturm. Keine Fähre. Kein Flug. Die ganze Insel ein großes Gefängnis. "Hic Rhodus, hic salta." Ruhetag in Rhodos auf Rhodos. Zeit für ein paar Fotos in der Altstadt, die mit Dubrovnik und Jerusalem in der Champions League der mittelalterlichen Altstädte spielt.

Kapelle Agios Nikolaos Fountoukli am Profitis Ilias, RhodosBergtour im Süden von Rhodos: reife Zitrusfrüchte
Samstag, 25. Februar 2006: Rhodos - Inseltour (Ferimos/Ialyssos - Archipoli - Embonas - Agios Isidoros) - Apolakkia (105 km)

Ich bin entschlossen mit der 10-Uhr-Fähre zur Insel Kos zu fahren. Selbst wenn sich dort zeigen sollte, dass ich vor Dienstag keine Fähre ins türkische Bodrum erreiche, habe ich genug Zeit nach Rhodos zurückzukehren, um am Montag die am Freitag wg. Sturms ausgefallene Fähre ins türkische Marmaris zu nehmen.
Als ich bei einer Agentur, die zu den zahlreichen von mir bereits zum Thema befragten Gesprächspartnern gehört, das Ticket kaufen will, erfahre ich dass die 10-Uhr-Fähre erst um 21 Uhr fährt, eidiweil die Fähre Piräus nicht habe verlassen können. Daraufhin entschließe ich mich zu einer Radl-Bergtour in den Süden von Rhodos.
Zum Warmwerden auf den 265 m hohen Ialyssos, dann wieder hinab und hinauf fast bis auf einen 800er Gipfel (den 798 m hohen Profitis Ilias, Foto rechts hinter der Kapelle Agios Nikolaos Fountoukli), wieder runter und rauf nach Embonas am Abhang des Attaviros (1215 m).
Die Sicht ist leider diesig, aber der fast nicht vorhandene Verkehr extremst angenehm. Allerdings sind fast alle Restaurants, Hotels, Kirchen geschlossen. Die vor dem Asphaltieren mit einer Teerschicht beschmierte Straße versaut meine Reifen und mehr. Dafür kommt danach nur noch ein unasphaltierter Holperweg, der in der Dunkelheit recht mühsam zu fahren ist. Mit Glück bekomme ich ein Zimmer in Apolakkia mit Blick auf reife Zitronen und Orangen.

MesanagrosFähren-Chaos und Fastnachts-Spektakel auf Rhodos
Sonntag, 26. Februar 2006: Apolakkia - Inseltour (Prasonis - Mesanagros - Lachania - Asklipio) - Rhodos (141 km)

Ich starte durch zur Südspitze der Insel. Wegen des Windes von Surfern geliebt. Sie hätten heute reichlich Wind. Aber auch hier ist alles geschlossen. Ein paar Bauarbeiter renovieren Zimmer des Hotels Lighthouse.
Der Südwind weht mich zurück nach Norden. Die Straße Richtung Mesanagros ist wieder nicht asphaltiert und steigt stärker an als erwartet. Dafür gibt's bei "Café O Mike" Omelette, Salat und einen Eintrag im Gästebuch. Dieses Bergdorf mit seinen 63 Einwohnern macht tatsächlich einen urigen Eindruck (Foto links).
Asklipio, das eher auf den Touristen-Routen liegt, dagegen weniger. Die letzten 50 km sind dann identisch mit der ersten Tour auf Rhodos. Das bleibt nicht aus, wenn man auf einer Insel, die 78 km lang und 35 km breit ist, 410 km zurücklegt.
Zurück in Rhodos legt grade eine Fähre nach Kos ab. Da sich aber partout nicht klären lässt, ob morgen früh die Fähre nach Bodrum startet, bleibe ich in Rhodos. Auch wenn niemand verbindlich sagen kann, ob hier die Freitags-Fähre nach Marmaris am Montag endlich fährt, oder die Reederei lieber noch bis Dienstag wartet, wenn sie sowieso wieder planmäßig fährt. In der Altstadt von Rhodos ist unerwartet Leben: ein Fastnachts-Spektakel mit verkleideten mittelalterlichen Figuren und Publikum.

Bucht von Marmarmis, TürkeiAnfahrt auf Maramaris: Helau!
Rosenmontag, 27. Februar 2006: Fähre Rhodos - Marmaris (=Grenze Griechenland/Türkei)

Tatsächlich: die Fähre fährt. Und bringt mich nach einem morgendlichen Wellness-Jogging durch das antike Stadion von Rhodos in zwei Stunden nach Marmaris (Foto rechts: Anfahrt auf die Bucht von Marmaris). Für alle die morgen die reguläre Fähre nutzen wollen, sei gesagt: die fällt nun aus, denn schließlich ist sie ja schon heute gefahren. Helau!

Endlich: Türkei
Prime Time des Nikolaus

Typisch türkisch
Fastnachtdienstag, 28. Februar 2006: Marmaris - Dalyan - Fethiye (160 km)

Der Himmel ist den ganzen Tag über bedeckt, trotzdem leichter Sonnenbrand am Abend. Gleich der erste Anstieg typisch türkisch: möglichst gerade ansteigend, vor allem auf der Spitze reichlich weggesprengt. Dafür kann man's runter rollen lassen: max. speed 67,7 km/h! Auch als ich auf die Haupt-Küsten-Straße komme, hält sich der Verkehr in Grenzen. Hier und da ein Pass in einer grandiosen Berglandschaft mit verschneiten Spitzen.
Dalyan bedeutet 18 km Umweg, dafür mindestens ein Pass weniger, der direkt an der Abzweigung beginnt und die Entscheidung erleichtert. Die monumentalen lykischen Felsgräber sind mehr als 2000 Jahre alt. Und da auch hier trotz Pensionen, Hotels, Swimming-Pools und Fähren keine Touris sind, genieße ich den Blick allein.
Auf der Abfahrt von einem 349-m-Pässchen, der demnächst per Tunnel unterquert werden kann, treffe ich Andy und Jon samt Rädern, die gerade ihr Nachtquartier aufschlagen wollen. Sie sind auf dem Heimweg nach England - von Peking aus. Die Erfahrungen gleichen sich: höfliche und gastfreundliche Iraner, respektlose unzivilisierte turkmenische Soldaten.
Der Zielort Fethiye hieß bis 1923 Telmessos, als Atatürk nach der Vertreibung der Griechen den Ort in "Sieg" (=Fethiye) umtaufte.


Fahrrad vor antiken Trümmern in Xanthos

Fahrrad in Xanthos


Blüten in Xanthos

Blüten in Xanthos


Am Aschermittwoch zum Nikolaus
Aschermittwoch, 1. März 2006: Fethiye - Xanthos - Demre/Kale/Myra (156 km)

Nach langem flachem Anstieg habe ich die Wahl: Die kurze heftige Strecke nach Antalya über zwei Pässe mit über 1200 m oder das Auf und Ab der Küstenstrecke. Ich entscheide mich für die kaum befahrene Küste, da an ihr auch die Highlights liegen.
Kulturelles Highlight heute: Xanthos - weil es näher an der Strecke liegt als alle andern Trümmer. So wie alles hier in der Gegend ist auch Xanthos vor allem lykisch. Inclusiv einer Grab-Stele mit lykischen Schriftzeichen um 400 v. Chr. samt griechischer Zusammenfassung. "Bislang versteht man nur, dass auf der Stele die Heldentaten des Sohnes eines gewissen Harpagos des Königs Xeriga geschildert werden, der mehrere Burgen erobert und Siege auf Wettkämpfen errungen hatte. Auf den Grabdenkmälern sind offenbar die Namen, die Genealogien und die Verfügungen für Nachbestattungen festgehalten." (Wikipedia)
Mittelmeer-Küste bei Kas, Türkei Noch schöner die Blütenpracht ringsum in rot, lila, weiß (Foto oben). Es ist Frühling. Als sich die Strecke nach Westen wendet erfasst mich der Südwestwind. Er bläst mich die kleinen Erhebungen der Küstenstraße (Foto rechts) hinauf. Ich strample nur noch symbolisch.
Damit ist es in Kas vorbei. Für die zehn Kilometer Steigung brauche ich mehr als eine Stunde. Oben angelangt geht es etwa im Zwei-Kilometer-Takt auf und ab. Wenige einsame Bergdörfer, hier und da scheppert der Ruf des Muezzin durch die Hochebene.
Belohnung am Ende: 15 km Abfahrt nach Kale. Und da mein Vorderlicht mal wieder mitmacht, kann ich das Rad in der Dunkelheit rollen lassen. Kale wiederum heißt heute auch Demre und hieß früher Myra, weltbekannt durch seinen Nikolaus, der hier Bischof war. Seine Knochen brachten die Kreuzfahrer vorsichtshalber nach Bari. Mal sehen, was morgen noch von ihm und seinen großzügigen Geschenken zu finden ist. Na ja, Fastenzeit ist natürlich nicht seine Prime Time. Das Internet-Café heißt immerhin verheißungsvoll "reborn net".

Lykische Felsgräber in Myra, TürkeiTempel des Massentourismus
Donnerstag, 2. März 2006: Demre/Kale/Myra - Antalya (153 km)

Kale alias Demre alias Myra hat dem Nikolaus mehrere Denkmäler gesetzt. Vor allem im Umfeld der Nikolaus-Kirche, die heute als Museum dient. Geschenkt bekommt man da nix, sondern zahlt genauso 5 Neue Türkische Lira (bis 2005: fünf Million Lira; Wert heute 3,33 €) wie bei den in der Nähe gelegenen lykischen Felsgräbern (Foto links) samt griechisch-römischem Theater. Ästhetisch sicher die sehenwürdigere Sehenswürdigkeit.
Als ich alles gewürdigt habe, beginnt die Etappe recht flach. Erst nach Kumluca geht es hinauf in die Berge. Auch lange, aber nicht so doll wie bei Kas. Nach der Abfahrt beginnen in Kemer die Tempel des Massentourismus. Die Geschäfte sind vielfach in Kyrillisch beschriftet für die neue russische Kundschaft aus Moskau und Petersburg. Im weiter explodierenden Antalya erwische ich gerade noch einen Nachtbus nach Adana, von wo aus ich den letzten Tour-Teil in umgekehrter Reihenfolge radln will - und muss so am Ende nicht noch Reservezeit für die Rückkehr nach Antalya, von wo aus ich zurückfliege, einrechnen.


Zitronen-Sortierung, Türkei

Zitronen-Sortierung am Straßenrand


Palme und Fahrrad, Türkische Mittelmeer-KüsteVom Paulus zu den Patiencen
Freitag, 3. März 2006: Adana - Tasucu (162 km)

Nach zwölf Stunden fliegen die Einzelteile meines Fahrrads und Gepäcks samt mir in Adana aus dem Bus. Die spärlichen Verkäufer sammeln sich rund ums Rad, unterstützen das Zusammensetzen.
Im Widerspruch zum Polyglott "Türkische Mittelmeerküste" (1996/97) erinnert in Tarsus doch viel an den Sohn der Stadt Saulus alias Paulus: ein paulinischer Brunnen für italienische Pilger, eine orthodoxe Paulus-Kirche, die als Museum zu besichtigen ist, eine ältere römische Kirche, die als Moschee dient. Und die neusten Ausgrabungen des Cardo Maximus, die mir der städtische Tourism Adviser Nadir Durgun erläutert.
Obwohl es nachmittags sonnig ist, bleibt das Taurus-Gebirge zur Rechten den ganzen Tag über im Dunst unsichtbar. Kilometerlang ziehen sich durch Kilikien die Hochhäuser des türkischen Inlands-Tourismus entlang manch schöner Promenade (Foto rechts). Am Abend erreiche ich Tasucu. Ein kleiner Ort, von dem aus der Fährverkehr zur international nicht anerkannten Republik Nordzypern aufrecht erhalten wird. Obwohl es zwei tägliche Verbindungen gibt, ist für meinen geplanten Zypern-Abstecher durch die Tage auf Rhodos keine Zeit mehr.
Merkwürdig begegnen mir die Menschen an dieser Verbindung zu der merkwürdigen Republik. Im Motel Lades ist Licht an der Rezeption. Als ich zum Hotel als meine erste Wahl zurückkomme, tritt der Hotelbesitzer oder -manager heraus, um mir zu sagen, dass sie noch renovieren. Er empfiehlt mir das letzte Hotel meiner Wahl. Versuche ich es erst bei einem Hotel gegenüber einem der Internet-Cafés. Passend zum "reborn net" heißt eins hier "new age".
Der Junge an der Hotel-Rezeption kann sich nur mühsam von seinen Patiencen am Computer lösen. Leicht widerwillig zeigt er mir ein Zimmer. Als wir wieder an der Rezeption sind erwähnt er, dass es auch Zimmer mit Air Condition, sprich Heizung, gebe. Lasse ich mir auch das noch zeigen, nachdem ich mich wieder einige Patiencen gedulden muss.
Im Zimmer entdecke ich unter der Decke im Schrank merkwürdige Wattebäuschchen. Als ich die in den Abfalleimer stecken will, ist das kaum möglich, weil der zu voll ist. Der Junge will wieder zu seinen Patiencen. Ich begleite ihn und verabschiede mich zum Nachbar-Hotel. Auch hier keine große Begeisterung. Immerhin das Zimmer ist ok. Ich bleibe. Um später in einem halbwegs großen Lebensmittelgeschäft von einem andern Jungen hautnah beschattet zu werden bei jeder Bewegung. Strange places, strange people.

Straße im Taurus-Gebirge bei Tasucu, TürkeiAus dem Sattel sieht es mal wieder ganz anders aus
Samstag, 4. März 2006: Tasucu - Anamur (130 km)

Heute ist das Taurus-Gebirge nicht mehr zu übersehen. Weil kein Wölkchen mehr am Himmel ist und weil sich das Gebirge quer zur Küste schiebt und mein Rad und ich mittendrüberhinweg müssen.
Ein Lebensmittelverkäufer meinte gestern noch, ja, einmal im Leben sei er da auch schon hergefahren, mit einem Bus und die Kurverei sei so fürchterlich gewesen: nie wieder. Ähnlich die Warnungen im Polyschrott und von manchem Gesprächspartner. Schlimm auch gestern/vorgestern die Nachtfahrt mit dem Bus, in dem mich die Serpentinen immer aus dem Schlaf schreckten und ich auf eine schmale Straße blickte, auf der jeder Gegenverkehr ausgeschlossen scheint.
Aus dem Sattel sieht das Ganze wieder mal ganz anders aus: eine herrliche kaum befahrene Straße an einem sonnigen Samstag. Gemächlich erklimme ich die Höhen mit brillantem Blick auf Meer und Berge. Hin und wieder ein Örtchen für eine Pause. Irgendwann dann wieder eine flotte Abfahrt durch die Pinienwälder. Keine einzige gefährliche Begegnung. Auto-, Bus- und LKW-Fahrer fahren extremst rücksichtsvoll.
Mit dem letzten Licht Blick auf die riesige Burg am Meer Marmure Kalesi - römisch, byzantinisch, seldschukisch. Und zu guter Letzt das nette Hotel Simsek am Strand von Anamur. So soll's morgen weitergehn.


Burg Marmure Kalesi bei Anamur

Burg Marmure Kalesi bei Anamur


Antike Impressionen mit Fahrrad in Side bei NachtAll inclusive in Side
Sonntag, 5. März 2006: Anamur - Side (202 km)

Es geht wieder munter hinauf auf die bewaldeten Küstenhöhen. Und irgendwann wieder in eine Bucht auf Meereshöhe hinab. Wieder Anstieg. Doch dann folgt nicht noch ein Gipfel sondern eine 15, 20 km lange Abfahrt nach Gazipasa, von Kilikien in die weite Ebene bis Antalya: Pamphylien. Leider unterbrochen von Regen. Dem ersten (und einzigen) Regen in 13 Tagen. Knapp 90 Minuten stelle ich mich bei einem Bananenbauern unter, dehne, putze das Fahrrad.
So erreiche ich erst bei Sonnenuntergang Anamur, das östlichste Touri-Zentrum im Bannkreis des Flughafens von Antalya. Hinter der Stadt fahre ich im Schein meiner Taschenlampe durch zwei noch nicht freigegebene Tunnel. Sie bilden künftig die zweispurige Ost-West-Fahrbahn, die auch ein paar Höhenmeter erspart. Dann ist die neue Schnellstraße schon freigegeben. Sechsspurig. Ohne Standstreifen. Der Verkehr rollt gemächlich. Mit mehr oder weniger Rückenwind fahre ich noch die ein oder andere Stunde um morgen einen kürzeren Weg zum Flughafen zu haben.
Erreiche schließlich Side. Rund um das antike Theater ist in den vergangenen acht Jahren einiges ausgegraben worden. Überall stehen Kolonnaden. Alles ist grandios beleuchtet (Foto rechts). In der Altstadt ist allerdings gar nix los. Und im Hotelstreifen haben fast alle Herbergen geschlossen.
Das Vier-Sterne-Etablissement Nerton ist geöffnet. Mangels Alternative checke ich hier für 40 Euro ein - all inclusive! Leider ist es nach 202 km auf dem Rad schon kurz vor Mitternacht. Frisch geduscht schaffe ich es noch um fünf vor zwölf an die all-inclusive-Bar, ansonsten bekomme ich sowieso nur das Frühstück mit. Der erbetene "Orangensaft" erweist sich als Limo mit maximal einem Prozent Fruchtanteil. Immerhin erlebe ich so, wie eine deutsche Touristin sich alk-mäßig all inclusive übernommen hat und torkelnd von zwei Türken gestützt in ihr Hotelzimmer manövriert werden muss. Auch die anderen Gäste können sich kaum noch auf den Barhockern halten. Die deutschen Landsleute wirken reichlich peinlich. Und sie können sich ihr Verhalten nur leisten dank des Zufalls ihre Geburt am richtigen Ort zur richtigen Zeit.
Ziehe ich mich zurück aufs Vier-Sterne-Zimmer. Mit meinem Fahrrad-Werkzeug gelingt es mir trotz einiger sprühender Funken die beiden Stromkabel des Fernsehers mit einer herumhängenden Lüsterklemme zu verbinden. Habe so zum ersten Mal in zwei Wochen deutsches Fernsehn. Zumindest zwei, drei Programme. Es reicht, um einen Eindruck vom heimischen Winterwetter zu bekommen. Trotzdem: heute geht's zurück.

Felsküste von Antalya aus der Luft, TürkeiDer letzte Passagier von sunexpress
Montag, 6. März 2006: Side - Antalya Flughafen (66 km)

Beim Frühstück gibt es "Orangensaft". Aber all inclusive zum Aufpreis von einem Euro. Rund um Antalya ist bereits Euro-Zone. Die "Sugarworld" hat ihre völlig überteuerten Souvenirs gar in Dollar ausgezeichnet.
Spannend wird es am Flughafen. Mein 60-Euro-Ticket der jungen Türkei-spezialisierten Charterfirma sunexpress beinhaltet keinerlei Garantie, dass mein Fahrrad auch mitgenommen wird. Aufpreis von 30 Euro sowieso. Aber: Ich müsse es kleinmachen und einpacken.
Die Plastikfolien-Koffer-Eindreher jedoch sind nicht an ihrem Arbeitsplatz, lassen sich auch nicht dorthin bewegen. Außerdem passe mein Radl sowieso nicht auf die drehende Scheibe. Nach weiteren Diskussionen und zusehends verrinnender Zeit erscheint doch noch jemand, mit dem ich mühsam die Küchenfolie um das Radl wickl, an dem ich noch kurzerhand Triathlon-Lenker und Lenker abmontiert habe. Die Pedalen, die laut sunexpress die Koffer bedrohen, lassen sich partout nicht nach innen schrauben. Und irgendwie ist es dann höchste Zeit, dass ich als letzter Passagier durch die Abfertigung gehe. Wieder mal hat letztlich alles irgendwie geklappt.
Über tausend Kilometer habe ich auf der türkischen Küstenstraße, der D 400, zurückgelegt. Nirgendwo bin ich inzwischen so viel geradelt wie in der Türkei - mal abgesehen von Deutschland. So sehr ich auf den ersten Kilometern damals zwischen Edirne und Istanbul die türkischen Bus- und LKW-Fahrer verdammt habe, so angenehm war es diesmal, sechs Jahre später an der Südküste.
Der Flieger hebt sich über die Steilküste von Antalya (Foto links). Bald darauf taucht der See von Nicäa und das Marmarameer auf, bevor das Häusermeer von Istanbul in den weißen Wolken verschwimmt.


Route Athen - Adana



Blaue Linie = Touren-Route; Buchstaben = Start und Ziel der Etappen

Etappen Athen - Rhodos - Antalya - Adana (22.2.-6.3.2006)

Details mit Geschwindigkeiten etc. als Excel-Tabelle

Tag Datum Start Zwischenstationen Ziel km
1. 22.2.2006 Athen Piräus Athen-Flughafen 82
2. 23.2.2006 Flughafen Rhodos Inseltour (Paradissi - Kamiros - Kastellos Kristina - Monolithos - Apolakkia - Lindos) Rhodos 164
3. 24.2.2006 Rhodos
4. 25.2.2006 Rhodos Inseltour (Ferimos/Ialyssos - Archipoli - Embonas - Agios Isidoros) Apolakkia 105
5. 26.2.2006 Apolakkia Inseltour (Prasonis - Mesanagros - Lachania - Asklipio) Rhodos 141
6. 27.2.2006 Fähre Rhodos - Marmaris (=Grenze Griechenland/Türkei)
7. 28.2.2006 Marmaris Dalyan Fethiye 160
8. 1.3.2006 Fethiye Xanthos Demre/Kale/Myra 156
9. 2.3.2006 Demre/Kale/Myra Antalya 153
10. 3.3.2006 Adana Tasucu 162
11. 4.3.2006 Tasucu Anamur 130
12. 5.3.2006 Anamur Side 202
13. 6.3.2006 Side Antalya Flughafen 66
Summe 1521

Lindos, Rhodos

Das "schönste Dorf" von Rhodos: Lindos


Mittelmeer-Umrundung
Die mediterrane Mega-Tour


Anschluss Tour 45: Libanon & Zypern (765 km) Feb. 2009

Anschluss Tour 28: Zagreb - Athen (1829 km) Nov./Dez. 2005

Anschluss Tour 11: Budapest - Belen (2584 km) Okt./Nov. 2000


Nächste Tour: Elbe: Hamburg - Dresden (604 km) Juli 2006

Vorherige Tour: Zagreb - Athen (1829 km) Nov./Dez. 2005


Fahrrad von hinten in Side

Fahrrad von hinten in Side


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Tour 82: Karibik: Barbados - Haiti (902 km) 2016
Karibik 2016
Chris Tour 91: Jerusalem - Dan - Eilat (1165 km) 2017
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on the Tour 96: Karibik II: Havanna - Miami (1560 km) 2018
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Bike Tour 97: Kigali - Kampala - Nairobi (1136 km) 2019
Uganda 2019
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